79
Bureaukratische Studien.
Alte Volksweise.
Ed war ein junger Geselle,
Der hatte ein Mädchen lieb:
Die wollte von ihm nichts wissen,
Da sie's mit Andern trieb.
Daö nahm sich sehr zu Herzen
Das arme junge Blut:
Er seufzte: ich weiß ein Plätzchen,
Wo jeder Kummer ruht.
Im Wald, da liegt ein Weiher,
Ein Schenkhaus steht dabei,
Dort ist der Knab' verschwunden,
Fragt nicht, wohin er sei!
Es hat die Ruh' gefunden
Verschmähter Liebe Pein —
Doch ging er nicht in's Wasser,
O nein — er ging -zum Wein.
Karl Weller.
i
Sonntags große Jagd bei dein Rittergutsbesitzer Haase an-
gesagt war.
Fleck nahm den Bericht mit Widerwillen zur Hand;
seine Stirne glättete sich jedoch, als er die Unterschrift
des Assessor Glatzmeier las. Der Bericht schien zu ge-
fallen. „Ist ein tüchtiger Arbeiter, der Assessor Glatz-
meier" — brummte Fleck vor sich hin — „sehr gut Hier-
amts beleumundet; hat den Gegenstand mit einer ungeheuren
Gründlichkeit bearbeitet, was bei der Schwierigkeit des Falles
um so lobender anzuerkennen ist, als das Lesen der un-
zähligen Beilagen und früheren Verhaudlungs - Akten eine
immense Mühe verursacht haben muß. Ich trage daher mit
Beruhigung auf Genehmigung der Anträge Glahmeicrs an."
Bei der nächsten Sitzung wurde dieser Antrag des
Baron Fleck von dem Obertribunale mit dem Bemerken gc-
nehmigt, dem Assessor Glatzmeier für seine verdienstliche Ar-
beit die Anerkennung auszusprechen. Mit Beben wartete
Glatzmeier auf die Erledigung. Endlich kam das gefürchtete
Decret. Da stand geschrieben:' „Das Obertribunal findet
die von dein Assessor Glatzmeier in dem Berichte vom
15. Octobcr z. 2276 gestellten Anträge zu genehmigen und
dem Herrn Referenten unter Rückschluß der Beilage sub . .
für seine in dieser complicirten Angelegenheit an den Tag
gelegte Umsicht, die Anerkennung auszusprcchcn." Glatzmeier
stürzte auf den Fascikel los, schnürte denselben aus und
fand alles, Blatt für Blatt, in derselben Ordnung wie er
es rangirt hat.
Mit einem Blick inniger Dankbarkeit nahm er den
Bierdrangsteuer-Fascikel vom Jahr 1790, stellte ihn wieder
au seinem Platze hin und sprach: „Habe Dank, mein alter
Junge, für deine Freundlichkeit. Vielleicht hast du dießmal
mehr Gutes bewirkt, als anno 1790."
Bureaukratische Studien.
Alte Volksweise.
Ed war ein junger Geselle,
Der hatte ein Mädchen lieb:
Die wollte von ihm nichts wissen,
Da sie's mit Andern trieb.
Daö nahm sich sehr zu Herzen
Das arme junge Blut:
Er seufzte: ich weiß ein Plätzchen,
Wo jeder Kummer ruht.
Im Wald, da liegt ein Weiher,
Ein Schenkhaus steht dabei,
Dort ist der Knab' verschwunden,
Fragt nicht, wohin er sei!
Es hat die Ruh' gefunden
Verschmähter Liebe Pein —
Doch ging er nicht in's Wasser,
O nein — er ging -zum Wein.
Karl Weller.
i
Sonntags große Jagd bei dein Rittergutsbesitzer Haase an-
gesagt war.
Fleck nahm den Bericht mit Widerwillen zur Hand;
seine Stirne glättete sich jedoch, als er die Unterschrift
des Assessor Glatzmeier las. Der Bericht schien zu ge-
fallen. „Ist ein tüchtiger Arbeiter, der Assessor Glatz-
meier" — brummte Fleck vor sich hin — „sehr gut Hier-
amts beleumundet; hat den Gegenstand mit einer ungeheuren
Gründlichkeit bearbeitet, was bei der Schwierigkeit des Falles
um so lobender anzuerkennen ist, als das Lesen der un-
zähligen Beilagen und früheren Verhaudlungs - Akten eine
immense Mühe verursacht haben muß. Ich trage daher mit
Beruhigung auf Genehmigung der Anträge Glahmeicrs an."
Bei der nächsten Sitzung wurde dieser Antrag des
Baron Fleck von dem Obertribunale mit dem Bemerken gc-
nehmigt, dem Assessor Glatzmeier für seine verdienstliche Ar-
beit die Anerkennung auszusprechen. Mit Beben wartete
Glatzmeier auf die Erledigung. Endlich kam das gefürchtete
Decret. Da stand geschrieben:' „Das Obertribunal findet
die von dein Assessor Glatzmeier in dem Berichte vom
15. Octobcr z. 2276 gestellten Anträge zu genehmigen und
dem Herrn Referenten unter Rückschluß der Beilage sub . .
für seine in dieser complicirten Angelegenheit an den Tag
gelegte Umsicht, die Anerkennung auszusprcchcn." Glatzmeier
stürzte auf den Fascikel los, schnürte denselben aus und
fand alles, Blatt für Blatt, in derselben Ordnung wie er
es rangirt hat.
Mit einem Blick inniger Dankbarkeit nahm er den
Bierdrangsteuer-Fascikel vom Jahr 1790, stellte ihn wieder
au seinem Platze hin und sprach: „Habe Dank, mein alter
Junge, für deine Freundlichkeit. Vielleicht hast du dießmal
mehr Gutes bewirkt, als anno 1790."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bureaukratische Studien" "Alte Volksweise"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 44.1866, Nr. 1078, S. 79
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg