Fliegende Blätter (4.1846 (Nr. 73-96))

Die wilde Jagd.

Mas glänzt dort im Walde bei Mondenschein?
Seh's näher und näher schon funkeln.

Das wird doch der schwäbische Wolf nicht sein!
Es setzet wie toll über Graben und Stein;

Es leuchten die Augen im Dunkeln. —

Und wenn ihr die grünen Weidmänner fragt,
Das ist auf den Währwolf die lustige Jagd. —

Was leuchtet vom Walde wie Flammenschein?
Horch, dumpfes Stöhnen und Brausen!

Die armen Lämmer sie blocken darein, —

Was ist's, das dem ehrlichen Bäuerlein
Erfüllet die Seele mit Grausen?

Und wenn ihr die armen Schafhirten stagt,
Sind's Wachfeuer; daß man die Wölfe verjagt.

Was hallt dort im Thale für dumpfes Geschrei?
Hört näher und näher es heulen. —

Schon kommt es ganz an die Hürden herbei,

Der Schafhund tobt wie ein grimmiger Leu,

Das Brummen hört man aus Meilen. —

Und wenn ihr den armen Schäfersmann fragt,
Jst's der schwäbische Wolf, der die Heerden verjagt. -

Was scheidet dort röchelnd vom Sonnenlicht,

Unter jubelnde Feinde gebettet?

Es zuckt der Tod auf dem Angesicht;

Doch die schwäbischen Helden erzittern nicht.

Das Vaterland ist ja gerettet!

Und wenn ihr die bärtigen Waldschützen fragt,

So verendet das Raubthier nach wilder Jagd. —

Was zieht dort rasch durch den finstern Wald,

Und streift von Bergen zu Bergen?

Es legt sich in nächtlichen Hinterhalt,

Das Hurrah jauchzt und die Büchse knallt, —
Doch weiß sich der Wüthrich zu bergen. —

Und wenn ihr die grünen Verfolger fragt,

Jst's der reißende Wolf, an den Keiner sich wagt.

Die wilde Jagd und die schwäbische Jagd
Auf das Wolssgeschlecht in Masten!

Drum ihr armen Schäfer, nicht weint, noch klagt,
Das Land ist ja frei, und der Morgen tagt.
Mußt' auch mancher Schafskopf erblasten! —

Und von Enkeln zu Enkeln sei's nachgesagt:

Das war Lützow's*) wilde verwegene Jagd.

*) Hier ist nicht das Lützow'jche Freikorps von 1813 gemeint, sondern das Jagdpcrfonal des Württemberg. KreiS-OberforstmeisterS
Grafen v. Lützow, welches bei dem Streifzug auf den Wolf sich hervorthat.