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Erscheinen wöchentlich ein Mal. Subscriptions--^. ,
. vreisfür den Band von26 Nummern 3ft. 54fr.

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Zcitn ii gserped itioncn angenommen._vd. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. oder L'/^Sgr.

Die schlimme Grcth.

(Fortsetzung.)

Es hieß also: Warten, wie es so oft im Leben heißt.
Eine Ausnahme von der Regel machten aber die Beiden doch
darin, daß ihnen das Warten nicht lästig wurde. Es war
ein gar so schönes, lustiges Leben in der Liebe, das sie führ-
ten, und das ihnen beiden überaus zusagte. Ihre Liebe war
eine rechte Waldlicbe; sie kam unter kein Dach, zwischen keine
einengende Wände, in keine dumpfige Stube. Im Walde
suchten und fanden sic sich, Waldbäume überschatteten sie,
Waldblumen hauchten ihnen ihre Düfte zu, Waldesrauschen
begleitete die Schwüre ihrer Liebe. Sie jagten und haschten
sich, keines wurde müde, keines verstimmt und verdrossen, der
erfrischende Morgenthau fiel auch auf ihre Liebe, sie war
jeden Morgen neu und grünte fort wie im Sommer so im
Winter. Denn auch der Winter störte sie nicht; kürzer wurden !
wohl ihre Zusammenkünfte, aber sie hörten nicht auf, ihre
Gesichter glühten auch unter Schnee und Eis, und es schadete
der Schönheit der Grcth nicht, wenn der weiße Duft sich
an Stirnhaar und Zöpfe ansetzte.

Endlich aber kam auch dieses süßen Wartens Ende. Zu .
der bereits harrenden Grcth unter der Buche kam eines Tags
der Praktikant noch mehr als sonst geflogen und hielt schon
von ferne einen großen Brief in die Höhe: es war seine
Ernennung zum Revierförster. Aus langer, jubelnder Um-
armung riß endlich der neue Förster sich los und rief:
„Morgen, gleich morgen, gehe ich zu Deinem Vater und halte
um Dich an, und dann machen wir Hochzeit, und im Walde,
hier unter der Buche, soll der Hochzeitschmaus sein!"

„O herrlich!" rief die Grcth, „ja, im Walde soll er
sein, nirgends sonst. Denn der Wald hat uns zusammen-
geführt, und im Walde wollen wir leben und sterben!"

Es wurde ausgemacht, die Greth solle den Alten, der

die Ueberraschungcn nicht liebte, heute noch vorbereiten auf
das, was morgen geschehen würde, und um die Mittagsstunde
sollte dann der Praktikant sich einfinden und in bester Form
sein Anliegen Vorbringen. Das ging alles, dachte sic, ganz
glatt und eben; denn der Alte liebte seine Grcth und war
auch den Praktikanten gewogen, die versorgende Stelle war
ebenfalls da, was brauchte cs weiter? Sie schieden, indem
sie verabredeten, morgen in der Frühe sich noch einmal zu
sehen; da sollte die Grcth berichten, wie sie ihre Sache an-

gebracht habe.

Als die Grcth nach dem Abendessen den Tisch abge-
räumt hatte und spinnend an der Seite des Alten saß, der
im Lehnstuhl voll Behagen seine Pfeife rauchte, ließ sic ihr
Geheimniß los, nicht zitternd und zagend, sondern ruhig und
frisch weg, doch nicht ohne zeitweise zu erröthen, wenn der
Alte sie, ohne zu sprechen, scharf ansah. Er erleichterte ihr
aber das Weitermachcn allemal wesentlich dadurch, daß er
nach solchem Blick immer ein Paar furchtbare Züge aus
seiner Pfeife that, durch welche er sich und die Sprechende
für einige Augenblicke in dichte Wolken hüllte. Als sie dann
endete, vom Stuhle aufsiand und, die Hand auf seine Schulter
legend, ihn um seine Einwilligung und seinen Segen bat, da
sah er sie mit einem liebevollen und doch auch zugleich so
fragenden und forschenden Blick an, daß sic sich denselben
nicht zu deuten wußte. Sie wiederholte ihre Bitte, und nun
sprach er:

„Sich', Greth, was Du mir da sagst, überrascht mich
gar nicht. Ich wußte wohl, daß cs so kommen würde. Auch
ist an Deiner Wahl gar nichts auözusctzcn; der Franz ist
ein geschickter und braver Mensch, und ich habe ihn immer
besonders wohl leiden mögen. Du liebst ihn, wie Du sagst,

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