8«
Ein Traum.
Mein altes Weib ward zur Megäre
Durch Geiz und Zern und Eifersucht
Ja nicht das Fegefeuer bis« —
Die Hölle selber war mein LooS!""
Sanct Petrus lachte überlaut.
„Wie lange trugst du deine Ketten?"
„„Drei Jahre waren wir getraut —
Ich rief den Tod, mich zu erretten.
Der kam denn auch zu meinem Glück.
Und »ahm di« Alte beim Genick.""
„Drei Jahr bei solchem Ungeheuer,"
Srrach Peter, „das ist ohne Zweifel
„So gnt wie zehn Jahr Fegefeuer,
„Die schreib' ich dir, du armer Teufel,
„Ben deinem Schuldregifter ab —
„Auf dreißig Jahr noch fahr hinab."
„„Schon dank, Herr Petrus! hört nur weiter;
Das dicke Ende kommt noch nach.
Ich dacht', als fie im Sarge lag;
Run endlich wird dein Himmel heiter!
Nun wirst du dich mit ihren Schätzen
Stecht angenehm zur Ruhe setzen.
Doch Prost die Mahlzeit! eitler Wahn!
Da kam ein Schwarm von Advokaten,
Die rochen eine» fetten Braten,
Und fingen zu vrozcffen au.
Sie sparten nicht Papier und Feder,
Und sonnenklar bewies ein Jeder,
Daß sein Elievr nur ganz allein
Der rechte Erbe könne sein.
Fünf Jahr mußt' ich auf Dornen fitzen
Ueber Acten und Termine» schwitzen,
Da war die Erbschaft versportulirt,
Und Alles auf'S Beste regulirt.
Ich rettete von meiner Habe
Ein Hemd und einen alten Flaus.
Da griff ich nach dem Wanderstabe
Und schlich mich still zum Thor hinaus.""
„Du armer Schelm!" rief Petrus heiter,
„Ja ja, man kennt die Actenreiter!
..Solch' ein Prozeß — da muß auf Erden
„Das Leben schon zur Hölle werden!
„Drum seien dir von deiner Schuld
„Zebu Jahre noch hinweggenommen.
„Nun geh und leide mit Geduld —
„In zwanzig Jabrru kannst du kommen."
„„Herr Petrus, das ist schön von Euch!
Ihr seid ein Mann, das steht man gleich,
Mit dem ein Wort fich reden läßt;
Druni seid so gut und hört de» Rest. —
Ich mochte dies uud das probireu,
Ich konnte niemals reüffiren,
Das Elend wuchs mir über'» Kopf; -
Da mußt' ich denn, ich armer Tropf,
Zuletzt als Komödiant agiren.
Ich zog von Land zu Lande
Mit einer Lumpenbande,
In Scheunen und in Ställen
Mit meine» Spießgesellen
Zerfetzt' ich oft ThalienS Kunst,
Um Brod und um Janhagels Gunst.
Ich spielte Helden und dumme Jungen
Ich habe Baß und Sopran gesungen,
Oft gab ich de» Kaiser mit leerem Magen —
Oft war ich König und schlief aus Stroh,
Nach Gage dürft' ich erst gar nicht fragen —
Gab's nur Kartoffeln, so war ich froh.
Der Lorbeer wollte mir auch nicht grünen,
Im Lustspiel pfiff man stets mich aus,
Und schnitt im Trauerspiel ich Jammermienen.
So lachte gleich das ganze Haus;
Und grausam wurd' ich auf die Letzt
Mit Spott und Prügeln fortgehetzt.""
„Das nenn' ich Pech!" sprach Petrus mild;
„Du dauerst mich, du Jammerbild!
„Mit allen steben Höllenplagen
„Hast du dich ja herumgeschlagen!
„Da muß ich wohl auf eigne Hand
„Die Buße, die dir zuerkannt,
„Noch um die Hälfte reduciren,
„Zehn Jahre noch — dann magst du 'reinspazieren."
,,„O lieber Petrus! braver Mann!
Gleich bin ich fertig — hört nur an.
Ich hatt' es endlich ganz begriffen,
Warum ich stets ward ausgepfiffen;
An mir lag nicht die Schuld allein,
Es ist die Sünde unf'rer Dichter —
Sie find ein jämmerlich Gelichter,
Mit ihren faden Schreiberei'».
Da schrieb ich denn, die Kunst zu heben,
Manch' schönes Stück voll Geist und Leben,
Komödien und Trauerspiele,
Und Opernterte auch gar viele —""
„Schriftsteller auch bist du geworden,
„Du Ritter vou dem Hungerorden?"
Frag Petrus: „Nun so sag' doch gleich,
„Bist du zu Brod und Ruhm gekommen,
„Hat man die Stücke angenommen,
„Und kamst du nun auf grünen Zweig?"
,,„O Herr! mein letztes Trauerspiel —
— Hält' ich'S nur bei mir — dieser Styl —
Der Tief' und Fülle der Gedanken —
Der Flug des Geistes ohne Schranken —
Es hätte, darf ich kühnlich sagen,
Mir Königökroae» eingetragen!
Am letzten Acte schrieb ich schon —
Ganz nahe winkte mir der Lohn;
Ein Traum.
Mein altes Weib ward zur Megäre
Durch Geiz und Zern und Eifersucht
Ja nicht das Fegefeuer bis« —
Die Hölle selber war mein LooS!""
Sanct Petrus lachte überlaut.
„Wie lange trugst du deine Ketten?"
„„Drei Jahre waren wir getraut —
Ich rief den Tod, mich zu erretten.
Der kam denn auch zu meinem Glück.
Und »ahm di« Alte beim Genick.""
„Drei Jahr bei solchem Ungeheuer,"
Srrach Peter, „das ist ohne Zweifel
„So gnt wie zehn Jahr Fegefeuer,
„Die schreib' ich dir, du armer Teufel,
„Ben deinem Schuldregifter ab —
„Auf dreißig Jahr noch fahr hinab."
„„Schon dank, Herr Petrus! hört nur weiter;
Das dicke Ende kommt noch nach.
Ich dacht', als fie im Sarge lag;
Run endlich wird dein Himmel heiter!
Nun wirst du dich mit ihren Schätzen
Stecht angenehm zur Ruhe setzen.
Doch Prost die Mahlzeit! eitler Wahn!
Da kam ein Schwarm von Advokaten,
Die rochen eine» fetten Braten,
Und fingen zu vrozcffen au.
Sie sparten nicht Papier und Feder,
Und sonnenklar bewies ein Jeder,
Daß sein Elievr nur ganz allein
Der rechte Erbe könne sein.
Fünf Jahr mußt' ich auf Dornen fitzen
Ueber Acten und Termine» schwitzen,
Da war die Erbschaft versportulirt,
Und Alles auf'S Beste regulirt.
Ich rettete von meiner Habe
Ein Hemd und einen alten Flaus.
Da griff ich nach dem Wanderstabe
Und schlich mich still zum Thor hinaus.""
„Du armer Schelm!" rief Petrus heiter,
„Ja ja, man kennt die Actenreiter!
..Solch' ein Prozeß — da muß auf Erden
„Das Leben schon zur Hölle werden!
„Drum seien dir von deiner Schuld
„Zebu Jahre noch hinweggenommen.
„Nun geh und leide mit Geduld —
„In zwanzig Jabrru kannst du kommen."
„„Herr Petrus, das ist schön von Euch!
Ihr seid ein Mann, das steht man gleich,
Mit dem ein Wort fich reden läßt;
Druni seid so gut und hört de» Rest. —
Ich mochte dies uud das probireu,
Ich konnte niemals reüffiren,
Das Elend wuchs mir über'» Kopf; -
Da mußt' ich denn, ich armer Tropf,
Zuletzt als Komödiant agiren.
Ich zog von Land zu Lande
Mit einer Lumpenbande,
In Scheunen und in Ställen
Mit meine» Spießgesellen
Zerfetzt' ich oft ThalienS Kunst,
Um Brod und um Janhagels Gunst.
Ich spielte Helden und dumme Jungen
Ich habe Baß und Sopran gesungen,
Oft gab ich de» Kaiser mit leerem Magen —
Oft war ich König und schlief aus Stroh,
Nach Gage dürft' ich erst gar nicht fragen —
Gab's nur Kartoffeln, so war ich froh.
Der Lorbeer wollte mir auch nicht grünen,
Im Lustspiel pfiff man stets mich aus,
Und schnitt im Trauerspiel ich Jammermienen.
So lachte gleich das ganze Haus;
Und grausam wurd' ich auf die Letzt
Mit Spott und Prügeln fortgehetzt.""
„Das nenn' ich Pech!" sprach Petrus mild;
„Du dauerst mich, du Jammerbild!
„Mit allen steben Höllenplagen
„Hast du dich ja herumgeschlagen!
„Da muß ich wohl auf eigne Hand
„Die Buße, die dir zuerkannt,
„Noch um die Hälfte reduciren,
„Zehn Jahre noch — dann magst du 'reinspazieren."
,,„O lieber Petrus! braver Mann!
Gleich bin ich fertig — hört nur an.
Ich hatt' es endlich ganz begriffen,
Warum ich stets ward ausgepfiffen;
An mir lag nicht die Schuld allein,
Es ist die Sünde unf'rer Dichter —
Sie find ein jämmerlich Gelichter,
Mit ihren faden Schreiberei'».
Da schrieb ich denn, die Kunst zu heben,
Manch' schönes Stück voll Geist und Leben,
Komödien und Trauerspiele,
Und Opernterte auch gar viele —""
„Schriftsteller auch bist du geworden,
„Du Ritter vou dem Hungerorden?"
Frag Petrus: „Nun so sag' doch gleich,
„Bist du zu Brod und Ruhm gekommen,
„Hat man die Stücke angenommen,
„Und kamst du nun auf grünen Zweig?"
,,„O Herr! mein letztes Trauerspiel —
— Hält' ich'S nur bei mir — dieser Styl —
Der Tief' und Fülle der Gedanken —
Der Flug des Geistes ohne Schranken —
Es hätte, darf ich kühnlich sagen,
Mir Königökroae» eingetragen!
Am letzten Acte schrieb ich schon —
Ganz nahe winkte mir der Lohn;
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Traum"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 59, S. 86
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg