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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Rosenberg, Adolf: François Rude: geb. am 4. Januar 1784 in Dijon, gest. am 3. November 1855 in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0255
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DER AUSMARSCH AM TRIUMPHBOGEN.

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"Abmarfch der Freiwilligen im Jahre 1792« darhellt, und dem fchon erwähnten
Theil des Friefes begnügen mühen. Wenn wir dem Berichte von Guhav Planche
trauen dürfen, hat Thiers bei diefer Angelegenheit eine fehr zweideutige Rolle
gefpielt, welche mit feinem Charakter übrigens nicht im Widerfpruch fleht. Der
Triumphbogen und fein reicher plahifcher Schmuck war für ihn ein willkom-
mener Anlafs, um hch für die Erreichung feiner politifchen Zwecke und zur
Sicherung feiner Stellung populär zu machen. aSehr oft haben wir fchon«, fo
fchrieb Planche 1836 nach der Vollendung des Bogens, udas Publikum von den
unbefchreiblichen Verfprechungen unterhalten, welche Herr Thiers nach rechts
und nach links bei jeder Gelegenheit und dem erflen beflen gegeben hat . . .
Herr Thiers hat mit feinen Verfprechungen gegen Barye und Antoine Moine
nicht gegeizt; als es lieh aber darum gehandelt hatte, diefe mit einer fo wenig
ausgiebigen Grofsmuth verfchwendeten Verfprechungen einzulöfen, hat der neue
Perikies taufend Ausflüchte gefunden, um fein Wort nicht halten zu müffen; er hat
dasfelbe Relief, diefelbe Trophäe (fo nannte er die vier grofsen Reliefs), diefelbe
Bekrönung einem Dutzend von Bildhauern verfprochen, die ihn alle für aufrichtig
halten mufsten.« Es fcheint, dafs auch Rüde unter diefen Intriguen, die er nicht
einmal durchfchauen konnte, da er he für von anderen gegen hch gerichtet hielt,
leiden mufste. Jedenfalls hat er dem Monument eine grofse Arbeitskraft ge-
widmet, da er mehr als fechzig Zeichnungen und Skizzen für dasfelbe anfertigte
und namentlich in Projekten für die Bekrönung einen grofsen Eifer entfaltete.
Sein erher Vorfchlag war, oben eine Apotheofe Napoleons aufzuflellen: den
Kaifer zu Pferde, welches die Hälfte der Weltkugel niedertritt, und hinter ihm
eine emporfchwebende Siegesgöttin. Dem Julikönigthum war diefe Reminiscenz
an den ruhmvollen Sieger natürlich fehr unbequem, und es fand daher jenes
Projekt ebenfowenig die Billigung der Regierung wie das andere eines römifchen
Triumphators auf einer Quadriga. Rüde entwarf eine neue Zeichnung, welche
die Perfonihkation von Frankreich in koloffaler Figur auf einer vergoldeten Erd-
kugel htzend darhellte. Ihre Füfse ruhten auf einem Adler, welcher in feinen
Fängen zerbrochene Szepter und Kronen hielt. An den vier Ecken der Platt-
form füllten die Symbole der für immer behegten ^Mächte« angebracht werden.
Um dies Projekt mit richtiger Berechnung der perfpektivifchen Wirkung aus-
führen zu können, Hellte er den Antrag, dafs ihm auf der Plattform des Triumph-
bogens ein Atelier erbaut werden follte. Am Ende verlangte Louis Philipp, dafs
ein koloffaler vergoldeter Hahn, das Wappenthier Galliens, auf den Bogen ge-
fetzt werden follte. Dem gegenüber behänd Rüde auf einem koloffalen Adler,
und er foll es wenighens durchgefetzt haben, dafs die gefchmacklofe Idee
Ludwig Philipps nicht zur Ausführung kam.
Alle diefe und andere Entwürfe waren vergeblich. Aufser jenem Theile
des Friefes führte er nur die Gruppe des ^Ausmarfches« aus, welche 1836 ent-
hüllt wurde (S. die Abbildung S. 9). Er hatte aber die Genugthuung, dafs feine
Arbeit bei der Vollendung des Bogens, welcher im Ganzen wie im Einzelnen
eine fcharfe Kritik erlitt, am wenigften hart mitgenommen wurde, und im
Laufe der Zeit hat hch das Urtheil fogar wefentlich zu Gunflen der von
ihm gefchaffenen Gruppe umgehaltet, welche die übrigen drei nicht nur bei
 
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