1*6
Es geht nichts über einen rc.
ist, und unser Herrgott nimmt mirs nicht übel, wenn ich auf
seinem Grund und Boden jage/' Die Hasen waren aber
damals schon so rar, wie die weißen Raben, und so mußte
unser Schweizerbart meist mit leerem Ranzen, nämlich Büch-
senranzen, heim, —
Einmal aber ist er doch zu einem schönen Hasen ge-
konimen, ohne ein Käpselein zu verknallen, und das ging so
zu: Die Bauern von Maichingen wußten auch etwas von
dem neuen Jagdgesetz, und legten den Artikel von eigenen,
Grund und Boden aus gleiche Weise aus, wie der Schweizer-
bart,
Dieser ist einen ganzen Nachmittag vergebens umher-
gestreift. und will sich gerade nach Hause machen, als er den
langen Jörg von Maichingen erblickt, der einen Hasen an
der Flinte hängen hat, und eben um das Waldcck biegt,
„Der muß niein werden," denkt er, und ruft dem Jörg ein
! „Halt!" zu. Der Jörg dreht sich um, und als er den
Schweizerbart mit seinem grünen Wehrmaunsrock, seinem
! Hcckerhut und seiner Jagdtasche erblickt, glaubt er, der Sin-
delfinger Förster sei es, und wohl wissend, daß das Jagen,
namentlich im Wald, doch eigentlich nicht erlaubt sei, ergreift
er die Flucht, „Halt, oder ich schieße!" schreit der Schweizer-
: bart, als er am Eck den Jörg wieder zu Gesicht bekommt,
und wohl oder übel, muß der die Ankunft des gestrengen
Herrn Försters abwarten,
„Wie kommt Er dazu, im Wald zu jagen?" beginnt
der Schweizerbart, und fährt, als der Jörg etwas von seinem
Acker stammelt, fort: „Ach was, der Hase ist aus dem Wald,
und gehört einmal mir; jetz geb Er nur seinen Namen an;
am nächsten Ruggericht muß er nach Sindelfingen," Der
Jörg hat sich inzwischen ein wenig gesammelt, und denkt,
du kriegst mich nicht; „Conrad Müller heiße ich," ist seine
Antwort, in Wahrheit aber heißt er Johann Georg Maus-
nest. Der Pseudoförster notirt den Namen, und macht sich
dann mit dem Hasen fröhlich nach Hause.
Aber auch der Jörg ist von Herzen froh, so leichten
Kaufs davon gekommen zu sein, und erzählt, als er heim
kommt, unter lautem Lachen seinem Weibe: „Aber diesmal
Hab ich den Förster recht ang'logen, ich Hab g fagt, ich heiße
Conrad Müller, Der Schultheiß wird schön gucken, wenn
er den Conrad Müller nach Sindelfingen bieten soll, und
ist keiner hier, 's geht doch nichts über n gescheiten Kopf!"
Rechtfertigungs schreiben
des
Herrn Krawwes
(wegen seiner derkschen Berläumdung)
an
Herrn Pfefferkorn
in Leipzig,
Mein sehr vielseitig geliebter Herr Pfefferkorn!
!lf jeden Fall ham Se schon die Komeedje gelesen oder
geheert, die mer über mich, wegen meiner derkschen Reese in
de Derkey, in de fliegende Blätter gemacht hat, wo sie mich
reene als Hannsworscht behandeln, so daß Een fast kee Seefen-
sieder mehr anrihren thun möchte, Wersch nu is, dersch
gemacht hat, das kann ich Sie nich sagen, uf jeden Fall is
es der Herloßohn nich, denn es wäre sonst e Bischen mehr
Intrige im Stylum,
Nu weeß ich, wceß Kott, kcenen andern Bescheed als
mich an Sie zu wenden, wegen meiner Rechtfertigung, denn
Ihr Name is beriemt, ihre Kundschaft europäisch (vorzüglich
in der Ostermesse), und Ihre Liebe nach Abentheuern unaus-
löschlich; deswegen möcht ich Sie gar scheene gebeten Ham,
meine Rechtfertigung un wahre treie Rcesebeschreibung bei
Ihren Kunden vorzulesen; ich bin versichert daß se schneller
bekannt wird, als durch s Leipz'ger Tageblatt,
Sie lver'n sich wohl noch besinnen, daß mir Zwee, ich
und Sie, immer für die feinsten Menschen im ganzen Leipz'-
ger Reviere gehalten worden sinn; und wegen dem will ich
ooch meine biographsche Lebensgeschichte in der Derkey so
einrichten, daß se ganz für Ihre Kunden paßt, nämlich —
fein; nur wo's sinn muß wer ich e Bischen grob sinn.
Also heern Se zu, —
Daß ich zweemal in der Derkey gewesen bin, wie dcersch
in den fliegenden Blättern schreibt — is wahr —. Aber
daß ich's zweetemal e Kettenhund gewesen sinn soll, un daß
ich mich derksch habe umdoofen lassen, das is enne erbärm-
liche Lüge, Denn gleich von meiner unglicklichen Badege-
schichte her, bin ich Nachts zwölf Uhr bei halben Monden-
schein in de derkschen Gebirge geloofen, un zwar zu em
derkschen Sennhirten, bei dem habe ich nu vier Monate in
Condition als Kühjunge gedient. Dort Hab ich nu e ganz
gemüthliches Leben geführt, vorzieglich Hab ich im Gesang
große Fortschritte gemacht, ich habe dort elf ganz neue derksche
Jodler gelernt, die ich Sie emal vorjodcln werde wenn ich
nach Leipz'g komme, un wenn se Breitkopf un Härtel will,
so kann ersche ham.
Ich habe ooch etliche Jodler aus der sächschen Schwcitz un
aus den Gebergen von Zwenke in der Derkey gesungen, un eenen
Es geht nichts über einen rc.
ist, und unser Herrgott nimmt mirs nicht übel, wenn ich auf
seinem Grund und Boden jage/' Die Hasen waren aber
damals schon so rar, wie die weißen Raben, und so mußte
unser Schweizerbart meist mit leerem Ranzen, nämlich Büch-
senranzen, heim, —
Einmal aber ist er doch zu einem schönen Hasen ge-
konimen, ohne ein Käpselein zu verknallen, und das ging so
zu: Die Bauern von Maichingen wußten auch etwas von
dem neuen Jagdgesetz, und legten den Artikel von eigenen,
Grund und Boden aus gleiche Weise aus, wie der Schweizer-
bart,
Dieser ist einen ganzen Nachmittag vergebens umher-
gestreift. und will sich gerade nach Hause machen, als er den
langen Jörg von Maichingen erblickt, der einen Hasen an
der Flinte hängen hat, und eben um das Waldcck biegt,
„Der muß niein werden," denkt er, und ruft dem Jörg ein
! „Halt!" zu. Der Jörg dreht sich um, und als er den
Schweizerbart mit seinem grünen Wehrmaunsrock, seinem
! Hcckerhut und seiner Jagdtasche erblickt, glaubt er, der Sin-
delfinger Förster sei es, und wohl wissend, daß das Jagen,
namentlich im Wald, doch eigentlich nicht erlaubt sei, ergreift
er die Flucht, „Halt, oder ich schieße!" schreit der Schweizer-
: bart, als er am Eck den Jörg wieder zu Gesicht bekommt,
und wohl oder übel, muß der die Ankunft des gestrengen
Herrn Försters abwarten,
„Wie kommt Er dazu, im Wald zu jagen?" beginnt
der Schweizerbart, und fährt, als der Jörg etwas von seinem
Acker stammelt, fort: „Ach was, der Hase ist aus dem Wald,
und gehört einmal mir; jetz geb Er nur seinen Namen an;
am nächsten Ruggericht muß er nach Sindelfingen," Der
Jörg hat sich inzwischen ein wenig gesammelt, und denkt,
du kriegst mich nicht; „Conrad Müller heiße ich," ist seine
Antwort, in Wahrheit aber heißt er Johann Georg Maus-
nest. Der Pseudoförster notirt den Namen, und macht sich
dann mit dem Hasen fröhlich nach Hause.
Aber auch der Jörg ist von Herzen froh, so leichten
Kaufs davon gekommen zu sein, und erzählt, als er heim
kommt, unter lautem Lachen seinem Weibe: „Aber diesmal
Hab ich den Förster recht ang'logen, ich Hab g fagt, ich heiße
Conrad Müller, Der Schultheiß wird schön gucken, wenn
er den Conrad Müller nach Sindelfingen bieten soll, und
ist keiner hier, 's geht doch nichts über n gescheiten Kopf!"
Rechtfertigungs schreiben
des
Herrn Krawwes
(wegen seiner derkschen Berläumdung)
an
Herrn Pfefferkorn
in Leipzig,
Mein sehr vielseitig geliebter Herr Pfefferkorn!
!lf jeden Fall ham Se schon die Komeedje gelesen oder
geheert, die mer über mich, wegen meiner derkschen Reese in
de Derkey, in de fliegende Blätter gemacht hat, wo sie mich
reene als Hannsworscht behandeln, so daß Een fast kee Seefen-
sieder mehr anrihren thun möchte, Wersch nu is, dersch
gemacht hat, das kann ich Sie nich sagen, uf jeden Fall is
es der Herloßohn nich, denn es wäre sonst e Bischen mehr
Intrige im Stylum,
Nu weeß ich, wceß Kott, kcenen andern Bescheed als
mich an Sie zu wenden, wegen meiner Rechtfertigung, denn
Ihr Name is beriemt, ihre Kundschaft europäisch (vorzüglich
in der Ostermesse), und Ihre Liebe nach Abentheuern unaus-
löschlich; deswegen möcht ich Sie gar scheene gebeten Ham,
meine Rechtfertigung un wahre treie Rcesebeschreibung bei
Ihren Kunden vorzulesen; ich bin versichert daß se schneller
bekannt wird, als durch s Leipz'ger Tageblatt,
Sie lver'n sich wohl noch besinnen, daß mir Zwee, ich
und Sie, immer für die feinsten Menschen im ganzen Leipz'-
ger Reviere gehalten worden sinn; und wegen dem will ich
ooch meine biographsche Lebensgeschichte in der Derkey so
einrichten, daß se ganz für Ihre Kunden paßt, nämlich —
fein; nur wo's sinn muß wer ich e Bischen grob sinn.
Also heern Se zu, —
Daß ich zweemal in der Derkey gewesen bin, wie dcersch
in den fliegenden Blättern schreibt — is wahr —. Aber
daß ich's zweetemal e Kettenhund gewesen sinn soll, un daß
ich mich derksch habe umdoofen lassen, das is enne erbärm-
liche Lüge, Denn gleich von meiner unglicklichen Badege-
schichte her, bin ich Nachts zwölf Uhr bei halben Monden-
schein in de derkschen Gebirge geloofen, un zwar zu em
derkschen Sennhirten, bei dem habe ich nu vier Monate in
Condition als Kühjunge gedient. Dort Hab ich nu e ganz
gemüthliches Leben geführt, vorzieglich Hab ich im Gesang
große Fortschritte gemacht, ich habe dort elf ganz neue derksche
Jodler gelernt, die ich Sie emal vorjodcln werde wenn ich
nach Leipz'g komme, un wenn se Breitkopf un Härtel will,
so kann ersche ham.
Ich habe ooch etliche Jodler aus der sächschen Schwcitz un
aus den Gebergen von Zwenke in der Derkey gesungen, un eenen