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benannt war. Besonders an ihrem östlichen
Ende, am Eingang zur Burg, wurde der mittel-
alterliche Charakter der Straße schon um
1800 grundlegend verändert, als dort nach
Abbruch des Burgtores und Beseitigung des
Burggrabens der umfangreiche Bau des Vie-
weghauses auf der einen Seite und auf der
anderen das neue Dompredigerhaus ent-
standen waren (s. Burgplatz 1 und Vor der
Burg 1). Mit der anschließenden raschen Ent-
wicklung zur Geschäftsstraße wurde der
größte Teil der noch verbliebenen spätmittel-
alterlichen Handwerker- und Händlerhäuser
im Laufe des 19.Jh. durch klassizistische
bzw. gründerzeitliche Bauten mit Ladenge-
schäften im Erdgeschoß ersetzt. Nur der
nordwestliche Eckbereich der Straße, die
Stelle, an der ursprünglich das Sackrathaus
und später der Sackkeller standen, wurde im
Zweiten Weltkriege stärker beschädigt und
ist heute von Neubauten bzw. immer noch
von Behelfsbauten besetzt. Insgesamt hat
der Straßenzug über weite Strecken seinen
historischen Charakter bewahrt, wenn auch
seit dem beginnenden 19. Jh. der größte Teil
der bis in das Spätmittelalter zurückreichen-
den Holzbauten ausgewechselt wurde.
Im Anschluß an die repräsentative Eckbe-
bauung am Eingang zum Burgplatz er-
streckt sich westlich des Dompredigerhau-
ses ein nur wenig später als dieses und von
demselben Architekten Heinr. Ludw. Rother-
mundt errichtetes Doppelhaus, das zwi-
schen 1801 und 1803 für einen Schuhma-
cher- und einen Kürschnermeister erbaut
wurde (Vor der Burg 2-4). Das mit 13 Fen-

sterachsen und drei Geschossen recht
große Haus bildet zusammen mit dem ge-
genüberliegenden Vieweghaus und dem be-
nachbarten Dompredigerhaus ein bemer-
kenswertes klassizistisches Ensemble, das
den Torso einer von Herzog Carl Wilhelm Fer-
dinand (1780-1806) intendierten großflächi-
gen städtebaulichen Umformung des Burg-
areales darstellt und dem somit auch stadt-
baugeschichtliche Bedeutung zukommt. Der
wegen neuerer Ladeneinbauten nur noch in
seinen beiden oberen Geschossen relativ un-
gestört erhaltene Bau weist in seiner zurück-
haltend kargen Gestaltung Stilmerkmale auf,
die den Einfluß des Vieweghauses reflektie-
ren. Bauornament zeigt die glattverputzte,
horizontal gegliederte Fassade nur an den
beiden flachen, seitlichen Risaliten. Auf ihren
breiten Gesimsbändern erscheinen Eierstab
und Halbrosetten, ein vom Mäander abgelei-
tetes, geometrisches Ornament, und die bei-
den weit überstehenden Dreieckgiebel mit
darunter sitzendem Triglyphenfries sind an
den Formen dorischer Tempel orientiert. Bis
auf wenige, Fassadensymmetrie erzeugende
und aus knappen geometrischen Formen
gestaltete Fensterverdachungen sind die Öff-
nungen unbetont und glatt in das Mauer-
werk eingeschnitten.
Die beiden westlich anschließenden Bauten
(Vor der Burg 5 und 6) sind dreigeschossige
Fachwerkbauten mit Zwerchhäusern, die
ihre heutige Gestalt, abgesehen von den
mehrfach erneuerten Erdgeschoßzonen,
dem späteren 18. Jh. verdanken. Während

Haus Nr. 6 in der 2. Hälfte des 18. Jh. vollstän-
dig neu gebaut wurde, ist Nr. 5 in jener Zeit
umgebaut worden, wobei aber Substanz des
bis in die Zeit um 1500 zurückreichenden
Vorgängers weiterverwendet wurde. Das
wohl ursprünglich nur zweigeschossige
Fachwerkhaus Nr. 5 erhielt um die Mitte des
16.Jh. durch seinen Besitzer, den Messer-
schmied Franz Schönebom, einen zweiten
Oberstock, dessen Ständer und Brüstungs-
gefache mit den zeittypischen Fächerroset-
ten verziert waren. Die Reste dieses ge-
schnitzten Schmuckes sind zusammen mit
dem Handwerkszeichen und den Initialen
seines ehemaligen Besitzers - drei Dolche
zwischen F und S - auf den Ständern des
zweiten Stockes zu sehen. Im Zuge der Über-
arbeitung des Hauses im 18. Jh. wurde so-
wohl das Zwerchhaus aufgesetzt als auch
die Vorkragung beseitigt. Bereits um 1870
war das Erdgeschoß zu einem Ladenge-
schäft umgebaut worden. Demgegenüber
zeigt Haus Nr. 6 in seinen oberen Geschos-
sen die klassizistisch klare Fassadenstruktur
der 2. Hälfte des 18. Jh. mit überstrichenem
Fachwerk, Betonung des Hauptgeschosses
durch größere Fenster und ein gut proportio-
niertes Zwerchhaus, dessen Dreieckgiebel
und Gesims mit dem Knick des Mansardda-
ches abgestimmt ist.
Aus dem Jahre 1892 stammen die beiden in
historistischer Schmuckfreudigkeit ausge-
statteten Fassaden Vor der Burg 7 und 8. Sie
wurden viergeschossig als Wohn-/
Geschäftshäuser errichtet, wobei das von R.

Vor der Burg 6, 2. Hälfte 18. Jh.


Vor der Burg 8 (1892, M. Osterloh) und 9, wohl Mitte 17. Jh.


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