BURG DANKWARDERODE
(Burgplatz 4)
Die für die Entwicklung der Stadt Braun-
schweig ausschlaggebende Epoche unter
der Regierung Herzog Heinrichs des Löwen
manifestiert sich vor allem in der von ihm er-
richteten Burg am Ostrand des Burgplatzes.
Auch wenn die heute dort stehende Architek-
tur eine freie Rekonstruktion des späten 19.
Jh. ist und ihr Denkmalwert sich in erster Linie
von daher begründet, erhält sie durch das hi-
storische Gewicht und die Symbolhaftigkeit
des Ortes selbst eine zusätzliche Bedeu-
tungsebene.
Die Geschichte der Burg Heinrichs des Lö-
wen nahm seit ihrer Erbauung in den Jahren
1160-1175 einen sehr wechselvollen Verlauf,
der den romanischen Ursprungsbau im Laufe
der Jahrhunderte bis zur Unkenntlichkeit ver-
änderte und dessen letzte Reste mit dem gro-
ßen Brand in der Nacht vom 20. auf den 21.
Juli 1873 endgültig unterzugehen drohten.
Der Bau Herzog Heinrichs, der ebenso wie
die Stiftskirche einen (hölzernen) brunoni-
schen Vorgänger hatte, verlor bereits in der 2.
Hälfte des 13. Jh. an Bedeutung, nachdem
das welfische Territorium 1267 geteiltworden
war. Es folgte eine jahrhundertelange Zeit des
Verfalls, bis wohl um 1620 nach dem Vorbild
des Wolfenbütteier Zeughauses ein Neubau
errichtet wurde, der mit 63 m Länge und 15 m
Breite fast die ganze Ostseite des Burgplat-
zes beanspruchte und im Norden und Süden
jeweils nur schmale Durchfahrten freiließ. In
absolutistischer Zeit haben die Braunschwei-
ger Herzöge immer wieder versucht, das da-
mals „ Mosthaus“ genannte Burggebäude zu
einer den modernen Anforderungen an Re-
präsentation und Wohnkomfort genügenden
Residenz umzubauen. Zuletzt wurde ab 1763
der Südteil des Mosthauses zum sogenann-
ten „Ferdinandspalais“ umgestaltet, miteiner
barocken, zweieinhalbgeschossigen Fas-
sade zum Burgplatz hin, kolossaler Pilaster-
gliederung und abschließender Attika. In die-
ser disharmonischen Doppelgesichtigkeit
bestand das im 19. Jh. als Burgkaserne die-
nende Bauwerk bis es 1873 durch den Brand
weitgehend zerstört wurde. Vierzehn Jahre
lang wurde daraufhin eine öffentliche Diskus-
sion um Wiederaufbau, Rekonstruktion des
Ursprungsbaues oder Abbruch geführt, bis
der in die Nachfolge des 1884 erbenlos ge-
storbenen Herzogs Wilhelm von Braun-
schweig gewählte Prinz Albrecht von Preu-
ßen die Angelegenheit auch finanziell zu sei-
ner eigenen machte: politisch ein Zeichen
setzend, unterstrich er das besonders seit
1866 gute Einvernehmen zwischen dem
Haus Hohenzollern und der braunschweigi-
schen Linie des Weifenhauses, indem er auf
eigene Kosten den Saalbau der romanischen
Burg rekonstruieren ließ „thunlich in derjeni-
gen Gestalt ..., welche derselbe zur Zeit
Heinrichs des Löwen gehabt hat“ (Deutsche
Bauzeitung, 20. 1886, Seite 144). Der Bau-
ausführung ging eine bauhistorische Unter-
suchung der Brandruine, die Sicherung wie-
der aufgefundener Reste des romanischen
Baues, vor allem in der Ostwand, sowie die
Bereisung und Untersuchung vergleichbarer
Bauten derselben Zeit voraus. Entstanden ist
daraufhin allerdings ein völliger Neubau nach
den Plänen des Stadtbaurates Ludwig Winter.
Nach Abbruch aller Renaissance- und Bar-
ockteile, aber auch des größten Teils der we-
nigen romanischen Reste, wurde in histori-
sierender Weise der unter Heinrich dem Lö-
wen errichtete Palas der Burg rekonstruiert
und nach den Vorstellungen derZeit und be-
sonders in Anlehnung an das Vorbild der
Goslarer Kaiserpfalz organisiert und ausge-
stattet. Bei der Rekonstruktion des kaiser-
pfalzähnlichen Palastes wurden von Ludwig
Winter die eigentlichen Wohnräume im Sü-
den des Gebäudekomplexes sowie die ur-
sprünglich dort angebaute Doppelkapeile St.
Georg und Gertrud nicht wieder aufgebaut.
Als später Nachhall der Ruinenromantik
wurde ein Turm der Kapelle aufgebaut, an
dem künstlich hergerichtete Abbruchstellen
den ehemaligen Standort der Kapelle andeu-
ten. Nach der abschließenden Ausmalung der
Säle durch den Hofmaler Adolf Quensen mit
Szenen aus dem Leben Heinrichs des Löwen
sowie allegorischen Darstellungen, konnte
die Burg Dankwarderode 1906 eingeweiht
werden. Im Zweiten Weltkrieg erlitt der Bau
schwere Kriegsschäden, besonders der Rit-
tersaal im Obergeschoß, dessen Decke mit
dem Dachstuhl völlig ausbrannte. Nachdem
bis 1985 in mehreren Schritten die architekto-
Burg Dankwarderode, Burgplatzfassade
61
(Burgplatz 4)
Die für die Entwicklung der Stadt Braun-
schweig ausschlaggebende Epoche unter
der Regierung Herzog Heinrichs des Löwen
manifestiert sich vor allem in der von ihm er-
richteten Burg am Ostrand des Burgplatzes.
Auch wenn die heute dort stehende Architek-
tur eine freie Rekonstruktion des späten 19.
Jh. ist und ihr Denkmalwert sich in erster Linie
von daher begründet, erhält sie durch das hi-
storische Gewicht und die Symbolhaftigkeit
des Ortes selbst eine zusätzliche Bedeu-
tungsebene.
Die Geschichte der Burg Heinrichs des Lö-
wen nahm seit ihrer Erbauung in den Jahren
1160-1175 einen sehr wechselvollen Verlauf,
der den romanischen Ursprungsbau im Laufe
der Jahrhunderte bis zur Unkenntlichkeit ver-
änderte und dessen letzte Reste mit dem gro-
ßen Brand in der Nacht vom 20. auf den 21.
Juli 1873 endgültig unterzugehen drohten.
Der Bau Herzog Heinrichs, der ebenso wie
die Stiftskirche einen (hölzernen) brunoni-
schen Vorgänger hatte, verlor bereits in der 2.
Hälfte des 13. Jh. an Bedeutung, nachdem
das welfische Territorium 1267 geteiltworden
war. Es folgte eine jahrhundertelange Zeit des
Verfalls, bis wohl um 1620 nach dem Vorbild
des Wolfenbütteier Zeughauses ein Neubau
errichtet wurde, der mit 63 m Länge und 15 m
Breite fast die ganze Ostseite des Burgplat-
zes beanspruchte und im Norden und Süden
jeweils nur schmale Durchfahrten freiließ. In
absolutistischer Zeit haben die Braunschwei-
ger Herzöge immer wieder versucht, das da-
mals „ Mosthaus“ genannte Burggebäude zu
einer den modernen Anforderungen an Re-
präsentation und Wohnkomfort genügenden
Residenz umzubauen. Zuletzt wurde ab 1763
der Südteil des Mosthauses zum sogenann-
ten „Ferdinandspalais“ umgestaltet, miteiner
barocken, zweieinhalbgeschossigen Fas-
sade zum Burgplatz hin, kolossaler Pilaster-
gliederung und abschließender Attika. In die-
ser disharmonischen Doppelgesichtigkeit
bestand das im 19. Jh. als Burgkaserne die-
nende Bauwerk bis es 1873 durch den Brand
weitgehend zerstört wurde. Vierzehn Jahre
lang wurde daraufhin eine öffentliche Diskus-
sion um Wiederaufbau, Rekonstruktion des
Ursprungsbaues oder Abbruch geführt, bis
der in die Nachfolge des 1884 erbenlos ge-
storbenen Herzogs Wilhelm von Braun-
schweig gewählte Prinz Albrecht von Preu-
ßen die Angelegenheit auch finanziell zu sei-
ner eigenen machte: politisch ein Zeichen
setzend, unterstrich er das besonders seit
1866 gute Einvernehmen zwischen dem
Haus Hohenzollern und der braunschweigi-
schen Linie des Weifenhauses, indem er auf
eigene Kosten den Saalbau der romanischen
Burg rekonstruieren ließ „thunlich in derjeni-
gen Gestalt ..., welche derselbe zur Zeit
Heinrichs des Löwen gehabt hat“ (Deutsche
Bauzeitung, 20. 1886, Seite 144). Der Bau-
ausführung ging eine bauhistorische Unter-
suchung der Brandruine, die Sicherung wie-
der aufgefundener Reste des romanischen
Baues, vor allem in der Ostwand, sowie die
Bereisung und Untersuchung vergleichbarer
Bauten derselben Zeit voraus. Entstanden ist
daraufhin allerdings ein völliger Neubau nach
den Plänen des Stadtbaurates Ludwig Winter.
Nach Abbruch aller Renaissance- und Bar-
ockteile, aber auch des größten Teils der we-
nigen romanischen Reste, wurde in histori-
sierender Weise der unter Heinrich dem Lö-
wen errichtete Palas der Burg rekonstruiert
und nach den Vorstellungen derZeit und be-
sonders in Anlehnung an das Vorbild der
Goslarer Kaiserpfalz organisiert und ausge-
stattet. Bei der Rekonstruktion des kaiser-
pfalzähnlichen Palastes wurden von Ludwig
Winter die eigentlichen Wohnräume im Sü-
den des Gebäudekomplexes sowie die ur-
sprünglich dort angebaute Doppelkapeile St.
Georg und Gertrud nicht wieder aufgebaut.
Als später Nachhall der Ruinenromantik
wurde ein Turm der Kapelle aufgebaut, an
dem künstlich hergerichtete Abbruchstellen
den ehemaligen Standort der Kapelle andeu-
ten. Nach der abschließenden Ausmalung der
Säle durch den Hofmaler Adolf Quensen mit
Szenen aus dem Leben Heinrichs des Löwen
sowie allegorischen Darstellungen, konnte
die Burg Dankwarderode 1906 eingeweiht
werden. Im Zweiten Weltkrieg erlitt der Bau
schwere Kriegsschäden, besonders der Rit-
tersaal im Obergeschoß, dessen Decke mit
dem Dachstuhl völlig ausbrannte. Nachdem
bis 1985 in mehreren Schritten die architekto-
Burg Dankwarderode, Burgplatzfassade
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