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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Luecke, Hermann: Asmus Jakob Carstens: geb. bei Schleswig den 10. Mai 1754, gest. in Rom den 25. Mai 1798
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0290
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ASMUS JAKOB CARSTENS.

Summe, die er während feines dreijährigen Aufenthaltes in Rom erhalten habe,
da he ihm nur unter der Vorausfetzung bewilligt worden, dafs er im Dienft der
Akademie verbleibe; er als Verwalter der ihm zum Wohle des Staates anvertrauten
Gelder könne es nicht verantworten, Summen ganz umfonfl und noch dazu an
einen Ausländer wegzufchenken. Schliefslich kam doch noch ein gütlicher Ver-
gleich zu Stande. Der Minifier, der Carftens anfangs entfchieden wohlwollend
entgegenkam, hatte auch zuletzt nur gethan, was feines Amtes war; er hatte in
diefem Konflikt wohl öfters einen ziemlich bureaukratifchen Ton angefchlagen,
der den reizbaren, mit den Formen des Weltlebens fo wenig vertrauten Künfller
beleidigen mufste, doch darf man ihn, wie zuweilen gefchehen ift, der Härte oder
Ungerechtigkeit nicht anklagen, um fo weniger, als ihm unmöglich war, Carhens'
künftlerifches Verdienft fchon damals richtig zu würdigen. Andrerfeits entbehrte
das Verhalten desKünhlers nicht einer höheren, ideellen Berechtigung; den Pflichten,
die er als Diener des Staates hatte, Randen die Pflichten entgegen, die der
Genius in feinem Innern ihm auferlegte, und er war entfchloffen, diefe höher zu
achten denn jene. Seinen letzten Brief an Heinitz fchlofs er mit den Rolzen
Worten: «Uebrigens mufs ich Ew. Excellenz fagen, dafs ich nicht der Berliner
Akademie, fondern der Menfchheit angehöre, und nie ift es mir in den Sinn
gekommen, auch habe ich nie verfprochen, mich für eine Penfion, die man
mir für einige Jahre zur Ausbildung meines Talents fchenkte, auf zeitlebens zum
Leibeigenen einer Akademie zu verdingen. Ich kann mich nur hier, unter den
bellen Kunflwerken, die in der Welt find, ausbilden und werde nach meinen
Kräften fortfahren, mich mit meinen Arbeiten vor der Welt zu rechtfertigen.
Laffe ich doch alle dortigen Vortheile fahren und ziehe ihnen die Armuth, eine
ungewiffe Zukunft und vielleicht ein kränkliches, hilflofes Alter, bei meinem fchon
jetzt fchwächlichen Körper vor, um meine Pflicht und meinen Beruf zur Kunft
zu erfüllen. Mir find meine Fähigkeiten von Gott anvertraut; ich mufs darüber
ein gewiffenhafter Haushalter fein, damit, wenn es heilst: Thue Rechnung von
deinem Haushalten! ich nicht fagen darf: Herr, ich habe das Pfund, fo du mir
anvertraut, in Berlin vergraben."
Das war nicht die Sprache prahlerifcher Selbflüberhebung, denn er hat das
Wort mit Thaten befiegelt und die Echtheit feines Stolzes bewährt, indem er dem
Ideal, an das er glaubte, dem künftlerifchen Beruf, der ihn begeiflerte, alle äufseren
Güter des Lebens und endlich das Leben felbft zum Opfer brachte.
Das Bruflleiden, das fortdauernd an feinem Leben nagte, verfchlimmerte fleh
bei feiner unausgefetzten, unermüdlichen Arbeit in den folgenden Jahren und warf
ihn 1797 auf das Krankenlager, das er fortan nur noch zeitweife verlaffen konnte.
Seine Geifleskraft blieb ungebrochen bis zum letzten Augenblick; als der Schatten
des Todes fchon über ihm lag, fchuf er die anmuthige Compofition: «Das goldene
Zeitalter", nach der Schilderung Hefiods. Vom Frühling des folgenden Jahres hoffte
er Befferung, aber diefer Frühling brachte ihm das Ende. Er ftarb am 2$. Mai
1798; auf dem proteflantifchen Kirchhofe zu Rom, neben der Pyramide des
Ceftius, ward er beflattet.
 
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