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liger Lasten zu befreien und sie der Staatskasse aufzubürden, wodurch sie wenigstens in
finanzieller Hinsicht wiedereinen etwas größeren Spielraum füreigenständige Unterneh-
mungen zurückgewann. Der nach dem damaligen Oberbürgermeister genannte Caspari-
Vertrag von 1858 übertrug die Kosten für die bauliche Unterhaltung der Wallanlagen, der
Brücken über die Oker und den ständigen Ausbau des Flusses sowie die Pflasterungsko-
sten bestimmter Straßen und Plätze der Staatskasse. Ferner wurde der Stadt das 1671 in
herzoglichen Besitz gelangte Altstadtrathaus zurückgegeben, ein Vorgang, in dem sich
nicht nur symbolisch das Wiedererstarken des bürgerlichen Selbstbewußtseins zum
Ausdruck brachte, das sich mit dem Anbrechen der Gründerzeit auch wieder mit bauli-
chen Veränderungen im Stadtbild bemerkbar machte: Entlang neuer Straßendurchbrü-
che im Süden der Altstadt (Friedrich-Wilhelm-Straße, Münzstraße, Bankplatz, Brabandt-
straße) entstanden großstädtische Wohn- /Geschäftshäuser und repräsentative Verwal-
tungsbauten, für die zum Teil wertvolle alte Bausubstanz abgebrochen werden mußte.
Am nachhaltigsten veränderte das Stadtbild in diesem Bereich aber die Verrohrung der
Oker, die bis dahin mit mehreren Verzweigungen durch die Stadt floß und von zahlreichen
Brücken überquert wurde. Sichtbarstes Zeichen dieser Zeit des allgemmeinen Auf-
schwungs und bürgerlicher Selbstdarstellung wurde am Ende des Jahrhunderts der Bau
des neuen Rathauses (s. Langer Hof 1), dessen Plazierung im Stadtkern in der Nachbar-
schaft des Domes und der wiedererstandenen Burg Heinrichs des Löwen auch in der
Sprache der Architektur die Machtverhältnisse in der Stadt wieder zurechtrückte.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen, von denen diese städtebaulichen Veränderungen
in der Innenstadt ihre Impulse erhielten, lagen aber, wie anderswo auch, in der rasch
fortschreitenden Industrialisierung und der in ihrem Gefolge rapide steigenden Bevölke-
rungszahl seit der Mitte des Jahrhunderts, eine Entwicklung, die ihren baulichen Nieder-
schlag außerhalb der bis dahin gültigen Stadtgrenzen fand.


Braunschweig, Plan des innerhalb der Umflutgräben gelegenen Stadtgebiets, C. Allers, 1885 (Stadt-
vermessungsamt Braunschweig)

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