nannte Freifläche im Süden und Südosten
noch von ehemals zum Stift St. Blasii gehö-
renden Gebäuden umstanden: einige Stifts-
herrenhäuser, ein als Dompredigerwohnung
bezeichnetes Gebäude und im Südosten die
bis kurz vor 1800 auf einer kleinen Insel gele-
gene Dompropstei, das sog. Bevernsche
Schloß. Mit der Anlage der Münzstraße ab
1871 und der damit verbundenen Verrohrung
der Oker im Stadtzentrum fiel auch dieses zu-
letzt vom herzoglichen Staats-Ministerium
genutzte Gebäude und machte dem Neubau
des Justizgebäudes (s. Münzstraße 17) Platz,
das mit seiner Nordflanke einen großen Teil
des heutigen Domplatzes im Süden be-
grenzt. Die ehemals zwischen der Nordflanke
des Justizgebäudes und dem Eingang zur
Straße „Kleine Burg“ gelegenen Gebäude
des Stadthauses und der Stadtkasse wurden
im Zweiten Weltkriege stark beschädigt. An
ihrer Stelle wurde 1956 ein moderner Bau der
Staatsanwaltschaft errichtet. Die seit 1965
Domplatz genannte und erst vor ca. 150 Jah-
ren durch Abbruch und partielle Neubebau-
ung entstandene Fläche ist als neu zu gestal-
tender Platzraum nur stückweise realisiert
worden. Ein wichtiger Teil dieser städtebauli-
chen Neukonzeption ist das Wohn-/Ge-
schäftshaus Domplatz 4, das als Eckhaus zu-
sammen mit dem benachbarten Gebäude
Kleine Burg 16 eine Denkmalgruppe bildet.
Beide Häuser wurden 1900/1901 von den
Architekten Munte und Clemens gleichzeitig
entworfen und gebaut. Während das als Putz-
bau errichtete Eckhaus Domplatz 4 durch die
modernen Ladeneinbauten im Erdgeschoß,
aber auch durch Fenstervermauerungen an
der Südfassade stärker gestört ist, hat das auf
schmalem Grundstück stehende Nachbarge-
bäude auch im Erdgeschoß weitgehend seine
ursprüngliche Gestalt erhalten. Mit etwas
niedrigeren Geschoßhöhen und zurückhal-
tend gestalteter Rohziegelfassade tritt Kleine
Burg 16 deutlich hinter die dominierende
Massigkeit des Eckbaus zurück und wirkt als
vermittelndes Bindeglied zur westlich an-
schließenden Fachwerkarchitektur.
KLEINE BURG
Am Westrand des Domplatzes beginnt die
„Kleine Burg“ - ein kurzer Straßenzug, der,
in südwestlicher Richtung verlaufend, eine
Verbindung mit der Schuhstraße herstellt und
dort in einem nach Süden gerichteten Knick
als Sackgasse endet. Die Bebauung ist heute
sehr heterogen - Alt- und Neubausubstanz
steht z.T. unvermittelt nebeneinander. Auch
die Vielfalt der Funktionen dereinzelnen Bau-
ten auf engem Raum - Wohn-/Geschäftshäu-
ser, Verwaltungsbau, Schulbau - sowie nicht
geschlossene Baulücken, tragen zum unruhi-
gen Gesamtbild dieser Straße bei. Auf dem
Gebiet der Kleinen Burg, das zwar seit jeher
zum Burgbereich gehörte, mit diesem bis in
das 17. Jh. hinein aber nur durch Stege über
den Burggraben verbunden war, bauten sich
seit der 2. Hälfte des 15. Jh. vor allem Kapitu-
lare des Blasiusstiftes eigene Wohnhäuser.
Zu diesen Stiftsherrenhäusern zählt die
Gruppe der zweigeschossigen Fachwerk-
bauten Kleine Burg 2 und 3/4, die 1979
grundlegend saniert wurden, aberdurch weit-
gehende Wiederverwendung der originalen
Holzteile ihr historisches Erscheinungsbild
behielten. Die drei aneinandergebauten Häu-
ser haben jeweils einen vorkragenden Ober-
stock, dessen Saumschwellen von wulstig
profilierten Knaggen unterstützt werden. Ge-
meinsames Schmuckmotiv auf den Schwell-
balken ist der doppelt geführte Treppenfries,
ein Ornament, das die Datierung der Häuser
in die 2. Hälfte des 15. Jh. stützt. Schräg
gegenüber liegen zwei weitere Fachwerk-
häuser, die der Überlieferung zufolge eben-
falls von Stiftsherren bewohnt gewesen sein
sollen. Jedoch haben diese beiden Häuser,
Kleine Burg 11 und 12, ähnlich den Bürger-
häusern, ein Zwischengeschoß unterdem er-
sten vorkragenden Oberstock. Haus Nr. 11
zeigt auf der Saumschwelle wieder den Trep-
penfries sowie die Datierungsinschrift
„1490“. Überdem Eingang im linken äußeren
Spann des Erdgeschosses ist die Jahreszahl
„1660“ eingeschnitzt, die sich wohl auf einen
den Erdgeschoßbereich umfassenden Um-
bau in dieserZeit bezieht-aberauch die Kon-
solen an beiden Vorkragungen deuten mit ih-
ren wulstigen Voluten- bzw. Beschlagwerk-
formen auf eine Erneuerung in dieserZeit hin.
Das Zwerchhaus im Dach mit Radfenster
scheint eine Zutat des 18. Jh. zu sein. Haus
Nr. 12 hat über dem 1 1/2-geschossigen Un-
terbau zwei vorkragende Oberstöcke unter
einem hohen, spitzwinkligen Satteldach.
Knaggenformen und Profile der Balkenköpfe
sind die des späten 15. Jh. 1922 wurde das
Erdgeschoß mit dem Einbau großer Schau-
fenster umgestaltet. Eine neue Inschrift auf
den Sturzriegeln der Halbgeschoßfenster
nennt als Erbauungsjahr „1480“. 27 Kon-
struktionsachsen lang war das ehemalige
Stiftsherrenhaus Kleine Burg 15, von dem nur
noch die Holzteile des Oberstockes erhalten
sind. Sie wurden 1967 in einen Neubau inte-
griert. Neben dem doppelten Treppenfries
trägt die Saumschwelle in römischen Ziffern
die Jahreszahl „1488“. Am südlichen Ende
der Kleinen Burg steht das „Gymnasium
Kleine Burg“ (Kleine Burg 6). Es ist 1864 aus
der damals von der Stadt übernommenen
Pottschen Privatschule hervorgegangen und
wurde danach zur höheren Töchterschule
ausgebaut. Nach mehrfachen Um- und Er-
weiterungsbauten hat das Schulgebäude
heute kein einheitliches Erscheinungsbild
mehr; dennoch sind die beiden westlichen
Gebäudeteile von 1867 und 1905, die mit ih-
ren aufwendig gestalteten Fassaden das Süd-
ende der Kleinen Burg beherrschen, für das
Stadtbild an dieser Stelle so wichtig, daß dem
Gebäudekomplex Denkmalwert zukommt,
ebenso wie dem gegenüberliegenden, stili-
stisch und als Schuldienerhaus auch funktio-
nal auf die Schule bezogenen Bau Kleine
Burg 10 von 1904. Westlich des Schulkom-
plexes, auf dem Gelände, das heute von der
Burgpassage überbaut ist, lagen noch nach
dem Zweiten Weltkriege die Gebäude des
ehemaligen Aegidienklosters mit der spät-
gotischen Maria-Magdalenenkapelle, die erst
1955 abgebrochen wurde.
Kleine Burg 15, ehern. Stiftsherrenhaus, Fassade 1488
Kleine Burg 11 und 12, ehern. Stiftsherrenhäuser, Ende 15. Jh., Ostansicht
69
noch von ehemals zum Stift St. Blasii gehö-
renden Gebäuden umstanden: einige Stifts-
herrenhäuser, ein als Dompredigerwohnung
bezeichnetes Gebäude und im Südosten die
bis kurz vor 1800 auf einer kleinen Insel gele-
gene Dompropstei, das sog. Bevernsche
Schloß. Mit der Anlage der Münzstraße ab
1871 und der damit verbundenen Verrohrung
der Oker im Stadtzentrum fiel auch dieses zu-
letzt vom herzoglichen Staats-Ministerium
genutzte Gebäude und machte dem Neubau
des Justizgebäudes (s. Münzstraße 17) Platz,
das mit seiner Nordflanke einen großen Teil
des heutigen Domplatzes im Süden be-
grenzt. Die ehemals zwischen der Nordflanke
des Justizgebäudes und dem Eingang zur
Straße „Kleine Burg“ gelegenen Gebäude
des Stadthauses und der Stadtkasse wurden
im Zweiten Weltkriege stark beschädigt. An
ihrer Stelle wurde 1956 ein moderner Bau der
Staatsanwaltschaft errichtet. Die seit 1965
Domplatz genannte und erst vor ca. 150 Jah-
ren durch Abbruch und partielle Neubebau-
ung entstandene Fläche ist als neu zu gestal-
tender Platzraum nur stückweise realisiert
worden. Ein wichtiger Teil dieser städtebauli-
chen Neukonzeption ist das Wohn-/Ge-
schäftshaus Domplatz 4, das als Eckhaus zu-
sammen mit dem benachbarten Gebäude
Kleine Burg 16 eine Denkmalgruppe bildet.
Beide Häuser wurden 1900/1901 von den
Architekten Munte und Clemens gleichzeitig
entworfen und gebaut. Während das als Putz-
bau errichtete Eckhaus Domplatz 4 durch die
modernen Ladeneinbauten im Erdgeschoß,
aber auch durch Fenstervermauerungen an
der Südfassade stärker gestört ist, hat das auf
schmalem Grundstück stehende Nachbarge-
bäude auch im Erdgeschoß weitgehend seine
ursprüngliche Gestalt erhalten. Mit etwas
niedrigeren Geschoßhöhen und zurückhal-
tend gestalteter Rohziegelfassade tritt Kleine
Burg 16 deutlich hinter die dominierende
Massigkeit des Eckbaus zurück und wirkt als
vermittelndes Bindeglied zur westlich an-
schließenden Fachwerkarchitektur.
KLEINE BURG
Am Westrand des Domplatzes beginnt die
„Kleine Burg“ - ein kurzer Straßenzug, der,
in südwestlicher Richtung verlaufend, eine
Verbindung mit der Schuhstraße herstellt und
dort in einem nach Süden gerichteten Knick
als Sackgasse endet. Die Bebauung ist heute
sehr heterogen - Alt- und Neubausubstanz
steht z.T. unvermittelt nebeneinander. Auch
die Vielfalt der Funktionen dereinzelnen Bau-
ten auf engem Raum - Wohn-/Geschäftshäu-
ser, Verwaltungsbau, Schulbau - sowie nicht
geschlossene Baulücken, tragen zum unruhi-
gen Gesamtbild dieser Straße bei. Auf dem
Gebiet der Kleinen Burg, das zwar seit jeher
zum Burgbereich gehörte, mit diesem bis in
das 17. Jh. hinein aber nur durch Stege über
den Burggraben verbunden war, bauten sich
seit der 2. Hälfte des 15. Jh. vor allem Kapitu-
lare des Blasiusstiftes eigene Wohnhäuser.
Zu diesen Stiftsherrenhäusern zählt die
Gruppe der zweigeschossigen Fachwerk-
bauten Kleine Burg 2 und 3/4, die 1979
grundlegend saniert wurden, aberdurch weit-
gehende Wiederverwendung der originalen
Holzteile ihr historisches Erscheinungsbild
behielten. Die drei aneinandergebauten Häu-
ser haben jeweils einen vorkragenden Ober-
stock, dessen Saumschwellen von wulstig
profilierten Knaggen unterstützt werden. Ge-
meinsames Schmuckmotiv auf den Schwell-
balken ist der doppelt geführte Treppenfries,
ein Ornament, das die Datierung der Häuser
in die 2. Hälfte des 15. Jh. stützt. Schräg
gegenüber liegen zwei weitere Fachwerk-
häuser, die der Überlieferung zufolge eben-
falls von Stiftsherren bewohnt gewesen sein
sollen. Jedoch haben diese beiden Häuser,
Kleine Burg 11 und 12, ähnlich den Bürger-
häusern, ein Zwischengeschoß unterdem er-
sten vorkragenden Oberstock. Haus Nr. 11
zeigt auf der Saumschwelle wieder den Trep-
penfries sowie die Datierungsinschrift
„1490“. Überdem Eingang im linken äußeren
Spann des Erdgeschosses ist die Jahreszahl
„1660“ eingeschnitzt, die sich wohl auf einen
den Erdgeschoßbereich umfassenden Um-
bau in dieserZeit bezieht-aberauch die Kon-
solen an beiden Vorkragungen deuten mit ih-
ren wulstigen Voluten- bzw. Beschlagwerk-
formen auf eine Erneuerung in dieserZeit hin.
Das Zwerchhaus im Dach mit Radfenster
scheint eine Zutat des 18. Jh. zu sein. Haus
Nr. 12 hat über dem 1 1/2-geschossigen Un-
terbau zwei vorkragende Oberstöcke unter
einem hohen, spitzwinkligen Satteldach.
Knaggenformen und Profile der Balkenköpfe
sind die des späten 15. Jh. 1922 wurde das
Erdgeschoß mit dem Einbau großer Schau-
fenster umgestaltet. Eine neue Inschrift auf
den Sturzriegeln der Halbgeschoßfenster
nennt als Erbauungsjahr „1480“. 27 Kon-
struktionsachsen lang war das ehemalige
Stiftsherrenhaus Kleine Burg 15, von dem nur
noch die Holzteile des Oberstockes erhalten
sind. Sie wurden 1967 in einen Neubau inte-
griert. Neben dem doppelten Treppenfries
trägt die Saumschwelle in römischen Ziffern
die Jahreszahl „1488“. Am südlichen Ende
der Kleinen Burg steht das „Gymnasium
Kleine Burg“ (Kleine Burg 6). Es ist 1864 aus
der damals von der Stadt übernommenen
Pottschen Privatschule hervorgegangen und
wurde danach zur höheren Töchterschule
ausgebaut. Nach mehrfachen Um- und Er-
weiterungsbauten hat das Schulgebäude
heute kein einheitliches Erscheinungsbild
mehr; dennoch sind die beiden westlichen
Gebäudeteile von 1867 und 1905, die mit ih-
ren aufwendig gestalteten Fassaden das Süd-
ende der Kleinen Burg beherrschen, für das
Stadtbild an dieser Stelle so wichtig, daß dem
Gebäudekomplex Denkmalwert zukommt,
ebenso wie dem gegenüberliegenden, stili-
stisch und als Schuldienerhaus auch funktio-
nal auf die Schule bezogenen Bau Kleine
Burg 10 von 1904. Westlich des Schulkom-
plexes, auf dem Gelände, das heute von der
Burgpassage überbaut ist, lagen noch nach
dem Zweiten Weltkriege die Gebäude des
ehemaligen Aegidienklosters mit der spät-
gotischen Maria-Magdalenenkapelle, die erst
1955 abgebrochen wurde.
Kleine Burg 15, ehern. Stiftsherrenhaus, Fassade 1488
Kleine Burg 11 und 12, ehern. Stiftsherrenhäuser, Ende 15. Jh., Ostansicht
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