Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Da verschwamm das traurige Bild von Sarg und Leiche
vor dem umnachtenden Flore, den eine Ohnmacht mitleidsvoll
ihm um die Sinne zog, und im nächsten Momente lag er ohne
Bewegung und Pulsschlag, selbst einer Leiche ähnlich, auf dem
Boden der Vorhalle,

Von diesem verhängnißvollen Augenblicke an kam Ehrlich nicht
mehr zum klaren Bewußtsein. Eine schnell um sich greifende ge-
fährliche Krankheit wühlte in seinem Innern, Wohl erwachte er
noch einMal in seiner Wohnung zum Leben, in welche man ihn
mittlerweile zu Bette gebracht, doch er kannte weder den Arzt
noch sonst Jemand. Sein Blick starrte wirr vor sich hin, und
in dieser Lage hatte sein geistiges Auge furchtbare Visionen.

Er sah die bleichen thränenfeuchten Gesichter der Armen,
mit denen er so hart verfahren; die um ihr Geld Betrogenen
rangen vor ihm verzweifiungsvoll die Hände und fluchten ihm,
der sie so grenzenlos elend gemacht; dann hörte er wieder die
heißen Gebete um Rettung aus dem Munde Derer, die er
pfänden und denen er das' Unentbehrlichste aus verstocktem fühl-
losen Herzen hinwegnehmen ließ; er sah die kleinen Leichen
jener Kinder, denen die fahrläßige Pflege und die unmenschliche
Entziehung der zur gesunden Körperentwicklung nöthigen Kost
ein frühes Grab bereitet hatte, und der drohende Schatten
mancher Wöchnerin, die bei seinem Weibe gestorben, schwebte
mit zürnendem Geisterblicke über das Schmerzenslager des mit
dem Tode Ringenden hin.

Seine Augen traten starr hervor, als wollten sie aus den j Um den Becher des Entsetzens, aus welchem der Gepeinigte
Höhlen springen, und die fast zahnlosen Kinnladen schlugen frö- bereits mit vollen Zügen trank, überschäumend anzufüllen, neigte
stelnd an einander. Er glaubte unter den Einwirkungen eines sich jetzt auch noch durch dieses luftige Gemengsel gräßlicher
bösen häßlichen Traumes zu leiden; doch der Spuck, so viel er
auch schaute und sich anstrengte, schwand nicht, und
immer klarer und deutlicher sah er wenige Schritte
vor sich einen breiten Sarg, und drinnen lag im
schwarzen Leichengewande — sein Eheweib.

Ja es war seine Lebensgefährtin, die während seiner
Abwesenheit plötzlich vom Schlage gerührt, gestorben.

Nicht der Schmerz der Liebe war es, der den Mann
bei dem Ansichtigwerden dieser Leiche so gewaltig ergriff.

Nein, er zitterte im haarsträubenden Entsetzen vor dem
Tode, an welchen er, der herzlose Wucherer, nur selten
und nie mit Ernst zu denken gewagt hatte. Dabei fühlte
er nur zu sicher, daß das Uebel, das ihn befallen, mehr als
die Annäherung eines gewöhnlichen Unwohlseins sei.

Jetzt läutete das Abcndglöcklein und Ehrlich glaubte
in dem Schall der Glocke ein Zeichen zum schleunigen
Aufbruche zu erkennen. Es war zum ersten Male,
daß jene ihm so friedlichen Klänge wie Anmahnungen
des Geisterrciches ihn erbeben ließen; seine Hoffnun-
gen und Sorgen fuhren erschrocken auf, und schauten
unter dem entsetzlichen Gefühle eines nahen Todes
über den schmalen Rand des Lebens hinab. — Und
wohin? — In einen unermeßlichen Abgrund — in
eine für ihn furchtbare Ewigkeit!

Der Wucherer.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Wucherer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Teufel <Motiv>
Gerechtigkeit <Motiv>
Schrecken
Toter <Motiv>
Albtraum <Motiv>
Karikatur
Traum <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 4.1846, Nr. 84, S. 90
 
Annotationen