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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 2, Blüthezeit in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0446
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DIE KAISERSÄLE. KÖNIG RUDOLFS RECHTSPRECHUNG.

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den gebeugten Hauptes bereits andere gebundene Raubritter nach rechts hin
gehen. Jenen beiden trotzigen Rittern gegenüber kniet hilfeflehend ein Weib
vor dem König; hinter ihr fleht ein Mönch, der feine Hand fchützend auf das
Haupt eines Knaben legt, vielleicht eines durch die rohe Gewaltthat der Ritter
verwaiften Kindes; weiterhin fchutzflehende Bürger. So vereint hch in voller
Klarheit der Grund des Auftretens des Königs mit feiner Entfchiedenheit des
Handelns, mit feiner rückfichtslofen Energie den Rittern gegenüber — ein in
der That treffliches hiftorifches Bild, das nicht blos irgend eine zufällig ge-
fchehene Scene befchreibt, fondern uns den Blick in das ganze Wirken des treff-
lichen Königs thun läfst, für deffen Auftreten dies eine Ereignifs vorbildlich und
darum fein Wefen charakterifirend ih. Solchen Gehalt mufs aber das hiftorifche
Bild mit feiner Einzeldarhellung haben, wenn es nicht zur Illuhration herab-
hnken will, deren Charakter um fo hörender hervortritt, wenn das Format des
Gemäldes mit feiner Bedeutung in Widerfpruch fleht (S. die Abbildung).
Zu gleicher Höhe erhebt hch keines der Bilder der beiden Hauptfale. Hier
finden wir an der erhen Langwand die Erwählung Barbaroffa's, dann nach der
Fenherwand zu die Eroberung von Mailand, daneben eine Verkörperung des
Imperiums; an der Fenherwand zwifchen je zwei Fenftern die Untreue Heinrichs
des Löwen und daneben die Belohnung der Treue Otto's von Wittelsbach durch
Belehnung mit dem Herzogthum Bayern. An der zweiten Langwand, an das
Fenher anhofsend, die Verkörperung der Kirche neben der fleh anfchliefsenden
Begegnung des demüthig zu Fufse gehenden Kaifers mit dem auf dem Throne
fitzenden, getragenen Papfle — der Sieg der Kirche über das Kaiferthum! Dann
das Feh zu Mainz, durch welches der endlich errungene Friede gefeiert werden
follte. An der Rückwand, welche ebenfo wie jede der beiden Langwände durch
eine Thür in der Mitte getheilt wird, fchliefst hch die Schilderung des letzten
ruhmreichen Auftretens des Kaifers bei feinem Kreuzzug, die Schlacht bei
Ikonium, und endlich, an das Anfangsbild anhofsend, fein Tod im Fluffe Saleph.
Dies letzte Bild möchte von den grofsen Gemälden wohl das intereffantehe in
diefem Saale fein. Hier verfucht es der Künhler mit Erfolg, die Feffel der
iymmetrifchen Kompofition wenighens im Mittel- und Hintergrund zu durch-
brechen. Im Vordergrund kommt he freilich in voller Kraft zur Geltung: das
Centrum bildet die aus dem Kahn herausgehobene Leiche des Kaifers, rechts
im Fluffe bäumt hch ein Pferd, deffen Reiter beim Anblick des todten Führers
voll Verzweiflung nach dem Haupte greift, links mufs ein halb entkleideter, wohl
eben dem Waffer entfliegener Krieger das Gegengewicht bilden, hcherlich der
Grund dafür, dafs diefe dem Künhler oft zum Vorwurf gemachte Nebenfigur hch
fo anfpruchsvoll vordrängt. Von links her tritt, fchon im Mittelgründe flehend
und daher in kleinerem Mafshabe gehalten, der Sohn des Kaifers mit ausge-
breiteten Armen zum todten Vater heran, hinter ihm fein von einem Ritter
gehaltenes Pferd, neben ihm Fahnenträger und Geiftliche. Der hier nach rechts
hin frei bleibende Mittelgrund gehattet den Blick in den Hintergrund, der uns
fehr glücklich die Brücke zeigt, über welche das noch ahnungslofe Kreuzesheer
herüberhrömt, deffen glühender Eifer nun freilich vergeblich ih: die Bürgfchaft
des Sieges ih verloren. Darin liegt gerade die ergreifende Wirkung, dafs mit
 
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