Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Evers, Hans Gerhard; Rubens, Peter Paul [Hrsg.]
Rubens und sein Werk: neue Forschungen — Bruessel, 1944

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29108#0210
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ZU DEN StLENSZÜGEN

247

Rubens, sondern von van Dycb (unter Mitarbeit von Snyders) gemaft zu sein*6. Da nun die
Komposition des Londoner Bildes sicher von Rubens ist, bann das Londoner Exemplar nicht
das Original sein, sondern muss von van Dycb wiederholt worden sein, als das Rubensbild
schon mit der Anstücbung versehen war. Wir bennen einen Stich (Abb. 259) von N. de
Launay^ nach diesem Silenszug; dieser Stich ist aber nicht nach dem Londoner Exemplar
gemacht, sondern weicht von ihm ab, besonders dadurch, dass noch der Kopf eines grossen
Ziegenbocbs neben den Kindern eingesetzt ist. Dieser Stich bönnte nach dem verschoffenen
Original von Rubens gemacht sein.
Während die Leningrader Fassung des Sifenszuges bebannt und beliebt gewesen zu sein
scheint (da sie nicht nur in einer Reihe von Wiederholungen vorbommt, sondern auch auf
mehreren Galeriebildern erscheint^), während die erste Fassung des Münchner Sifenszuges von
Soutman gestochen wurde, blieb die grosse zweite Fassung, die tiefste und gewaltigste Form
des bacchischen Lebens seit der Antibe, zu Lebzeiten von Rubens in seinem Hause, afs sein
Arbanum. Er fiess beinen Stich nach ihr anfertigen. In zwei anderen Werben finden wir ihren
Widerhall : in der Berliner Fassung des Sifenszuges, die früher Rubens selbst, jetzt van Dycb
zugeschrieben wird, und in der Sbizze der ehemafigen Sammfung Emil Pacuffy, bei der eben-
faffs der Name Rubens genannt wird (Abb. 260).
Auf der Sbizze, die im wesentfichen Grisaiffe ist, sind auch Bfeistift- oder Kreideunterzeich-
nungen zu sehen. Es fofgen die braunen Umriss-Pinselzüge der Figuren, die starb finear
am Umrissrand der Gfieder bfeiben (besonders charabteristisch im finben Paar). Endfich die
Schattierungen und die Weisshöhungen, von denen die Höhungen nicht Farben bezeichnen,
auch nicht die für Rubens charabteristische Einheit von bewegter Graphib und von Form-
bezeichnung der Gfieder haben, sondern jeweifs afs Lichthöhungen in der Mitte des Gfiedes
oder des Rumpfes sitzen, afs wären sie Gfanzfichter.
Die Umrissfinien sind teifweise sehr gut, zum Beispief bei der finben Gruppe, teifweise
aber auch schlecht, vor affem bei den Füssen der Mittefgruppen. Dort ist bein Fuss afs börper-
ficher Inhaft gezeichnet, sondern schleifende Linien, zwischen denen bein bräftiger Inhaft bfeibt.
Die Komposition umfasst vier nacbte Frauenbörper, die annähernd symmetrisch über das
ganze Bifd verteift sind und die auch in der Heffigbeit annähernd einander gfeich sind. Entspre-
chend sind die Männer verteift. Der Satyr finbs greift energisch zu, aber die Gebärde der
Frau stammt aus einer Entführung und passt nicht zum bacchischen Treiben. Der Sifen in der
Mitte fehnt sich gegen die Schulter der Mänade, wobei zwar seine Hand auf ihrer finben
Schufter zum Vorschein bommt, aber die Verbindung zwischen ihr und dem Körper ganz
verblüfft bfeibt. Schwerlich würde die Mänade in ihrer flüchtigen Haltung das Gewicht des
Silens stützen bönnen. Der Sifen schaut nicht auf die Mänade, auch nicht in sich sefbst hinein,
sondern mit ungewöhnlicher Schärfe auf den Beschauer. Die Mänade rechts trägt den Sifen,

I? ROOSES, CEutre, 5, T. 20p.
 
Annotationen