Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Herzog Christoph's Wurf und Sprung.

147

„Das wird Euch wenig kümmern," entgegnete Kunrath
noch zorniger. „Macht, daß Ihr von hinnen geht, sonst
! sollt Ihr so trocken nicht nach Hanse ziehen, als Ihr daher
gekommen!"

„Dazu müßt Ihr den Regen abivarten," höhnte Herr
Florian.

„Mit Nichten," herrschte ihn Jener an, der sich seines
starken Armes gar wohl bewußt war, „nierkt Euch, dort ist
viel Wasser, das vorüberfließt!"

„Was," rief der wohlweise Rathsherr, „Ihr Wege-
lagerer, Ihr Nachtschleicher, Ihr höchstverdächtiges Indivi-
duum, Ihr wagt, meiner unbetastbaren Person mit einiger
freventlichen Gewalt und Schmach zu drohen? Nehmt Euch
in Acht, daß ich nicht die Nachtwache rufe und Euch in den
Falkenthurm werfen lasse!"

„Herr," donnerte ihn Kunrath an, „ein Wort mehr und
ich halte Wort! Auf der Stelle sagt Ihr, was Ihr da zu
suchen habt! Doch — am Ende sucht Ihr ganz was Anderes,
denn ich, und wir können in Frieden beisammen bleiben."

Das leuchtete Herrn Florian sehr ein. „Wohlan,"
sagte er, „nichts für ungut, was ich in des Zornes Hitze
gesprochen, aber Ihr wißt, die Minne verwirrt die Sinne!"

„So, Euch treibt die Minne?" höhnte Zunrith.

„So ist es," sagte Herr Florian, „und da ich, nehmt
inir nur nichts für ungut, was ich gesprochen, Euch für einen
i verschwiegenen Ehrenmann halte, so will ich Euch entdecken,
daß mich die Sehnsucht nach des Bildschnitzers Hans Heide-
lols Töchterlein Gertraud hergetrieben."

„Was!" fuhr der Kaufherr auf, „Gertraud!? Herr, nun
aus der Stelle fort, denn mich treibt die Sehnsucht nach des
Bildschnitzers Tochter auch daher, und Ihr werdet Euch wohl
nicht träumen lassen, daß ich, der Fürsten und Königen —
doch wozu Euch da mehr sagen! Fort oder Ihr liegt im
nächsten Augenblicke im geschwollenen Bach!"

„Das laßt Ihr bleiben," kochte Herr Florian auf, „Ihr
Verführer, Ihr kecker Abentheuerer, Ihr Unschuldverderber!"
Dabei riß er den Stoßdegen heraus.

„Ich bin kein Verführer," donnerte ihn Kunrath an,
„und wollt Ihr wissen, wer ich bin, gegen den Ihr nutzlos
die Scheide lichtet und der Euch in den geschwollenen Bach
wirft, so wißt es denn, ich bin Kunrath, der reiche Kauf-
herr zu Anisterdam und Venedig, der Gertraud zu seinem
ehelichen Gemahl erwählt!"

„Das geht mich nichts an," geiferte Herr Florian, „das
kann ein Jeder sagen; Ihr lügt, und wärt Ihr derselbige
Kaufherr, so bekämt Ihr die Gertraud doch nicht, denn sie
wird mein, jetzt habt Jhr's gehört!"

„So möcht' ich den sehen, der mir sie streitig machte,"
brüllte der Kaufherr in höchster Wuth, und packte Herrn Flo-
rian; — in demselben Augenblicke fühlte er sich aber selbst bei
Brust und Knie gepackt, denn Philipp war wie der Blitz her-
übergeschossen und donnerte nun seinerseits: „Ich mache sie
Euch streitig!" gab ihin einen Schwung und schleuderte ihn
in den Bach. „Und Euch mach' ich sie auch streitig!" ging
es nun gen Herrn Florian. Der hatte nicht Zeit, zweimal
zu athmen, als Philipp ihn schon ergriffen, und unter ver-

geblichem Zappeln und Schreien fortgeschleppt; — hup, lag
auch er im Bach, daß das Wasser hoch aufgischte.

„Hütet Euch vor mir," rief Philipp, „denn wenn ich
Euch wieder da treffe, geht's mit dem Wasserbade nicht ab!"
In dem Augenblicke öffnete sich Gertrauds Fenster. Er sah
es und raunte hinauf: „Gute Nacht, mein Engel, leg' dich
nur ohne Sorgen nieder, ich Hab' da nur zwei Herren in's
Wasser geworfen, die dich gern sähen, mir aber ist nirgends
nichts, geschehen. Schlaf wohl, Traud!" Dazu schwenkte er
sein Spitzbarett und ging gen das Rathhaus zu seiner Wege,
der Zeit der wohlweise Rathsherr und wohlreiche Kaufherr
mühsam und unter vielen Rückfällen ans dem Wasser stiegen,
der Eine diesseits, der Andere jenseits.

„Wo ist er!" wüthete Herr Kunrath, „ich muß ihm
den Hals brechen, ha Ihr" — schleuderte er's auf Herrn
Florian hinüber — „Ihr seid auch noch da? Wohl, so' will
ich mit Euch den Anfang machen." Und er suchte den Weg
über die Brücke. — Herr Florian Hupfinsland hatte aber
für diesmal mehr als genug. Triefend über und üher, holte
er aus, so heftig er konnte, und verschwand in Kürzen, am
Gäßlein bei der heil. Geistkirche, wo er in ungeheuerer Wuth
das Wasser aus dem Mantel wand, so weit er zu konnte,
und drohte: „Wartet, Herr Philipp, das bricht Euch den
Hals, ich geb' es nicht nach, bis Ihr auf dem Rade liegt,
daß Euch die Raben fressen!"

Herr Kunrath, der, des Weges ohnedieß unkundig, län-
ger brauchte, bis er durch die Fässer, Balken und Schrägen !
an der Brücke herüberfand, hörte deßhalb zu keiner Zeit auf, 1
zu rufen: „Woist der verwegene Raufer: Wenn's keine schlechte
List gilt, steh' ich allerwärts zu Feld! Wo bist du, wo seid
Ihr Beide?" Er zog den Stoßdegen und fuchtelte im größten
Griinm links und rechts an den Häusern herum, wo er nur j

einen schwarzen Fleck sah, konnte aber nichts finden von seinen
Gegnern, so er auch focht und donnerte bis zum Rathhaus-
thurm und noch weiter. Aus allen Fenstern fuhren Köpfe
mit allerhand schwarzen und bunten Schlafmützen. Auch der
Bildschnitzer sah hinaus, schüttelte den Kopf und sagte zur
Gertraud, die Alles mitangesehen: „Da schau Gertraud, ich

I»*
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herzog Christoph's Wurf und Sprung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schmolze, Carl Hermann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Degen
Kaufmann <Motiv>
Straße <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 67, S. 147
 
Annotationen