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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Rosenberg, Adolf: François Rude: geb. am 4. Januar 1784 in Dijon, gest. am 3. November 1855 in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0247
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LEHRJAHRE.

Es fcheint, dafs Devosge frühzeitig das in Rüde fchlummcmdc Talent erkannte
und dafs er hch entfchlofs, dasfelbe mit allen Kräften und Mitteln zur Entwick-
lung zu bringen. Er gab ihm nicht nur das nöthige Zcichenmaterial, fondern er
foll ihn auch mit Geld unterftützt haben, damit er hch das Eicht, welches ihm
fein Vater entzog, für feine nächtlichen Studien kaufen konnte. Einmal fragte
ihn der Aufwärter der Kunflfchule: »Rüde! Was machfl Du denn Grofses, dafs
unfer Herr immer von Dir fpricht?« Devosge mufste alfo grofse Hoffnungen auf
das Talent des jungen Mannes fetzen, welcher auf feine Schule, aus der bereits
Pierre Prud'hon hervorgegangen war, einen neuen Strahl des Ruhmes werfen
follte. Der grofsmüthige Gönner täufchte hch darin nicht. Denn Rüde er-
hielt bald den erflen Preis, eine goldene Medaille, für ornamentale Zeichnungen
und den zweiten, eine hlberne Medaille, für ein Studium nach der Natur. Jetzt
glaubte Devosge den Zeitpunkt gekommen, um die Einwilligung des alten Rüde
zu einer Berufsänderung feines Sohnes zu erlangen. Kaum hatte er he aber
erreicht, als der Alte vom Schlage getroffen wurde und dem Kunhjtinger keine
Unterhäitzung mehr geben konnte. Diefer war nunmehr genöthigt, fein Brod
bei einem Anttreicher zu verdienen und fein Talent zunächtt in der Bemalung
von Häuferfaffaden zu erproben. Auch aus diefer Situation fuchte ihn der un-
ermüdliche Devosge zu befreien, indem er ihm zunächtt einen Auftrag verfchaffte.
Der Kupferttecher Monnier war im Jahre 1804 gettorben, und fein Schwiegerfohn,
der kunftliebende Steuerdirektor Fremiet, bettellte auf Devosge's Veranlaffung
bei Rüde eine Bütte des Verdorbenen. Unter dem Vorwände, ihm die Arbeit zu
erleichtern, bot er dem jungen Künttler ein Zimmer in feinem Haufe an, und fo
bildete hch allmählich zwifchen Rüde und der Familie Fremiet ein inniges Freund-
fchaftsverhältnifs, welches nachmals die Feuerprobe bettehen follte, wo Rüde
mit vollen Händen den Zoll der Dankbarkeit abtrug. Madame Fremiet behan-
delte Rüde wie ihren eigenen Sohn, und als derfelbe Soldat werden follte, opferte
Fremiet einen Theil feines kleinen Vermögens, um einen Stellvertreter zu be-
fchaffen. Länger wollte Rüde feinen Wohlthätern aber nicht zur Latt fallen,
und im Jahre 180/ machte er hch, mit einer Baarfchaft von dreihundert Francs
und einem Empfehlungsbriefe von Devosge an Denon verfehen, auf den Weg
nach Paris.
Denon nahm den jungen Landsmann freundlich auf. Als Probe feines Talents
hatte diefer die Statuette eines den Discus aufhebenden Thefeus mitgebracht,
welche der Generalintendant der fchönen Künfte für eine Kopie nach der Antike
gehalten hatte. Auf deffen Empfehlung fand Rüde Aufnahme im Atelier von
Cartcllier und zugleich Befchäftigung an einigen Reliefs für das Piedeltal der
Vcndomefäule, deren Inhalt aus Trophäen von Waffen und Uniformftücken be-
geht. Nach fechs Monaten emhger Thätigkeit wurde er auch zur Ecole des
beaux arts zugeiaffen, und nachdem erzuerflden zweiten Preis errungen, gelang
es ihm im Jahre 1812 auch den erflen zu gewinnen, welcher ihn zu dem er-
fehnten Aufenthalte in Rom berechtigte. Denon rieth ihm jedoch, zunächft
in Paris noch eine Summe Geldes zu verdienen, damit er deflo unabhängiger
feinen Studien in Italien leben könnte, und liefs es auch nicht an Aufträgen
fehlen. Auf dem Pont Neuf follte da, wo jetzt die Reiterftatue Heinrichs IV.
 
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