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DIE NEUSTADT
Das in seiner äußeren Umrißform einem Drei-
eck angenäherte Gebiet der Neustadt liegt
im Nordwesten der mittelalterlichen Gesamt-
stadt und ist ungefähr gleichzeitig mit oder
nur wenig später als der Hagen (um 1160) ge-
gründet worden. Eine zeitgenössische Grün-
dungsnachricht gibt es nicht - erst 1231 ist in
einer Urkunde von den Bürgern der neuen
Teilstadt als der „nova civitas“ die Rede.
Der Grundriß der Neustadt hatte bis in die
Zeit der städtebaulichen Neuordnug nach
dem Zweiten Weltkriege eine sehr ausge-
prägte und klar strukturierte Form, an der be-
sonders das fächerförmige Straßensystem
im Westteil des Weichbildes markant hervor-
trat. Die grundsätzliche Ordnung des Stra-
ßenrasters der Neustadt ist wohl schon in
der 2. Hälfte des 12. Jh. festgelegt und in spä-
terer Zeit nur noch geringfügig verändert
worden. Die Tatsache, daß in den sechziger
Jahren des 12. Jh. die Stadt zwar noch unter
Ausschluß der Altewiek und des Aegidien-
klosterbezirkes, aber bereits einschließlich
des Neustadtareals von Heinrich dem Löwen
mit Mauer und Graben umzogen wurde, ist
ebenso wie das geplant wirkende Straßen-
netz Hinweis auf eine Gründung des Weich-
bildes noch in der Regierungszeit Heinrichs.
Auch der Ursprungsbau der Neustädter
Stadtpfarrkirche, St. Andreas, ein dem Dorf-

kirchentyp entsprechender romanischer
Saalbau mit Apsis und Westturm, belegt
eine Besiedlung des Gebietes bereits in der
2. Hälfte des 12. Jh.
Im Anschluß an die Gründung und Aufsied-
lung des Hagen, dessen westliche Begren-
zung die von Süd nach Nord die Stadt
durchfließende Oker war, scheint das west-
lich der Oker und nördlich der Altstadt sich
ausbreitende und noch weitgehend unbesie-
delte Gebiet der Neustadt ebenfalls noch in
der 2. Hälfte des 12. Jh. rasch aufgesiedelt
worden zu sein.
Von dem hinter dem Petritor gelegenen Ra-
deklint, einer unregelmäßig geformten, aber
relativ großen Platzfläche, an dem wohl ur-
sprünglich Radmacher mit ihren Werkstätten
ansässig waren, gingen strahlenförmig zu-
nächst drei Wegeführungen auf den langge-
streckten Straßen markt vor der Andreaskir-
chezu: die Weberstraße in der Mitte mit ihrer
direkten Ausrichtung auf die Turmfront von
St. Andreas, die nördliche Beckenwerker-
straße, an der die Kupferschmiede ansässig
waren und im Süden, gleichzeitig als Grenze
zur Altstadt, die Lange Straße, die am Rat-
haus der Neustadt vorbei führt und über die
Hagenbrücke die beiden Stadtteile Hagen
und Neustadt verband. Der parallel zum Neu-
stadtmühlengraben im Nordwesten verlau-

fende Neue Weg ist erst nach 1705 angelegt
worden, nachdem das Neustadttor geschlos-
sen und das Petritor nach Nordosten verlegt
worden war. Um für die Neuanlage den nöti-
gen Raum zu schaffen, mußte zwischen Neu-
stadttor und dem neuen Petritor die mittelal-
terliche Stadtmauer abgerissen und die
Rückseite der ehemals bis an die Stadt-
mauer reichenden Grundstücke an der Bek-
kenwerkerstraße neu bebaut werden. Alle
vier Straßen münden im Osten auf das städ-
tebauliche Zentrum der Neustadt, den der
Andreaskirche vorgelagerten Straßenmarkt
mit der im Kriege zerstörten Alten Waage.
Der heute in seinem nördlichen Teil Woll-
markt und in seinem südlichen Alte Waage
genannte platzartig erweiterte Straßenzug
hat als Marktplatz nie große Bedeutung ge-
habt und häufig seinen Namen gewechselt:
Im Mittelalter wird sein Name meist mit der
Kirche St. Andreas oder dem Neustadttor
verbunden, und die Bezeichnung „market“
oder „Marktstraße“ taucht nur sporadisch auf,
bis im 18.Jh. die Benennungen „Ziegen-
markt“ und „Schweinemarkt“ einander ab-
wechseln. Erst seit 1828 ist die Bezeichnung
Wollmarkt gebräuchlich, die für den sich
nach Osten bauchig erweiternden Teil nörd-
lich der Andreaskirche bis heute gilt.
Östlich von Wollmarkt, Alter Waage und An-
dreaskirche gibt es in der Neustadt nur noch

Distriktkarten der Stadt Braunschweig, Plan Distrikt F (Ausschnitt), Neustadt, Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel, K 613


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