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Altstadt

Kulturdenkmäler




sprung des Tores im Verlauf der Mauer
zu sehen. Dieser Zugang dürfte mit der
Zusammenfassung von Abtei und
Marktsiedlung mittels einer einheitli-
chen Befestigungsanlage in seiner Be-
deutung vom praktischeren Ostzugang
von der Ebenheit her (am Stiftskreuz/
Linggplatz) abgelöst worden sein.
Stadtmauer
Die sich an der Abtei bildende Markt-
siedlung mußte, um wirtschaftlichen
Schaden für das Kloster abzuwenden,
mit steigender Bedeutung ebenfalls be-
festigt werden. Als spätestes Entste-
hungsdatum einer ersten, womöglich
engeren Befestigung ist das Aufkom-
men der Bezeichnung „civitas“ für die
Stadt (erstmals im Jahre 1170) anzu-
nehmen {siehe Seite 20ff). Ab etwa
1230 wurden dann die verschiedenen
Teile der Stadt unter Anlehnung an die
Stiftsmauer zu einer fortifikatorischen
Einheit zusammengefaßt. Die Arbeiten
dürften sich bis ins 14. Jh. hingezogen
haben.
Von der damals entstandenen, aus
Bruchsteinen gemauerten inneren
Stadtmauer haben sich beträchtliche
Reste erhalten. Vor allem im Westen,
wo der Verlauf von Stadt- und Stifts-
ummauerung identisch ist, sind die
Wehranlagen noch in großer flöhe und
Stärke vorhanden. Bis etwa 1867 war
die innere Ringmauer in 12 bis 20 Fuß
flöhe noch vollständig. Seitdem ent-
standen besonders an der Nord- und
Südflanke durch Baumaßnahmen etli-
che Lücken.
Die äußere Mauer wurde im Laufe der
Zeit restlos abgetragen.
Die Wehranlage bestand aus Wall und
Graben, der äußeren Mauer, der inne-
ren, ca. 6 m hohen und ca. 2 m starken
Zweischalenmauer mit Wehrgang, den
Türmen und den besonders gesicherten
Toranlagen. Von einer im 14. Jh. ge-
nannten Warte im Vorfeld der Stadt sind
keine Baulichkeiten mehr vorhanden.

Alle Reste der Stadtmauer bilden mit-
samt den in den einstigen Stadtgräben
angelegten Parkanlagen in denkmal-
pflegerischer Elinsicht aus geschichtli-
chen und städtebaulichen Gründen eine
Sachgesamtheit, (g, s)
Tore
Es gab mit dem 1257 erstmals erwähn-
ten Johannestor im Südwesten, dem Pe-
terstor im Südosten, dem Klaustor im
Nordosten und dem Frauentor im
Nordwesten vier Zugänge zur Innen-
stadt. Von diesen Toren sind neben den
Straßennamen keine Baureste erhalten
geblieben (Ausnahme: siehe Untere
Frauenstraße 2). Sie wurden, nachdem
die Ringmauer ihre strategische Bedeu-
tung weitgehend eingebüßt hatte und
die Unterhaltung der Bauten nachließ,
seit dem Ende des 18. Jh. beseitigt
(Johannestor 1770 und 1795, Klaustor
1795 und 1820, Peterstor 1819, Frauen-
tor 1829). Seitdem trugen einfache
Pfeiler die Torflügel, wie sie sich vom
Klaustor bzw. vom Durchbruch in der
Uffhäuser Straße erhalten haben (heute
aufgestellt Im Stift).
Das Häuschen Untere Frauenstraße 2
diente nach dem Abbruch des mittelal-
terlichen Frauentores als Torwärter-
wohnung und drohte selbst 1911 dem
„Moloch Baufluchtlinie“ zum Opfer zu
fallen. Am Klaustor verschwand das
Wachhaus 1869, am Johannestor 1911.
Ein vergleichbares, bis 1908 vom letz-
ten Torwärter bewohntes Gebäude am
Peterstor fiel 1966 mit dem Stück
Stadtmauer, an das es sich anlehnte,
der Peterstor-Überführung zum Opfer.
Seit 1866 blieben die Tore nachts offen,
doch die Torwärter versahen vorerst
weiter ihren Dienst. Von den Verteidi-
gungsanlagen der Neustadt und dem
dortigen „Neuen Tor“ sind keine Spu-
ren mehr zu sehen. Hier befand sich
noch 1863 eine Mautstelle zur Erhe-
bung von „Chausee-Geld“. Ähnliche
Wegezoll-„Barrieren“ gab es auch vor


dem Klaustor und am Johannestor. Das
Uffhäuser Tor wurde erst 1867 anstelle
eines Turms in den Mauerring gebro-
chen. Die Öffnung des „Lierlochs“ zur
Stadtmauer hin hatte Leonhard Müller
bereits 1836 vorgeschlagen und wurde
1838 erneut zur besseren Anbindung
der neuen Anlagen am Stadtgraben und
zwecks Nutzung des Teichs für Feuer-
löschzwecke angeregt.

Türme
Von den Wehrtürmen, die in unregel-
mäßiger Folge am Mauerring verteilt
waren, haben der Klausturm, der Pul-
verturm, der Perfort, Reste des „Dicken
Turms“ und Fragmente zweier Scha-
lentürme in der Reichsstraße und im
Stiftsbezirk die Zeiten überdauert. Im
Stift ist auch ein Reststück des Wehr-
gangs zu finden. Die Türme wurden
mit dem Sinken ihrer Bedeutung für
die Stadtverteidigung für andere
Zwecke genutzt: als Lager feuergefähr-
licher Stoffe (Pulverturm), als Gefäng-
nis (Klausturm 1618) oder als Woh-
nung für niedrig besoldete städtische
Bedienstete (Perfort).
Klaustor, Lageplan von 1824
Uffhäuser Tor (1867): als Motiv auf
einer Ansichtskarte, Pfeiler von dort
in heutiger Aufstellung im Stiftsbezirk
Torwärterhaus am Frauentor,
Untere Frauenstraße 2 (1911)

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