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IO Thürmers

„Wie gut Ihr seid", sprach er. „Nein, Ihr habt schon
ein so liebes, freundliches Aussehen, daß ich Euch mein ganzes
• Vertrauen schenken könnte!"

„So —?" versetzte Jener. „Wollt Ihr Euere Verbrechen
gestehen?"

„Gern," riefHeinrich, „wenn ich nur was begangen hält' —!"

„So pfeift der Vogel?" fiel Herr Paunacker finster ein;
„nun das wird sich schon zeigen."

„Aber ich bin gewiß unschuldig!" betheuerte Heinrich.

„Das wird sich schon zeigen," donnerte ihn sein trotziger
Nährvater an. „Wollt Ihr nicht gestehen, so wird man Euch
im Falkeuthurm schon dazu bringen! Sollt Ihr aber auch
unschuldig sein, allemal ist's gut, daß Ihr eingesperrt seid,
denn Ihr seid wohl ein lockerer Gesell! — da!" Bei diesem
Worte setzte er den Krug fest hin.

„Der Teufel fahre in Eueren Krug," rief Heinrich, „trinkt
das Wasser selbst!" Wie der Wind fuhr er an ihm vorüber
und zur Thüre hinaus, die er zuschlug und eiligst sperrte. Eben
so ging es bei der äußeren Thüre, und unbekümmert um das
Geschrei des Herrn Paunacker, eilte er, den ganzen Schlüssel-
bund in der Hand, über die Straße in die Bogen und von
da über den Platz nächst St. Onuphrius unter die andern
finsteren Bögen. Hier stand er still, aber jetzt drangen die
Sorgen erst recht auf ihn ein. Es war Nacht, alle Häuser
waren geschloffen, die Stadtthore auch, und wollte er in der
Stadt bleiben, so hätte der Helle Tag ihm noch weniger Sicher-
heit gebracht, und fort — fort von München, wo die Els-
beth lebte — nimmermehr!

Wie er so ganz rathlos dastand, klang die zehnte Stunde
vom Petersthurm herab. Es ward ihm, als habe der Himmel
ihm einen Wink gegeben.

„Gottes Stimm' ist gute Stimm'!" sagte er rasch und freu-
dig bewegt. Sein Muth kehrte zurück. „Schreit zu, Herr Pan-
nacker, und vergebt, daß ich den Schlüssel nicht ablasse!" höhnte
er gutmüthig zurück; drauf wollte er eilig die Bögen entlang
und zu St. Peter hinüber. Ta hielt er wieder an. Er hörte
! Kunrad's, des alten Nachtwächters hohle Stimme, vom Rinder-
markt herabtönen. Tie Hellebarde fürchtete er tvohl nicht, aber
j besser dünkt' es ihm doch, sich hinter einem Kram zu verbergen.

Bald stand der Alte nahe bei ihm an der Ecke still. Heftig
stieß er in das Horn und rief dann:

Ihr Herren und Frauen
Laßt Euch sagen,

Thut's litt viel trauen
Und nit wagen,

Gebl's Acht aut Feuer und Licht,

Daß kein Unglück geschicht,

Bel'S, daß der Türk nit kommt

Und Pesth und Noth

Und der Zchwed — helf Gott!

Worauf er wieder in das Horn stieß und seiner Wege gehen
, wollte. Jetzt aber vernahm er das Lärmen vom Rathhaus herüber.

„Was ist das?" knurrte er. „Meiner Seel', das kömmt
von der Gitterkeuch', da haben sie Einen eingesperrt. Wart, ich
will dir mit der Hellebard' am Fenster raspeln, wenn d' keine

Töchterlein.

Ruh' gibst, du Kreuzwetter-Sapperment mit deinem Rumorn,
daß die Rathsherrn nit schlafen können und ihre Frau'n. Er
stellte die Laterne nieder, da er wieder hieher zurückkchren mußte,
und eilte, so gut es ging, aus das fragliche Fenster los. Hein-
j rich aber raunte: „Gott sei's gedankt, jetzt ist der Weg gut
finden!" Kaum war Herr Kunrad auf halbem Wege, als Jener
j die Laterne ergriff, und mit den Worten: „Himmel, jetzt hilf, I
daß ein Schlüssel aussperrt oder der andere!" eilteer zum Thurm.
Einer — der zweite — der dritte — der vierte sperrte auf — t
drin war er. — Herr Kunrad war mittlerweile auch an Ort
und Stelle, und arbeitete mit vielen Schmähungen auf das Git-
ter los, daß es hallte und schallte. Endlich überbot der Gefan-
gene den Lärmen. „Treibt Euch der Teufel?" ging cs los.
„Kennt Ihr mich denn nicht? Ich bin ja Petrus Paunacker,
hört doch auf mit dem Schlagen und Rumoren!"

„Ihr seid's?" gab der Nachtwächter zurück. „Wie kommt
' Ihr da hinein?"

Unter großen Klagen gab Jener von Heinrichs Streich Be- j
richt, und verlangte Allarm, aus daß er von seiner Haft befreit
werde. Aber das war in den Wind geredet. Längst war die
Schließerstellc Kunrad's heißester Wunsch gewesen undHerrPan-
nacker ihm vorgezogen worden. Er konnte also jetzt trefflicheRache
nehmen, weßhalb er höhnte: „Was? Euch hätte ein Arrestant
eingesperrt? Alle Zeit ist das erlogen! Ihr habt wohl selbst einen
schlechten Streich vollsührtund sitzt jetzt selber einmal imKäfig!"
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Thürmers Töchterlein"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Muttenthaler, Anton
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Nachtwächter
leuchten
Hellebarde
Karikatur
Krug <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 4.1846, Nr. 74, S. 10

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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