Die Weissagung
schon hart hinter ihm und griffe nach ihm mit gierigen •
Händen.
„Ja, wie denn, und wo denn? das ist der Haken, an
dem Eure Lust hängen bleiben wird; cs gilt einen tüchtigen
Entschluß!"
„Na, redet nur, ehe ich... verdammt!" und damit schlug
der Müller auf den Tisch, „eher gehe ich, Gott weiß wohin!"
„Habt doch wohl schon gehört von dem großen Lande
Amerika?" fragte der Fremde.
„Um Gotteswillen.. dort?" fuhr der Müller drschrocken
zurück.
„Na, da haben wir's! ich sagt's ja gleich! das ist der
Haken!" spottete der Fremde. „Bleibt nur, bleibt, zahlt
Steuern, seid hübsch fleißig an den Herrentagen."
„Nun wartet nur, wartet nur! Also Amerika... wo
die wilden Menschen sind und die giftigen Schlangen!"
„Dummes Zeug! Amerika ist groß, das Land ist recht-
mäßig erworben, geht den wilden Menschen gar nichts mehr
an — und Schlangen? pah!"
„Und heiß soll's sein, daß kein Mensch ausdauern kann!"
„'s ist dort nicht anders wie hier, im Sommer
warm, im Winter kalt. Aber fruchtbar ist das Land und
Wald gibt's, meilenweit Baum an Baum und Flüsse und
Bäche genug. Ich bin Agent, daß ich's Euch nur sage, und
suche Leute, die hinübergehn wollen, und wer kommt, der
erhält ein Stück Land, so groß wie er's haben will, umsonst
für alle Zeit, und die Ueberfahrt kostet wenig."
Ucber's Meer, über's Meer!" klagte der Müller.
Ja freilich über's Meer! Das ist nun wohl etwas
Entsetzliches! Unbequem ist's im Anfang; denkt, Ihr wäret
ein paar Monate krank, dann ist's überstanden."
Dem armen David erschien die Welt in diesen Augen-
blicken nicht gerade als die beste; wo er hinschaute, blickte
ihm eine unerfreuliche Zukunft entgegen; entweder binnen
Jahresfrist ein leibeigener Mensch, allen Plackereien blosge-
stellt, oder Trennung von dem Heimaththale, eine lange Reise
durch das Land, eine Fahrt auf dem Meere, auf dem tiefen
bodenlosen Meere in einem zerbrechlichen Schiffe. Was er
nur je gehört von Sturm und Schiffbruch und allen Leiden
einer Seefahrt, lastete wie ein ängstliches Traumgesicht auf
seiner Seele. Und war auch die Meeresfahrt glücklich über-
standen, war er drüben gelandet, ohne untergegangen zu sein
— dann lag das große, unheimliche, heiße, von Schlangen
und anderm giftigen Gewürm wimmelnde, von wilden Thieren
und noch wilderen Menschen erfüllte Amerika vor ihm! Da
war die Wahl zwischen zwei Uebeln wirklich schwer, und er
wußte nicht, welches das größere sei. Der Fremde aber hatte
eine ganz eigene Kunst mit seinem trocknen Spott und sei-
ner geringschätzigen Art zu sprechen, alle Besorgnisse, wenn
nicht zu verscheuchen, doch zurückzudrängen; man konnte
ihn nicht reden hören, ohne sich jeder Regung von Furcht
und Sorge zu schämen; er pries das Land drüben nicht mit
pomphaften Worten, er läugnete gar nicht, daß die Seefahrt
anfangs beschwerlich und unangenehm, aber er fragte immer
der Zigeunerin. 19
wieder, ob es sich nicht lohne, mit einer Unlust von ein paar
Monaten einer lebenslänglichen, ja bis auf die fernsten Enkel
herabreichenden Knechtschaft zu entgehen. „Was Ihr da von
Schlangen, wilden Thieren und wilden Menschen Euch zusam-
menträumt, das ist Alles Unsinn! Das Land, in dem Ihr
wohnen sollt, ist vertragsmäßig erworben von den Indianern,
und Ihr habt drüben von ihnen gerade so viel zu fürchten,
als hier etwa von den Franzosen oder andern Völkern. Schlan-
gen mögen genug drüben sein in den heißen Ländern, und an
Tigern und Panthern mags auch nicht fehlen, aber da wo
Ihr wohnen sollt, und wo der Winter kalt ist, gedeiht sol-
ches Vieh so wenig wie hier. Bären und Wölfe habt Ihr
ja auch hier und doch bleibt Ihr ruhig hier wohnen. Es
ist kein Thier so schlimm als der Mensch, und vor Men-
schen, die Euch knechten und Euch dessen berauben, was Ihr
mit Fleiß und Mühe erworben, seid Ihr sicher. Aber macht,
was Ihr wollt. Wenn Ihr den Muth nicht habt, bleibt
zurück; es ist nicht Jeder dazu gemacht, etwas Neues anzn-
fangen, und wer es durchzuführen nicht die Kraft hat, fängts
am besten gar nicht an."
Der Brettmüller war schon um vieles beruhigter, als
er im weitern Verlaufe des Hin- und Herredenö fragte:
„Aber wie ist's denn, was kann den Engländern daran lie-
gen, daß ich einen bessern Platz bekomme. Sie wollen mir
Land schenken? Für nichts und wieder nichts verschenkt Nie-
mand Land, auch die Engländer nicht. Da muß doch noch
etwas dahinter stecken."
„Ihr seid ein verständiger Mann," erwiderte der Agent,
„das beweist Eure Frage, die so nahe liegt, und die doch noch
kein Einziger von Allen denen, mit welchen ich um der Sache
willen verhandelt habe, gcthan hat. Ihr werdet, wenn Ihr
Euch entschließen könnt, sicherlich Euer Glück dort machen.
Ich will's Euch erklären, wie das zugeht, daß die Engländer
Euch Land schenken wollen. Freilich thun sie'S nicht aus
bloßer Großmuth. Aber wie ist's denn drüben mit Eurem
Thalc? Wenn Euer Vater nicht dorthin gezogen wäre, kein
Mensch fragte darnach. So ist's drüben auch. Land genug
ist da, aber die Leute fehlen, die es nutzbar machen. Nun
verschenken die Engländer einige tausend Morgen und mehr
an fleißige Leute, die bauen sich dort an, und das Land
rings umher können sie dann verkaufen, denn wo schon Men-
schen wohnen, da siedeln sich gern Andere dazu. Ihr aber
und Eure Nachkommen behaltet für ewige Zeiten das Land,
das Euch gegeben ist. Nach zwanzig. Jahren aber seid Ihr
ein reicher Mann mitten im angebauten Lande, dessen Werth
mit jedem Jahre wächst."
„Das klingt schon nach etwas," entgegnete der Müller.
„Aber sagt mir doch,, warum bieten denn die Engländer
nicht ihren eigenen Landsleuten das an, wenn's so vortheil-
haft ist, warum wenden sie es denn Fremden zu?"
„Ei von England' aus gehen auch welche hin, aber
's ist immer noch Raum da,, und da wir Deutschen bekannt
sind als fleißige Leute, und da die Zustände hier zu Lande
elend genug sind, so daß Mancher froh ist, fortzukommen, so
3"
schon hart hinter ihm und griffe nach ihm mit gierigen •
Händen.
„Ja, wie denn, und wo denn? das ist der Haken, an
dem Eure Lust hängen bleiben wird; cs gilt einen tüchtigen
Entschluß!"
„Na, redet nur, ehe ich... verdammt!" und damit schlug
der Müller auf den Tisch, „eher gehe ich, Gott weiß wohin!"
„Habt doch wohl schon gehört von dem großen Lande
Amerika?" fragte der Fremde.
„Um Gotteswillen.. dort?" fuhr der Müller drschrocken
zurück.
„Na, da haben wir's! ich sagt's ja gleich! das ist der
Haken!" spottete der Fremde. „Bleibt nur, bleibt, zahlt
Steuern, seid hübsch fleißig an den Herrentagen."
„Nun wartet nur, wartet nur! Also Amerika... wo
die wilden Menschen sind und die giftigen Schlangen!"
„Dummes Zeug! Amerika ist groß, das Land ist recht-
mäßig erworben, geht den wilden Menschen gar nichts mehr
an — und Schlangen? pah!"
„Und heiß soll's sein, daß kein Mensch ausdauern kann!"
„'s ist dort nicht anders wie hier, im Sommer
warm, im Winter kalt. Aber fruchtbar ist das Land und
Wald gibt's, meilenweit Baum an Baum und Flüsse und
Bäche genug. Ich bin Agent, daß ich's Euch nur sage, und
suche Leute, die hinübergehn wollen, und wer kommt, der
erhält ein Stück Land, so groß wie er's haben will, umsonst
für alle Zeit, und die Ueberfahrt kostet wenig."
Ucber's Meer, über's Meer!" klagte der Müller.
Ja freilich über's Meer! Das ist nun wohl etwas
Entsetzliches! Unbequem ist's im Anfang; denkt, Ihr wäret
ein paar Monate krank, dann ist's überstanden."
Dem armen David erschien die Welt in diesen Augen-
blicken nicht gerade als die beste; wo er hinschaute, blickte
ihm eine unerfreuliche Zukunft entgegen; entweder binnen
Jahresfrist ein leibeigener Mensch, allen Plackereien blosge-
stellt, oder Trennung von dem Heimaththale, eine lange Reise
durch das Land, eine Fahrt auf dem Meere, auf dem tiefen
bodenlosen Meere in einem zerbrechlichen Schiffe. Was er
nur je gehört von Sturm und Schiffbruch und allen Leiden
einer Seefahrt, lastete wie ein ängstliches Traumgesicht auf
seiner Seele. Und war auch die Meeresfahrt glücklich über-
standen, war er drüben gelandet, ohne untergegangen zu sein
— dann lag das große, unheimliche, heiße, von Schlangen
und anderm giftigen Gewürm wimmelnde, von wilden Thieren
und noch wilderen Menschen erfüllte Amerika vor ihm! Da
war die Wahl zwischen zwei Uebeln wirklich schwer, und er
wußte nicht, welches das größere sei. Der Fremde aber hatte
eine ganz eigene Kunst mit seinem trocknen Spott und sei-
ner geringschätzigen Art zu sprechen, alle Besorgnisse, wenn
nicht zu verscheuchen, doch zurückzudrängen; man konnte
ihn nicht reden hören, ohne sich jeder Regung von Furcht
und Sorge zu schämen; er pries das Land drüben nicht mit
pomphaften Worten, er läugnete gar nicht, daß die Seefahrt
anfangs beschwerlich und unangenehm, aber er fragte immer
der Zigeunerin. 19
wieder, ob es sich nicht lohne, mit einer Unlust von ein paar
Monaten einer lebenslänglichen, ja bis auf die fernsten Enkel
herabreichenden Knechtschaft zu entgehen. „Was Ihr da von
Schlangen, wilden Thieren und wilden Menschen Euch zusam-
menträumt, das ist Alles Unsinn! Das Land, in dem Ihr
wohnen sollt, ist vertragsmäßig erworben von den Indianern,
und Ihr habt drüben von ihnen gerade so viel zu fürchten,
als hier etwa von den Franzosen oder andern Völkern. Schlan-
gen mögen genug drüben sein in den heißen Ländern, und an
Tigern und Panthern mags auch nicht fehlen, aber da wo
Ihr wohnen sollt, und wo der Winter kalt ist, gedeiht sol-
ches Vieh so wenig wie hier. Bären und Wölfe habt Ihr
ja auch hier und doch bleibt Ihr ruhig hier wohnen. Es
ist kein Thier so schlimm als der Mensch, und vor Men-
schen, die Euch knechten und Euch dessen berauben, was Ihr
mit Fleiß und Mühe erworben, seid Ihr sicher. Aber macht,
was Ihr wollt. Wenn Ihr den Muth nicht habt, bleibt
zurück; es ist nicht Jeder dazu gemacht, etwas Neues anzn-
fangen, und wer es durchzuführen nicht die Kraft hat, fängts
am besten gar nicht an."
Der Brettmüller war schon um vieles beruhigter, als
er im weitern Verlaufe des Hin- und Herredenö fragte:
„Aber wie ist's denn, was kann den Engländern daran lie-
gen, daß ich einen bessern Platz bekomme. Sie wollen mir
Land schenken? Für nichts und wieder nichts verschenkt Nie-
mand Land, auch die Engländer nicht. Da muß doch noch
etwas dahinter stecken."
„Ihr seid ein verständiger Mann," erwiderte der Agent,
„das beweist Eure Frage, die so nahe liegt, und die doch noch
kein Einziger von Allen denen, mit welchen ich um der Sache
willen verhandelt habe, gcthan hat. Ihr werdet, wenn Ihr
Euch entschließen könnt, sicherlich Euer Glück dort machen.
Ich will's Euch erklären, wie das zugeht, daß die Engländer
Euch Land schenken wollen. Freilich thun sie'S nicht aus
bloßer Großmuth. Aber wie ist's denn drüben mit Eurem
Thalc? Wenn Euer Vater nicht dorthin gezogen wäre, kein
Mensch fragte darnach. So ist's drüben auch. Land genug
ist da, aber die Leute fehlen, die es nutzbar machen. Nun
verschenken die Engländer einige tausend Morgen und mehr
an fleißige Leute, die bauen sich dort an, und das Land
rings umher können sie dann verkaufen, denn wo schon Men-
schen wohnen, da siedeln sich gern Andere dazu. Ihr aber
und Eure Nachkommen behaltet für ewige Zeiten das Land,
das Euch gegeben ist. Nach zwanzig. Jahren aber seid Ihr
ein reicher Mann mitten im angebauten Lande, dessen Werth
mit jedem Jahre wächst."
„Das klingt schon nach etwas," entgegnete der Müller.
„Aber sagt mir doch,, warum bieten denn die Engländer
nicht ihren eigenen Landsleuten das an, wenn's so vortheil-
haft ist, warum wenden sie es denn Fremden zu?"
„Ei von England' aus gehen auch welche hin, aber
's ist immer noch Raum da,, und da wir Deutschen bekannt
sind als fleißige Leute, und da die Zustände hier zu Lande
elend genug sind, so daß Mancher froh ist, fortzukommen, so
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