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Ebers, Georg [Gefeierte Pers.]
Aegyptiaca: Festschrift für Georg Ebers zum 1. März 1897 — Leipzig, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.7#0115
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aus Antinoë. 105

Heydemann >, der auch Wilken2 beigetreten ist. ihre Bestätigung, dase
nämlich die Mode des Barttragens erst mit Hadrian allgemein auf-
gekommen sei. Die Gleichzeitigkeit der Gipsköpfe mit den gemalten
Munii enp or tri ¡ts wird heute wohl niemand bezweifeln. Somit hat die
Reise des Kaisers nicht nur das Selbstbewusstsein der griechisch-
römischen Bevölkerung in Ägypten bedeutend gestärkt, sondern ihr
auch in der Folge den Mut gegeben, mit manchen altheiligen Bräuchen
der Ägypter zubrechen und speziell im Begräbniswesen ihrem Kunst-
empfinden nachzugehen, d. h. an die Stelle der ganz schablonenhaften
Mumienmasken wirkliche Porträts, sei es in Farbe oder iu Gips, ins
Grab zu legen, um noch späteren Geschlechtern Kunde von den
lebensvollen Zügen des Verstorbenen zu geben. (Vergi. G. Ebers:
Antike Mumienporträts.)

Aber zurück zu unserer Inschrift! In welche Zeit fällt ihre Ab-
fassung? Man wäre versucht, sie ebenfalls in das zweite Jahrhundert
zu verweisen, aber der Charakter der Buchstaben und noch deutlicher
der Inhalt deuten auf das dritte Jahrhundert. Das Verhältnis von
beŒTTOTiiç und οίκέτης, welches hier uns in so einzigartiger Weise
entgegentritt, — die Anschauung, 'welche in dem Sklaven nicht ein
σώμα, sondern den Menschen erkennt, — der Kosmopolitismus, der
nicht mit Stolz auf den Barbaren, auf den schwarzen Äthiopier herab-
blickt, — der Gedanke, dass der Wert des Menschen nicht in seinem
Äussern, sondern in seinem innern Seelenadel liege, und der Satz
Ψ^χήζ Y&P έσθλίίς κάλλος εστί öeurepov — alle diese Merkmale legen
ein deutliches Zeichen dafür ab, dass die Menschheit unter der segens-
reichen Regierung der Antonine und Severe einen gewaltigen Fort-
schritt gemacht hatte. lind wenn ich mich nicht täusche, so stellen
wir im Zeitalter des edlen Alexander Severas, unter dem die glänzende
Rechtschule des Papinian sich ein unsterbliches Denkmal in der
Sklavereifrage gesetzt hatte. Dem Alexander Severas hatten die
Antinoiten im Jahre 232 oder 233 zum Andenken an seinen Sieg über
die Perser3 eine Ehrensäule errichtet, und im Jahre 234 hatte der
Kaiser selbst Ägypten bereist.

Der Geist der Inschrift ist noch heidnisch, aber von diesem
reformirten Heidentum bis zum Christentum war nur ein kleiner

1 Ober diu ¡>,vn:ill''n Bildnisse aus dem Pajíim SirKiirwiber
Ges. d. "Wissenech. 1888 S. 308.
ì Archäol Am. 188» S. β.
ä C. I. Gr. 4705.
 
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