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-O- Handlungen, sowie von allen Postämtern und preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr.V' **0'

Aeitungserpeditionen angenommen. vd. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. oder 2'/, Sgr.

Friese

(Sch

Indessen ging Upke mit langen Schritten dem Vater-
hause zu. Es war ihm eigen zu Muth; er wußte nicht, ob
er sich freuen, sich ärgern oder grämen sollte.

Im Grunde stand er auf dem alten Flecke und hatte
nur die Ueberzeugung gewonnen, daß es ihm trotz aller
Anstrengung nicht gelungen war, sich von Annje loszu-
machen. Aber mit schauerndem Entzücken erinnerte er sich
an den süßen Ton, in dem sie die Worte gesprochen: „Upke,
wenn Du mich ein Bischen lieb hättest". Er stellte sich
vor, wie es sein würde, wenn sie in demselben Tone noch
andere, süßere Dinge zu ihm sagte — und obwohl ihm
dann wieder die alte böse Forderung im Ohre klang: „erst
mußt Du beweisen, daß Du ein Friese bist" — zu dem
alten Zorne gegen das Mädchen kam er nicht mehr. — Sie
wollte nicht, daß er auf immer fortging; sie hatte ihn lieb!
Nicht aus Hcrzenskälte, wie er früher geglaubt, hatte sie ihn
gequält — es war nur eine der Launen, denen nun einmal
nach dem Rathschlusse des Himmels selbst die besten, ver-
nünftigsten Frauen unterworfen sind.

Eine Wciberlaunc war cs ja auch, die zu dem Gerede,
das Upkc'S Glück im Wege stand, den ersten Anlaß gegeben
hatte — eine Laune der sonst so braven Mutter des jungen
Mannes.

Vor vicrundzwanzig Jahren war nämlich Upke Bekaan,
Frau Geertje'ö einziger Bruder, auf den unglückseligen Ein-
fall gekommen, sich als Schiffsbaucr in Hamburg niederzu-
lassen und sich mit einer Hamburgerin zu vcrheirathen. Die
Hochzeit sollte im Elternhausc der Braut gefeiert werden
und obwohl sich Frau Geertje in einem Zustande befand,
in dem das Reisen von Uebel ist, so bestand sie doch darauf,
die Hochzeit mitzumachen. Peter Scholl, der damals für

nprobe.

luß.)

ein holländisches Handelshaus nach Hamburg fuhr, konnte
sie mitnehmen. Vergebens bat Jan Teerling, sie möge um
des Kindes Willen, das ihnen geboren werden sollte, auf
ihren Wunsch verzichten, vergebens warnten Verwandte und
Freunde —' Frau Geertje versicherte mit heißen Thränen,
daß sie im Leben nicht wieder ruhig werden könnte, wenn
sie jetzt das Einzige versäumte, was sie für den armen Bru-
der zu thun vermochte.

Vielleicht war es noch möglich, den Verblendeten vor
dem äußersten Unglück zu bewahren, wenn Geertje seine
Braut in dem unterwies, was zu einer friesischen Wirth-
schaft gehört. Aber das mußte gleich geschehen. War die
Hochzeit vorüber, der Haushalt auf Hamburgisch angefangen,
so war Alles verloren. Frau Geertje zeigte sich bei diesen
Gedanken so untröstlich, daß Jan Teerling zuletzt, trotz des
Wehegeschreies seiner weiblichen und des Spottes seiner männ-
lichen Sippschaft die Einwilligung zur Reise gab.

So schiffte sich denn Frau Geertje ein, kam wohlbe-
halten nach Hamburg, versöhnte sich einigermaßen, mit der
Wahl des Bruders beim Anblick des stattlichen Bürgerhauses,
in das er hineinheirathete, mußte sich aber nur zu bald
überzeugen, daß der Hauptzweck ihrer Reise verfehlt war.
Die Schwägerin lernte zwar ostfriesische Buttermilchgrütze
kochen und Mehlbrei mit Shrup, aber sie blieb dabei, daß
die Hamburger Küche besser wäre und wollte sich weder von
den Vorzügen der kojenartigcn Schlafschränke, noch von denen
des offnen Kamins, mit sanft qualmendem Torffeuer, wie sie
auf der heimischen Insel Sitte sind, überzeugen lassen.

Zum Glück hatte Frau Geertje schon unterwegs ihre
gewöhnliche Gemüthsruhe wieder gefunden. Sie sagte sich
also, daß man Niemand zu seinem Glücke zwingen könne,

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