Fliegende Blätter (3.1846 (Nr. 49-72))

Auf dem Schlöffe zu Zeltern war Alles voll Jubel und Freude, denn die Vermählung
der Gräfin mit dem schönen Lenardo sollte binnen wenigen Tagen stattfinden. Auf allen
Treppen und Gängen rannte die Dienerschaft hin und her, in der Küche aber schmorte
und fiedete es in tausend Tiegeln und Pfannen, und der Oberstküchenmeister hatte so eben
eine riefige Bratwurst zum Feuer gesetzt, als plötzlich ein furchtbares Gepolter im Schorn-
steine laut wurde und gleich darauf zwei mächtige Reiterstiefeln und einige gewaltige Löwen-
ratzen zum Vorschein kamen, denen die zwei Besitzer dieser Ertremitäten auf dem Fuße folgten.

Was aber das gräfliche Ehepaar anbetrifft, so lebte dasselbe,
glaubwürdigen Schritfstellern zufolge, noch lange und viele Jahre
im ungetrübtesten Genüsse glücklicher Zuneigung und häuslicher
Zufriedenheit, womit die wunderbare Geschichte vom Grafen
Androklus von Zeltern mit seinem großen Löwen zu Ende geht.

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Als die Frau Gräfin die plötzliche Ankunft ihres edlen
Gemahls erfuhr, überließ fie sich sofort den Ausbrüchen
der ungeheucheltsten Freude — und es läßt fich wohl ver-
muthen, daß der schöne Lenardo nicht minder entzückt war.

Pie wunderbare Geschichte

von Androklus, Graf von Zeltern, mit feinem

Löwen.

Ob nun aber der Graf dieses Ent-
zücken falsch verstand oder überhaupt
die Sache vom Unrechten Standpunkte ,
auffaßte, ist schwer zu sagen, genug,
der schöne Lenardo erlag der Schärfe
Blitziblankas und mit ihm noch viele
Ritter und Hofcavaliere, und was des
Grafen starkem Arme entrann, fiel
dem Löwen in den Rachen.