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ILL Herzog Christophs

Christoph stand eine Weile betroffen, und es that ihm
leid, daß er das fromme Kind willenlos beleidigt.

„Gertraud," sumste er dann, „heißt sie?" Er stand in
Erinnerung an ihre Schönheit versunken. „Ich muß sie Wieder-
sehen — doch, was ist das? Will ich etwa meine Vorsätze
nun auch im Wachen opfern? Traun, jetzt gilt es Muth
zeigen, da zum neuen ein so großes Gewitter über meine
Seelenruhe heraufgezogen und mein Blut größere Brandung
! am Herzen thnt, denn alle Zeit zuvor. Sie ist ja wohl ein
wahrer Engel. — — Fürwahr, ich wüßte nicht, was ich
thäte, wär' sie eines Fürsten Tochter. So will denn der
goldene Traum wahr werden!"

Er trat aus der Kapelle. An der Rathhausstiege standen
die wohlweisen Herren in guter Zahl und machten einer dem
anderen so viele Reverenzen, daß sie gar nicht vom Platze
kommen wollten. Als sie Herzog Christoph wahrnahmen,
beugten sie sich noch tiefer und alle zugleich um ihn, als war'
da ein Kornfeld, drein der Wind von allen Seiten zugleich wehte.

„Gott zuni Gruße, Ihr Herren," sagte Christoph freund-
lich, „was habt Ihr heute zu Stande gebracht?"

„In Unterthänigkeit zu melden," entgegnete der erste,
„haben wir für gut befunden, Hans Heidelolf, Bildschnitzern
von Landsberg, zur Zeit wohnhaft an der Hochbrücke, in
die Stadt und wohlehrsame Bürgerschaft aufzunehmen."

„Dran habt Ihr gut gethan," sprach Christoph, alle Zeit
gereicht es zum Nutzen, kunsterfahrne Männer einzusammeln.
Somit Dank für die Nachricht und dazu alle Huld und Gnade!"
Darauf er sie verließ und den Gang hinab der Hofburg zu-
schritt, nicht minder erfreut über das, was er vernommen,
denn sie über sein gnädiges Antlitz.

In wenigen Tagen war die Werkstatt zurecht gerichtet
und der Bildschnitzer fleißig an der Arbeit von früh bis spät.
„Dem Hupfinsland sind wir Dank schuldig," sagte er am

Wurf und Sprung.

dritten Tag, das Schnitzmesser weglegend, als Gertraud den
Tisch deckte, um ein schlichtes Essen aufzusetzen. „Geld kann
ich ihm keines geben — wie wär' es, wenn ich ihm den
hl. Johannes verehrte, der da hinten steht?"

„Wie Ihr meint, Baterl" warf Gertraud freundlich hin.

„Und du mußt ihm den hl. Johannes überreichen."

„Ich, Vater? — Nun, wenn's sein muß!" Gertraud's
Stirne hatte sich umwölkt.

„Nun, was bist dn so finster, Traud? Er nimmt's halt am
liebsten aus deinen Händen, du gefällst ihm gar gut, Traud." —
In dem Augenblick klopfte es, und der grundgütige, wohl-
weise Herr Florian Hupfinsland trat, gnädig schmunzelnd, ein.

„Ei, ei" rief er, „da komm' ich gerade zur Essenszeit;
wahrlich, speiste ich nicht heute an des Herzog Christoph Tafel,
ich lüd' mich bei Euch zu Gast, ha ha ha!"

„Das wär' mir eine große Ehr'," erwiderte Meister Hei-
delolf, „so aber — Gertraud, trag' das Essen hinaus!"

„Aber laßt Euch doch nicht stören, Meister Hans!" —
sagte Herr Florian.

„Kenn' die schuldige Ehrfiircht," entgegnete der Bild-
schnitzer, und flüsterte der Tochter etwas zu. Sie nahm die
zwei Schüsseln vom Tisch, machte dem Herrn Hupfinsland
einen Knix, und ging ein wenig unmuthig zur Thür' hinaus,
sich auf des Vaters Gebot in Staat zu werfen, um den Jo-
hannes mit Ehren überreichen zu können.

Herr Florian, der nicht wußte, welche Bescherung ihm
zugedacht sei, war mit des Töchterleins Verschwinden nicht
sehr zufrieden, fand aber für besser, seinen Zorn zu verbeißen,
als zu zeigen, und fing an. Großes und Breites zu ihrem
Lob zu verkünden.

Gertraud war kaum in die Küche getreten, als sie Schritte
die Treppe herauf vernahm, und da sie einen Blick hinab-
lenkte, hätte sie fast beide Schüsieln fallen lassen, solch einen
Riß gab's ihr, halb in Schrecken, halb in Wonne. Der
aber herauf kam, hatte sie auch schon gesehen, er sprang,
was er springen konnte, streckte die Arme weit aus und
jauchzte mit mühsam unterdrückter Stimme: „Grüß dich Gott,
meine herzallerliebste Gertraud! O je, wer hält' denn das
gedacht, daß wir uns da wieder sehen!"

„Ja bist du es wirklich Philipp," lispelte Gertraud ent-
zückt, „ist das kein Traum?"

„Warum nicht gar," jubelt' es ihr entgegen, „wahr ist's,
vor dir steh' ich mit Fleisch und Blut."

Gertraud hatte die Schüsseln weggestellt und dafür auf
ihre Hände die schönere Last heißer Küsse genommen. „Ich
weiß nicht, wo mir der Kopf steht, vor lauter Freud',"
stammelte der Spender derselben, und der Gertraud standen
die helllichten Thränen in den Augen, und, über und über
voll Seligkeit, konnte sie kaum reden.

„Aber sag' mir nur — wie — wie kommst denn nach
München?" fragte sie endlich, in die Flur ablenkend.

„Ja weißt es denn nicht, Gertraud? Hab dir's ja sagen
lassen, ist schon vor einem halben Jahr gewesen!" —

J
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herzog Christoph's Wurf und Sprung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schmolze, Carl Hermann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Ratsherr
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 65, S. 132
 
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