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71

Die TeufelS-Besch

Allvater aber muß nicht eben
Jedwedem Strolche Antwort geben.

Es thut Natur mit treuem Mund
Ja seinen Willen ewig kund,

Und wem das nicht zu Sinn will gehen,

Der lernt's durch Schaden erst verstehen:

's ist Jedes in der Kett' ein Glied

Und doch des eig'nen Schicksals Schmied. —

Jetzt wälzt sich Görg auf seinem Lager,

Des bösen Herzens wilde Plager:

Der Zorn, die Reue hielten Wacht
An seinem Bett in dieser Nacht;

Doch draußen war cs holder Frieden,

Denn wieder war es Lenz hienieden,

Die Maiennacht, so mild und schön,

Durchzieht ein märchenhaftes Weh'n,

Im Traume sich die Blumen neigen
Und Düfte ihrem Kelch entsteigen.

Waldvöglcin sang so süß, so süß,

Daß selbst der Bach sein Murmeln ließ,

Daß selbst die graubemoosten Rüstern
In sel'gen Jugendträumen flüstern,

Und Edensruhe rings umher!

Ein Herz nur kämpfte bang und schwer:

Das ist des Sünders Kainszeichen,

Daß Schönheit ihn nicht kann erweichen,

Daß er die holde Ruhe flieh'

Und Wohlklaug ihm Disharmonie.

Der Görg auch fühlte diese Pein:

„Warum bin elend ich allein,

Warum nur ich von Gott vergessen?"

So ruft er aus empört vermessen;

„Was soll mir solch ein elend' Leben?

Ich will dem Teufel mich ergeben!"

Hohnlachend grimmig springt er aus,

Nimmt zu der Kammer seinen Laus,

Wo im Verschluß seit manchem Jahr
Ein Erbstück seines Urahns war;

Vdn ihm bis jetzt gemieden bang,

Ein Buch war's: „Fausti Höllenzwang,"

Das nahm er suchend jetzt zur Hand
Bis er die rechte Stelle fand,

Die las er dreimal wohlbcdächtig,

Dann macht' er auf den Weg sich nächtig.

Er ging hinaus zum Rabenstein,

Grub einen Kreis im Mondenschein
Und rust die Formel der Beschwörung,

Doch fand sein Sprüchlein nicht Erhörung,

Und oftmals ries er noch hinaus
Den Namen voller Fluch und Graus,

Doch wollte es ihm nimmer frommen
Und keinen Teufel sah er kommen;

Voll Wuth im Herzen und Verdruß
Rief er ihn dreimal noch zum Schluß,

Dann wollt' er sich nach Hause wenden,

Die Hölle sollt' ihn nimmer blenden.

Da ward's ihm plötzlich siedend heiß,

Ein finst'rcr Mann betrat den Kreis
Sah schier aus wie ein Börsenkrämcr,

Ein Völkerbluts - Jnt'ressennehmer.

Verwundert schaut ihn Görge an:

„Bist Du es, Meister Urian?"

„Ja wohl, bin ich's!" spricht Jener grimmig,
Und widerhallt es tausendstimmig.

„Was schreist, wie ein Verrückter Du,

Und störest mich in meiner Ruh'?

Glaubst Du, ich Hab' sonst nichts zu schassen,
Als nachzulaufen jedem Laffe»?

Die Hölle wird so stark geheizt,

Daß mir der Rauch die Augen beizt;

Das weite Thor ist noch zu enge
Für all' der Gäste wild' Gedränge;

Hab' keine Ruhe spät und früh,

Daß mir schon langst zu viel die Müh';

Und da kommt Einer hergelaufen
Und will sich mir noch gar verkaufen!

Will für sein Seelchen Goldeswcrth,

Das mir ja so schon längst gehört. —

Ja, anders war's in früher» Jahren,

Da mußt' ich lang die Welt befahren,

Bis ich so einen Ehrenfest
Verlocken konnte in mein Nest;

Der Ofen glühte wochenlange
Bis Einen schob hinein die Zange;

Doch jetzo ist's so voll, daß kaum
Ich selber Hab' darin noch Raum:

D'rum geh' nach Haus vom Pakt unschuldig,
Erwarte Deine Zeit geduldig,

Und lebe fürder wie bis jetzt,

So kommst Du doch hinein zuletzt.

Hast Du Erwerb von hundert Gulden,

So mache dreimal so viel Schulden,

Geh' in die Schenke früh und spat,

Versuche auch des Glückes Rad;

Geht Nachbars Weib im Wollenkleide,

Schaff' Deinem füruehm eiu's von Seide!

Wenn Du dies Alles recht bedenkst
Und meinen Worten Glauben schenkst,

Will ich Dich doch am End' noch holen,
Obwohl zu wenig mir die Kohlen."

Er sprach's und ging von dannen jach,

Der Görge starrt ihm lange nach,

Dann kratzt er sich am wirren Schopfe,

Es wirbelt ihm in seinem Kopfe,

Ging heim und legte sich auf's Ohr
Und brummt': „Ich war ein rechter Thor!"
Doch was sich weiter hat begeben
Mit ihm in seinem spätem Leben,

Ob er den Teufel nochmals sah,

Das steht nicht in der Chronik«.

Es stand ihm Höll' und Himmel offen;

Wir aber wollen's Beste hoffen.

Adolf Sternberg.
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