Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grauröckleins Gäste.

nimmst das Papier und die Flasche, und wirst im Papier dann
haarklein geschrieben finden, zu was die Flasche gut, und lesen
> hast du ja von mir zur Noth gelernt; — und zweitens nimmst
du mich, wenn mich Freund Hain geknickt hat, und die Löffel
kalt und schwarz geworden, und trägst mich hinaus an den
Sölling gen Ußlar zu! dort scharrest du mich ein auf dem
freien Platze mit dem Kopfe nach Sonnenuntergang, die Läufe
nach Aufgang, damit ich die Sonne gleich im Auge habe, und
meine Zeit nicht versäume, wenn es einmal gilt, und deckst
einen schweren Stein auf das Grab, daß nicht Füchse und
anderes Ungeziefer mich ausscharrt und ihren Hunger an mir
stillt, und ich zur Aesung daliege den Raben. Kannst mir
etwa auch den alten Melak und einen Saustecher mit in's Grab
geben; man weiß nicht, wie es gehen kann, und der Melak ist
wie sein Herr alt und untauglich zu Allem, verliert die Fährte
alle Augenblick, und — er war sonst ein herrlich Stück von
einem Jagdhund — was soll er seinen Herrn vermissen, und
jämmerlich hungern und an die guten frühem Zeiten denken;
scharre ihn zu mir.""

So sprach der alte Wendel, und am andern Tage Hab' ich
ihn sammt dem Melak und dem Saustecher eingescharrt und einen
j Stein auf's Grab gewälzt, sicher, wenn ich nicht irre, acht bis
neun Schuh lang und fünf bis sechs breit. Wie ich von dieser
traurigen Arbeit bin heimkommen, fällt mir erst der Schlüssel
ein, und ich laufe, so spät es schon ist, wieder hinaus in den
Forst an s Grab, und da ich gerade es aufscharren will, hör
ich die Stiiume des alten Jägers, und Melak gibt laut wie ein
junger, und es ist als ob ein Haufe Jäger sich mit wildem
Hußahoh und Horridoh herumtrieben. Dabei war Alles stock-
finster, und es wüthete der Wind, als ob er die Eichen alle
abknicken wollte. Da kam es mir aber doch vor, als ob ich
mich ein wenig fürchtete, und ich segnete mich mit dem Kreuz- j
zeichen, denn ich war ja damals noch ein dummer Bube, spannte
meine Armbrust und dachte bei mir selber: was dir in die
Schußlinie kommt, schießest du zusammen, und wenn es der leidige
Satan wäre, und ging langsam und unverrichteter Sache wieder
heim, ohne daß mir sonst etwas passirte. In der Hütte ange-
kommen, zündete ich alsbald einen Birkenspahn an, steckte ihn
in den Haken an der Herdwand und brach mit dem Waidmesser
den Kasten auf. Da fand ich ein überschriebenes Papier und
eine über halbvolle Flasche. Ich las und las dieselbe Nacht
durch, und fand da Sachen geschrieben, hol mich der Teufel,
euch Allen würde die Haut schaudern, wenn ihr sie hören
würdet, und mir ging es gerade so, und wenn der Spahn nur
ein Ivenig knisterte, fuhr ich erschrocken auf und fürchtete am
Ende meinen eigenen Schalten. Nach langem Lesen fand ich
endlich, was aus die Flasche Bezug hatte, und da hieß es: im
abnehmenden Monde jeden Morgen drei gute Züge daraus ge-
than, macht Schuß-, Hieb- und Stichfest auf sieben Jahr, und
daneben stand ein Recept, wie und aus was man den Trunk
macht, und ich Hab es so gethan, wie es geschrieben stand und
bis jetzt hat es mir geholfen." —

So weit war der schwarze Wolfgang mit seiner Erzählung

3.>

gekommen, da stand mit einem Mal ein altes Männlein in !
einem grauen Röcklein unter ihnen, grüßte sie freundlich, sich :
nach allen Seiten verneigend, und fragte: „woher des Weges !
und wohin?"

Die Landsknechte aber sagten: „aus dem Kriege daher, wo
es lustig und munter zugeht; und dahin, wo Krieg ist, daß wir
etwas für unfern Säckel erbeuten können."

„Ihr seid wie die Raben," erwiderte das Grauröcklein,
„und mit euch Herrn ist nicht zu spaßen. Wo ihr einzieht, folgt
das Unglück nach, und wo ihr auszieht ist Jubel und Freude."

„Das bringt so unser Gewerbe mit, alter Zigeuner," sprach
einer von den Landsknechten; „bist du ein Pfaffe und willst uns
Beicht hören? Setze dich nur her ins Gras; es wird bald einige
sechs Jahre her sein, daß ich keinem mehr ins Ohr gebrummt
habe; ich will dir Alles laut und haarklein hersagen mit
drei Worten ..."

„Das eben nicht," kicherte das muntere Grauröcklein und
setzte sich zu ihnen ins Gras; „ich suche Leute, die sich vor
keinem Teufel fürchten und für ein gutes Haudgeld steh' ich
mit meiner Haut."

„Da hast du die rechten getroffen," schrieen alle zusam-
men. „Unter uns ist keiner, der nicht mit dem Teufel Bruder-
schaft getrunken, und es heute noch thun würde, wenn Jemand
daran zweifeln wollte. Wie heißt dein Herr, sag an?"

„Kommt nur mit mir, ich werde euch schon mit der Zeit
mit ihm bekannt machen; aber heute ist es kaum möglich.
Deßohngeachtet soll es euch an nichts fehlen, und hier ist
Handgeld, das mögt ihr unter einander theilen."
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Grauröckleins Gäste."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schmolze, Carl Hermann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Geld <Motiv>
Erzählen <Motiv>
Landsknecht <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 53, S. 35
 
Annotationen