Auflösung de8 Rebus in voriger Nummer.
Oberappcllgerichtsassessor.
„Es war mein ernster Wille, Dich glücklich zu machen,"
fuhr die junge Frau fort, „allein ich weiß nicht, ob eS mir
möglich sein wird. Wir sind in unserem innersten Wesen
^ mogncy |em
„Dein Betragen wird unedel," cntgegnete die junge
Frau, „laß mich gehen."
„Nein, Du sollst bleiben," rief Albrecht auS, „Du sollst
mich zu Ende hören. Du weißt, wie ich Musik und Gesang
liebe, Deine Leistungen in beiden sind nicht unbedeutend,
aber, weil Du weißt, wie sehr ich dies liebe, bist Du fast
nie dazu zu bewegen. Du thust nur das gern, was ich
nicht leiden mag."
„Verkenne mich nicht, Albrecht," erwiderte die junge
Frau, laut weinend. „Ich hatte mir so oft vorgcnommen,
Deinen Wünschen nachzukommen, allein wenn Du es so von
mir forderst, in dem heftigen, rauhen Tone — dann zieht
sich mein Herz zusammen, ich kann cs nicht thun, auch wenn
ich eS thun möchte."
„DaS ist es ja, was ich sage," rief Albrecht, „es fehlt
Dir alle Selbstüberwindung, Du kannst nur glücklich sein,
wenn man sich in Deine Fehler findet und dieselben als
Tugenden preist."
„Nein, Albrecht," begann Marie wieder, „Du kanntest
»sich Monate lang als Braut und wußtest, daß mir die
j Führung des Haushaltes immer als die erste Pflicht des
Weibes erschien. Du wußtest das — Du wußtest auch, daß
dies meine Hauptaufgabe als Frau werden würde — und
ich hoffte, Du würdest mir nie darüber Vorwürfe machen.
Ich kann nicht anders sein — und" fügte sic etwas zögernd
hinzu — „werde auch nie anders werden."
„Dann werde ich stets so unglücklich bleiben, wie ich
, jetzt bin," rief Albrecht aufgeregt aus.
»erschicden und ich fürchte, daß Du Dich nie in mich finden
annst."
„Nein, nie," rief der junge Mann leidenschaftlich. „Wenn
ch Deine Schwester Louise betrachte —"
„Mit ihr wärst Du vielleicht glücklicher geworden,"
cntgegnete Marie in gereiztem,, empfindlichem Tone.
Albrecht wollte sich in keine tiefere Unterhaltung über
sicse Frage einlasscu und sagte ablenkeud: „Sie hätte wenig-
stens ganz gewiß keine Geheimnisse vor mir gehabt."
„Auch ich habe keine vor Dir," entgeguetc Marie.
„Du weigerst Dich, mir den Brief zu zeigen, den Du
in der Hand zerknittert hast," sagte der junge Mann, indem
er seine Frau fragend ansah.
„Ich thue dies nur darum," erwiderte diese, „weil ich
fürchte, daß Dir sein Inhalt nicht angenehm wäre."
„An wen ist er?" fragte Albrecht weiter.
„An meine Mutter."
„Zeige mir den Brief!"
„Es ist unnöthig."
„Warum?"
„Weil ich einen anderen Entschluß gefaßt habe," sagte
Marie ruhig. „Dieser Brief schildert die traurigen Kämpfe,
die ich in meinem kurzen Ehestände durchgcmacht habe, aber
ich halte es nun für unnöthig, den Brief abzuseuden."
„Warum?" fragte Albrecht.
„Weil ich nach Deinem soeben gemachten Geständniß,"
fuhr Marie fort, „vorziehe, morgen selbst zurück zu meinen
Eltern zu reisen."
„Du wirst nicht reisen!" rief Albrecht erregt.
„Ich werde reisen," erwiderte Marie mit großer Be-
stimmtheit.
„Ist das Dein fester Entschluß?" fragte Albrecht in
heftigem Zorn.
„Er ist eS," cntgegnete feine Frau mit eisiger Kälte.
Der junge Mann drehte sich um, als er diese Worte :
vernommen, und schritt ohne Gruß und Abschied dem
Hause zu.
Marie sah ihn nicht mehr. Am Morgen deS folgenden
Tages in aller Frühe befand sie sich in dem Postwagen, der
sie der Heimath zuführen sollte.
(Fortsetzung folgt.)
Oberappcllgerichtsassessor.
„Es war mein ernster Wille, Dich glücklich zu machen,"
fuhr die junge Frau fort, „allein ich weiß nicht, ob eS mir
möglich sein wird. Wir sind in unserem innersten Wesen
^ mogncy |em
„Dein Betragen wird unedel," cntgegnete die junge
Frau, „laß mich gehen."
„Nein, Du sollst bleiben," rief Albrecht auS, „Du sollst
mich zu Ende hören. Du weißt, wie ich Musik und Gesang
liebe, Deine Leistungen in beiden sind nicht unbedeutend,
aber, weil Du weißt, wie sehr ich dies liebe, bist Du fast
nie dazu zu bewegen. Du thust nur das gern, was ich
nicht leiden mag."
„Verkenne mich nicht, Albrecht," erwiderte die junge
Frau, laut weinend. „Ich hatte mir so oft vorgcnommen,
Deinen Wünschen nachzukommen, allein wenn Du es so von
mir forderst, in dem heftigen, rauhen Tone — dann zieht
sich mein Herz zusammen, ich kann cs nicht thun, auch wenn
ich eS thun möchte."
„DaS ist es ja, was ich sage," rief Albrecht, „es fehlt
Dir alle Selbstüberwindung, Du kannst nur glücklich sein,
wenn man sich in Deine Fehler findet und dieselben als
Tugenden preist."
„Nein, Albrecht," begann Marie wieder, „Du kanntest
»sich Monate lang als Braut und wußtest, daß mir die
j Führung des Haushaltes immer als die erste Pflicht des
Weibes erschien. Du wußtest das — Du wußtest auch, daß
dies meine Hauptaufgabe als Frau werden würde — und
ich hoffte, Du würdest mir nie darüber Vorwürfe machen.
Ich kann nicht anders sein — und" fügte sic etwas zögernd
hinzu — „werde auch nie anders werden."
„Dann werde ich stets so unglücklich bleiben, wie ich
, jetzt bin," rief Albrecht aufgeregt aus.
»erschicden und ich fürchte, daß Du Dich nie in mich finden
annst."
„Nein, nie," rief der junge Mann leidenschaftlich. „Wenn
ch Deine Schwester Louise betrachte —"
„Mit ihr wärst Du vielleicht glücklicher geworden,"
cntgegnete Marie in gereiztem,, empfindlichem Tone.
Albrecht wollte sich in keine tiefere Unterhaltung über
sicse Frage einlasscu und sagte ablenkeud: „Sie hätte wenig-
stens ganz gewiß keine Geheimnisse vor mir gehabt."
„Auch ich habe keine vor Dir," entgeguetc Marie.
„Du weigerst Dich, mir den Brief zu zeigen, den Du
in der Hand zerknittert hast," sagte der junge Mann, indem
er seine Frau fragend ansah.
„Ich thue dies nur darum," erwiderte diese, „weil ich
fürchte, daß Dir sein Inhalt nicht angenehm wäre."
„An wen ist er?" fragte Albrecht weiter.
„An meine Mutter."
„Zeige mir den Brief!"
„Es ist unnöthig."
„Warum?"
„Weil ich einen anderen Entschluß gefaßt habe," sagte
Marie ruhig. „Dieser Brief schildert die traurigen Kämpfe,
die ich in meinem kurzen Ehestände durchgcmacht habe, aber
ich halte es nun für unnöthig, den Brief abzuseuden."
„Warum?" fragte Albrecht.
„Weil ich nach Deinem soeben gemachten Geständniß,"
fuhr Marie fort, „vorziehe, morgen selbst zurück zu meinen
Eltern zu reisen."
„Du wirst nicht reisen!" rief Albrecht erregt.
„Ich werde reisen," erwiderte Marie mit großer Be-
stimmtheit.
„Ist das Dein fester Entschluß?" fragte Albrecht in
heftigem Zorn.
„Er ist eS," cntgegnete feine Frau mit eisiger Kälte.
Der junge Mann drehte sich um, als er diese Worte :
vernommen, und schritt ohne Gruß und Abschied dem
Hause zu.
Marie sah ihn nicht mehr. Am Morgen deS folgenden
Tages in aller Frühe befand sie sich in dem Postwagen, der
sie der Heimath zuführen sollte.
(Fortsetzung folgt.)
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Praktisch und Ideal"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 48.1868, Nr. 1176, S. 27
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg