DER FAUSTCYKLUS. WIDMUNG. TITELBLATT.
19
Arbeiten möglichlt eigenhändig ausführte, läfst einen bedeutungsvollen Blick in
fein Wefen thun und zeigt, wo die Schwerkraft feiner künfllerifchen Begabung
lag. Diefer freifchaffenden Thätigkeit entfpringt denn auch ein fehr wefentlicher
Zug diefer Kompofitionen: die durchgängige Vermifchung der realen und der
lymbolifchen Auffaffung, die hier fo vertraulich Hand in Hand gehen, als ob he
ganz felbflverftändlich wären. Es ilt fchon auf den die Höllengeifter loslaffen-
den Engel hingewiefen. Eben dahin gehört der phantaflifche Aufbau der Bühne,
der Uebergang des naturaliflifchen Pflanzenwerks in ftilihrtes und fchliefslich in
Schreibfchnörkel, neben dem ttudirenden Souffleur und den leibhaftigen Zu-
fchauern einerfeits, dem fchaffenden Dichter andrerfeits, wo zu dem Direktor
noch der bedenkliche Kaffierer und — fehr charakterihifch — der Maler hinzu-
kommt, der aus dem Werke des Dichters fchöpfen will. So fetzt lieh der bil-
dende Künfller auch hier über eine fklavifche Befchränkung auf die in der Dich-
tung vorhandenen Perfonen hinaus.
Noch eigenartiger in der Kompohtion iE das Titelblatt. Eine Reihe von
Motiven aus dem Gedichte wird mit felbfterfundenen zu einem neuen Ganzen
verbunden, das einen durchaus felbftändigen Gedankeninhalt offenbart. Oben
die Aufwartung, welche Mephiltopheles dem Herrn macht, unten die Haupt-
perfonen des CorneliusTchen Gedichtes: Fauft und Gretchen. Der Mann wird
zum Böfen durch fein Grübeln verleitet, durch feinen Drang nach Erkenntnifs,
während der böfe Geht auf den richtigen Augenblick ihn zu fangen lauert, in-
zwifchen fich aber in Hundegeltalt jämmerlich unter der Wucht der heiligen
Worte krümmt, die Fault eben niederfchreibt: Hm Anfang war die That«. Das
Weib aber wird zum Falle durch die Eitelkeit gebracht, die von der Kupplerin
genährt wird, der aber felblt erft ein höllifcher Geht den böfen Rath eingeblafen.
Der Mann möchte erforfchen, was die Welt im Inneriten zufammenhält: fo Iteht
denn neben ihm der Erdgeilt, einem Adam und einem Atlas gleich. Er zeigt
das allmähliche Wachfen und Werden der Erde: aus dem Boden fprofst die
Pflanzenwelt, die Delphine als Vertreter des Meeres und die von den Eandthieren
gleichfam noch am meilten an der Erde haftenden, auf ihr kriechenden Schlangen
winden lieh um feine Ftifse; auf feinen Händen aber Rehen die höheren Thiere,
durch Hirfch und Einhorn repräfentirt, die hch frei und leicht bewegen und
fchon den Trieb hch aufzurichten haben; aber erlt der Vogel über dem Haupte
des Erdgeiltes fchwingt hch gleich dem Gedanken frei von irdifchen Banden auf-
wärts. Jetzt kann das geiltige Leben beginnen, das von dem an den Thatfachen
hangenden und he regelnden Jus hch erhebt zu der die körperliche Heilung er-
ltrebenden Medicina und der für den Geilt heilkräftigen Philofophia, und endlich
feine höchlte Entwicklung gewinnt in der die Erlöfung lehrenden Theologia,
durch die er reif wird, wenn die Seele hch von dem Körper befreit, um hch gleich
dem Phönix zu neuem Leben aufzufchwingen. Das Weib aber, welches durch
die Eitelkeit verführt wird, Iteht darum dem Reich des Satans nahe, das gierig
nach der leichten Beute hafcht. So öffnet hch rechts der Höllenrachen; auf
dem Haupte aber liegen ohne weitere Vermittlung die Holzfcheite, mit welchen
die Hexe das Gebräu ihres Keffels kocht. Aus dem Qualm entwickeln hch höl-
lifche Gehalten, welche dienhbereit dem dem Herrn aulwartenden Mephilto-
3*
19
Arbeiten möglichlt eigenhändig ausführte, läfst einen bedeutungsvollen Blick in
fein Wefen thun und zeigt, wo die Schwerkraft feiner künfllerifchen Begabung
lag. Diefer freifchaffenden Thätigkeit entfpringt denn auch ein fehr wefentlicher
Zug diefer Kompofitionen: die durchgängige Vermifchung der realen und der
lymbolifchen Auffaffung, die hier fo vertraulich Hand in Hand gehen, als ob he
ganz felbflverftändlich wären. Es ilt fchon auf den die Höllengeifter loslaffen-
den Engel hingewiefen. Eben dahin gehört der phantaflifche Aufbau der Bühne,
der Uebergang des naturaliflifchen Pflanzenwerks in ftilihrtes und fchliefslich in
Schreibfchnörkel, neben dem ttudirenden Souffleur und den leibhaftigen Zu-
fchauern einerfeits, dem fchaffenden Dichter andrerfeits, wo zu dem Direktor
noch der bedenkliche Kaffierer und — fehr charakterihifch — der Maler hinzu-
kommt, der aus dem Werke des Dichters fchöpfen will. So fetzt lieh der bil-
dende Künfller auch hier über eine fklavifche Befchränkung auf die in der Dich-
tung vorhandenen Perfonen hinaus.
Noch eigenartiger in der Kompohtion iE das Titelblatt. Eine Reihe von
Motiven aus dem Gedichte wird mit felbfterfundenen zu einem neuen Ganzen
verbunden, das einen durchaus felbftändigen Gedankeninhalt offenbart. Oben
die Aufwartung, welche Mephiltopheles dem Herrn macht, unten die Haupt-
perfonen des CorneliusTchen Gedichtes: Fauft und Gretchen. Der Mann wird
zum Böfen durch fein Grübeln verleitet, durch feinen Drang nach Erkenntnifs,
während der böfe Geht auf den richtigen Augenblick ihn zu fangen lauert, in-
zwifchen fich aber in Hundegeltalt jämmerlich unter der Wucht der heiligen
Worte krümmt, die Fault eben niederfchreibt: Hm Anfang war die That«. Das
Weib aber wird zum Falle durch die Eitelkeit gebracht, die von der Kupplerin
genährt wird, der aber felblt erft ein höllifcher Geht den böfen Rath eingeblafen.
Der Mann möchte erforfchen, was die Welt im Inneriten zufammenhält: fo Iteht
denn neben ihm der Erdgeilt, einem Adam und einem Atlas gleich. Er zeigt
das allmähliche Wachfen und Werden der Erde: aus dem Boden fprofst die
Pflanzenwelt, die Delphine als Vertreter des Meeres und die von den Eandthieren
gleichfam noch am meilten an der Erde haftenden, auf ihr kriechenden Schlangen
winden lieh um feine Ftifse; auf feinen Händen aber Rehen die höheren Thiere,
durch Hirfch und Einhorn repräfentirt, die hch frei und leicht bewegen und
fchon den Trieb hch aufzurichten haben; aber erlt der Vogel über dem Haupte
des Erdgeiltes fchwingt hch gleich dem Gedanken frei von irdifchen Banden auf-
wärts. Jetzt kann das geiltige Leben beginnen, das von dem an den Thatfachen
hangenden und he regelnden Jus hch erhebt zu der die körperliche Heilung er-
ltrebenden Medicina und der für den Geilt heilkräftigen Philofophia, und endlich
feine höchlte Entwicklung gewinnt in der die Erlöfung lehrenden Theologia,
durch die er reif wird, wenn die Seele hch von dem Körper befreit, um hch gleich
dem Phönix zu neuem Leben aufzufchwingen. Das Weib aber, welches durch
die Eitelkeit verführt wird, Iteht darum dem Reich des Satans nahe, das gierig
nach der leichten Beute hafcht. So öffnet hch rechts der Höllenrachen; auf
dem Haupte aber liegen ohne weitere Vermittlung die Holzfcheite, mit welchen
die Hexe das Gebräu ihres Keffels kocht. Aus dem Qualm entwickeln hch höl-
lifche Gehalten, welche dienhbereit dem dem Herrn aulwartenden Mephilto-
3*