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7 Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-

Handlungen, sowie von allen Postämtern mW* iD»

und Zeitungsexpeditionen angenommen._

Erscheinen wöchentlich ein Mal. DH

preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 64 kr-

od. 2 Rthlr. 6 Sgr- Einzelne Nummern 9 kr. od- 2'/, Sgr.

Praktisch und Ideal.

(Fortsetzung.)

Daö Abendessen, bei dem Marie ihre Ansichten über
die besten Salatkartoffeln meisterhaft entwickelte, war vorüber.
Jetzt endlich — hoffte Guthcim.

Die Speisen waren abgetragen; der Assessor zündete eine
Cigarre an — er hoffte zuversichtlich auf einen genußreichen
Abend.

Marie hatte sich in einen Lehnsessel nicdergelaffen und
schien sich ihren eigenen Gedanken hingcben zu wollen; eS
entstand eine lange — lange Pause.

„Worüber sinnst Du denn?" fragte endlich Guthcim leise.

„Ich denke an den Küchenzettel für morgen," erwiderte
Marie mit einer sehr wichtigen Miene.

Der Assessor zuckte schmerzlich zusammen.

Eö entstand abermals eine lange Pause. Guthcim fragte
dann wieder:

„Aber, Marie, willst Du denn nicht etwas lesen?"

„Ach," sagte sie, „eine Hausfrau kommt an kein Buch
inehr. Seit ich vcrhcirathct bin, lese ich nichts mehr. Auch
Gesang und Clavierspiel habe ich aufgcben müffen."

Gutheim seufzte — Marie lehnte sich in den Sessel
zurück und schloß die Augen.

„Bist Du müde?" fragte Gutheim besorgt.

„Man wird durch die häuslichen Beschäftigungen den
ganzen Tag über recht abgespannt," erwiderte Marie, „ich
bin gewöhnt, nach dem Abendessen ein Schläfchen zu halten,
bis es Zeit ist, zur Ruhe zu gehen."

Mit diesen Worten wandte die junge Frau den Kopf
zur Seite, stützte ihn auf die Lehne deS Sessels und schien
bald von süßem Schlaf umfangen zu sein.

Eiu Tag war zu Ende, ein einziger Tag — und wie
sehr hatten sich die Anschauungen Guthcimö über das Glück

seines Freundes Seefcld geändert. Er legte sich heute mit
der Erkenntniß zur Ruhe, daß er seiner Gattin Louise in
vielen Stücken großes Unrecht zugefügt.

Die folgenden Tage vergingen genau in derselben Weise
wie der erste, mit der Ausnahme, daß Mariens Sorge für
den Haushalt noch täglich zuzunchmen schien und sie gegen
jede geistige Beschäftigung eine noch entschiedenere Abneigung
zeigte, als an dem ersten Tag.

Die erste Woche verfloß und Guthcim ertrug die Gleich-
förmigkeit und Geistlosigkeit eines solchen Lebens mit der
Stärke des Helden, der sich mit Resignation in das Unver-
meidliche findet. In der zweiten Woche kam er sich wie ein
Märtyrer vor, in der dritten faßte er einen verzweifelten Ent-
schluß: er setzte sich hin und schrieb einen Brief voll Reue
an seine Gattin Louise und bat sie inständigst, doch wieder
zu ihm zurückzukehren. Du keine Antwort erfolgte, schrieb
er den zweiten, den dritten Brief. Endlich in der Mitte der
vierten Woche brachte derBricfbote die ersehnte Antwort. Er
erbrach vor Aufregung zitternd den Brief. Er lautete:

Lieber Eduard!

Deine Reue scheint aufrichtig zu sein, und da Du ver-
sprichst, mich in Zukunft ganz nach meinem Gefallen meinen
Liebhabereien nachleben zu lasten, so mag Gnade für Recht
ergehen. Künftigen Samstag kehrt zurück

Eduard Gutheim siel ciuc Centnerlast von dem Herzen. |
Er eilte sogleich hinauf in das Zimmer Mariens und fand
diese, ebenfalls einen eben empfangenen Brief lesend.

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