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EHEM. KLOSTERKIRCHE
ST. AEGIDIEN
(Aegidienmarkt 12A).
Unmittelbar nach dem Brand von 1278, dem
der Vorgängerbau der heutigen Kirche, der
von Markgräfin Gertrud 1115 gestiftete roma-
nische Bau, zum Opfer fiel, wurde mit Hilfe
von Spenden und Ablaßgeldern der Bau der
neuen Kirche begonnen. Auf der höchsten
Erhebung des alten „Köpfeberges“ gelegen,
scheint der Kirchenneubau des späten 13. Jh.
in seiner Grundrißerstreckung nicht wesent-
lich von seinem romanischen Vorgänger ab-
zuweichen, da Grabungen erwiesen haben,
daß Nord-, Süd- und Westwand, sowie die
Bündelpfeiler des Langhauses auf den alten
Fundamenten ruhen. Mit dem heutigen Bau
wurde 1282 von Osten her mit der Errichtung
der weiträumigen Choranlage begonnen. Der
aus Chorquadrat und zu 5/8 geschlossenem
Polygon bestehende Mönchschor wird von
einem im Querhaus mündenden Umgang
und einem Kranz von sieben nur wenig tiefen
Kapellen begleitet. Die am Außenbau sichtba-
ren Strebepfeiler stehen auf den die Kapellen
trennenden Zungenmauern. Das Raumbild
des auf sechs Stufen nurleichterhöhten Cho-
res wird vor allem durch den dreizonigen
Wandaufbau getragen, der zwischen schwer
profilierten Arkaden im Erdgeschoß und
schlichten drei- bzw. vierbahnigen Maßwerk-
fenstern eine reicher gestaltete Triforienzone
enthält. DieseTriforiengalerie liegt im fenster-
losen Dachraum des Kapellenkranzes und
zieht sich als dunkler Streifen um den sonst
hell belichteten Chorraum. Gedrungene Bün-
delpfeiler auf wuchtigen Basen bilden das
Stützensystem des Chores, das in seinen Ka-
pitellzonen besonders reich und phantasie-
voll ornamentiert ist: Zwischen plastisch her-
vortretendem Laubwerk erscheinen entlang
des Umgangs an den alten Diensten des Stüt-
zensystems Plastiken von Tieren, Fabel- und
Mischwesen.
Bald nach 1300 war der Chor fertiggestellt,
die Umfassungsmauern des Querhauses
hochgeführt und die beiden östlichen der vier
Langhausjoche begonnen, nachdem das ba-
silikale Schema des Chores aufgegeben und
nach einem Planwechsel das Langhaus als
dreischiffige Halle konzipiert wurde.
Nach der Wölbung des Querhauses um 1325
kam es zu einer Bauunterbrechung von fast
100 Jahren. Erst 1409 wurde wieder weiter-
gebaut und ab 1440 das Langhaus mit den
beiden westlichen Jochen, danach auch das
mächtige Dach errichtet. Das Turmwerk blieb
jedoch auch nach der Schlußweihe von 1478
unvollendet.
Als einzige der mittelalterlichen Kirchen
Braunschweigs greift St. Aegidien in der Kon-
zeption seiner Choranlage - mit dreizonigem
Wandaufbau des Binnenchores, Chorum-
gang und Kapellenkranz-sowohl Formen der
französischen Kathedralgotik auf, reflektiert
aber auch gleichzeitig Grundrißlösungen, wie
sie in einigen Zisterzienserkirchen des 13. Jh.
verwirklicht wurden.
Im Äußeren ist der aus Bruch- und Werkstein
aufgeführte Bau deutlich zweigeteilt in den
basilikalen Chorbereich mit dem Hochchor
unter eigenem Dach und Umgang mit Kapel-
lenkranz, dessen niedriges Pultdach an den

Ehern. Klosterkirche St. Aegidien, Grundriß, (Dorn, R. 1978)


Ehern. Klosterkirche St. Aegidien, Mittelschiff und Chor nach Osten


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