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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 1, Jugendzeit in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0319
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DER FAUSTCYKLUS. CHARAKTER DER UMDICHTUNG ETC.

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keiner Umwandlung. Er hat ihn von vornherein nicht anders gedacht, und
wenn er ihn doch als Magifier fchildert, fo ifl dies eine Nachgiebigkeit dem
Publikum gegenüber, das ohne diefen UmAand nicht den Fauft zu fehen geglaubt
hätte. So befremdet es auch nicht weiter, dafs wir uns fonA von FauA eine
ganz andere VorAellung machen, als he uns hier zugemuthet wird. Rechnen
wir dazu, dafs Cornelius, welcher mit vollem Bewufstfein, »in einer Zeit wo man
fo gern alle Höhen und Tiefen ausgleichen möchte, nicht im mindeAen mit
diefer fchlechten Sitte des ZeitgeiAes zu kapituliren« geneigt iA, auch in feinen
Charakteren keine ZwifchenAufen, fondern nur Erhabenheit und Karrikatur kennt,
fo werden wir uns nicht wundern dürfen, dafs in diefem ErAlingswerke feiner
SelbAändigkeit, in welchem der Gä-hrungsprozefs hch vor unferen Augen voll-
zieht, nur diefe beiden Seiten, und zwar die letztere in Aarkem Uebergewicht
hch zeigen. Nicht zum wenigAen trägt dazu auch die künAlerifche Schwäche bei,
dals es bis jetzt dem MeiAer nur gelingt, den Charakter im Prohl zu treAen, während
Vorderanhchten und Dreiviertelprohl mehr oder minder ausdruckslos find. Die
Profile drängen hch daher fehr vor, oft in unangenehmer Weife, befonders wenn
he auf dem Areng in der Vorderanhcht gehaltenen Körper Aehen, wie bei Me-
phiAopheles und Marthe in der nGartenfcene«, von welchen der erAere durchweg
als Schalk erfcheint, während das Dämonifche feiner Natur bis zu dem Grade
zurücktritt, dafs da wo man erwarten follte, der Teufel befände hch am wohlAen,
auf dem Blocksberg und am Hochgericht, er hch grade am ungemüthlichAen fühlt
und mehr Furcht und Entfetzen zeigt als fein menfchlicher Begleiter.
Aber auch im Einzelnen zeigt hch die SelbAändigkeit des dichtenden Malers,
welche bis zu einer fouveränen Verachtung aller Wahrfcheinlichkeit geht. Es
iA dies ein durch die ganze Wirkfamkeit unfers MeiAers gehender Charakterzug.
Es kommt ihm Aets nur darauf an feine Empfindungen klar zu machen; der
GegenAand der DarAellung iA durchaus nur Mittel zu diefem Zweck, hat aber
keinerlei Anfpruch auf realiAifche Wahrheit. Er mufs hch vielmehr, wie die
Steine auf dem Schachbrette, ein willkürliches Hin- und Herfchieben, Zufam-
mcnAellen und Auseinanderrücken gefallen laffen — eine Eigenthümlichkeit, die
hch bei keinem andern MeiAer diefer Richtung in gleicher Weife wiederholt und
die hch auch nur bei einem KünAler ertragen läfst, dcAen Gedankenreichthum
ein fo überwältigender iA, dafs man immer in erAer Einie auf diefen hingelenkt,
zu ihm immer zurückgerufen wird. Mit diefer Gröfse hängt aber aufs engAe die
Schwäche zufammen, die uns in Verzeichnungen, unmöglichen Formen und ab-
Aofsenden Einzelheiten entgegentritt. Als fehr bezeichnend wollen wir nur eine
an und für hch wenig bedeutende Einzelheit auf dem Bilde von Valentins Tod
hervorheben. An der Kirche hinten rechts hängen die Feuergeräthfchaften, und
auf dem unteren Holm der wagrecht hängenden Leiter fpaziert ein Kätzchen
mit hoch erhobenem Schwänze — eine fachliche Unmöglichkeit, die fofort in
die Augen fpririgt. Dem KünAler kam es aber darauf an, des MephiAopheles
Stimmung nUnd mir iAs wie dem Kätzlein fchmächtig, das an den Feuerleitern
fchleicht« trotz des hier gewählten fpäteren Momentes doch auch auszudrücken.
Das gefchieht mit einem kleinen Zuge, dem aber deshalb realiAifche Wahrfchein-
lichkeit zu verleihen der KünAler nicht für nöthig hält — genug, dafs der Ge-
 
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