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Der Schnei

nur lautes Sumnien und Brummen die ungeduldigen Hausen,
das immer lauter und lauter, und endlich unter Schreien und
Pfeifen und Toben zum wilden Sturme ward.

„Was — nicht fliegen will die dürre Häringsseele, und
hat uns zwanzig Stunden weit hergesprengt, um uns für den
Narren zu halten ?" schrien die Einen, und: „Wir haben doch
bezahlt," die Andern: „wenn er uns noch länger warten läßt,
soll er bald mehr Schläge auf dem Rücken, als Geld in der
Kassa haben."

„Fliegen muß er," brüllten die Wüthendsteu. „und wenn
er das Genick auch zehnmal bräche; werft den Kerl herunter,
dann wird er die Flügel bald in Bewegung setzen."

Am übelsten wurde der schneiderlichen Prozession mitge-
spielt, welche sich um den Thurm herum voll triumphirenden
Stolzes aufgestellt, und nun die erste Gewalt des allgemeinen
Sturmes auszuhalten hatte. Die derbsten Spott- und Schimpf-
reden waren den bedrängten Schneidern noch das Willkom-
menste von Dingen, die ihnen von allen Seiten hageldicht
cntgegenflogen. Der beflügelte Bock hatte im Nu mehr als
eine Lasur von Koth auf dem Leibe. Ta hieß es: rette sich
wer kann! Meister und Gesellen liefen, so schnell es im Ge-
dränge eben gehen mochte, davon, und ließen ihren Banner
wie ächte Schneider im Stich. Ter Bock war als Schlacht-
opfer der wüthenden Menge verfallen und bald in tausend
Stücke zerrisien. Darüber war die ehrsame Schneiderzunft
nicht ini mindesten ungehalten; brauchte sie doch die fatale
Spotttrophäe nun nicht eigenhändig zu vernichten.

Plötzlich feflelte ein Trompetenstoß die allgenieine Auf-
, merksamkcit Ein Ausrufer ging rund um den Münster herum
; und las folgende Bekanntmachung ab:

„Anbetrachts was Maßen der Schneider sich verpflichtet,
Allerhöchsten Angesichts Seiner Majestät des Königs und vor

»er von Ulin.

. dem pudliao mittelst selbsterfundener künstlicher Flügel sich '
| als Aeronaut unter dem heutigen dato zu produciren: so ist !
zu Recht beschlossen und befohlen, und ivird hicmit jedermän-
niglich bekannt gegeben, daß der Schneider uachdrucksamst zur
pünktlichen Erfüllung seiner freiwillig eingegaugenen Ver-
pflichtung ohne Zeitverlust solle angehalten werden; in Er-
wägung jedoch, daß heut ein Freudentag für Alle ist, und
nicht ivohl angeuoinmen werden kann, daß es besagtem Schnei-
' der Lust und Vergnügen mache, sich zur Erlustigung der aller-
| höchsten, hohen und ordinären Zuschauer den Hals zu brechen:
i so wird ihm nicht gestattet, die hohe Gallerie des ehrwürdigen
Münsterthurines zu seinen Faxen zu benutzen, sondern er soll
degradirt werden, und werden dessentwegen bereits Anstalten
am Donauufer, auf dem Anger „Elend" zubenannt, getroffen,
wo nunmehro der leider nicht zu leicht befundene Erfinder
zu fliegen hat, was hiemit dem verehelichen pudlioo geziemend
angezeigt wird, von dessen bekannter Ordnungsliebe man es
sich gewiß im Voraus versehen darf, daß es sich ruhig ins
„Elend" verfügen wird."

Diese huldreiche Aufforderung der hohen Polizei wurde
mit ungeheucrm Jubel beantwortet. Aller Mißmuth war ver-
schwunden, und Heiterkeit und Scherz kehrten wieder. „Ins
Elend, ins Elend!" rief Alt und Jung vergnügt, und das
Volk wogte, als wolle ein Strom sich in den Strom er-
gießen, dem Ufer der Donau zu.

Auf dem „Elend" waren wirklich ein paar Dutzend
Zimmerleute in vollster Arbeit begriffen, ein günz einfaches
Gerüste, wie für einen wasserspringenden Kunstfeuerwerker, zu
errichten. Es bestand nur aus zwei himmelhohen Tannen,
zwischen welchen in einer Höhe von wenigstens fünfzig Fuß
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Schneider von Ulm"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schneider
Trompete <Motiv>
Adler <Motiv>
Ausrufer <Motiv>
Kostüm
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 72, S. 186
 
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