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g Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-
Handlungen, sowie von allen Postämtern und
Zeitungsexpeditioneu angenommen.

Erscheinen wöchentlich ein Mal.'Subscriptivns-^, vlT,
ULctCP« '3rc'i3 lür den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr.^

ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od 2'/, Sgr.

Praktisch und Ideal.

(Schluß.)

Als Louise mit diesen Worten das Zimmer verlassen
hatte, begann Sccfeld eifrig über das beneidenswerthe Gluck
seines Schwagers Gutheim nachzudenken, und zum ersten Mal
in seinem Leben begriff er, daß Häuslichkeit, Ordnung und
die Kunst, ein schmackhaftes Essen herznrichtcn, keine zu ver-
achtende Zugabe an einem weiblichen Wesen sei. Stellte er
sich aber Louisen als eine Tyrannin vor, deren Wille allein
auf Geltung Anspruch machte, so wollte ihm das Glück
seines Freundes gar nicht inehr sehr bencidenswerth er-
scheinen. Wie freundlich, bescheiden und zuvorkommend war
dagegen Marie, wie wenig machte sie auf die von dem Weibe
so geliebte Alleinherrschaft Anspruch.

^ Die Glocke hatte bereits Zwei geschlagen, als endlich der
-risch gedeckt und das Essen aufgctragen wurde. Louise nahm
dem Schwager gegenüber Platz und sah demselben mit einem
verrätherischen Freudenstrahl in den Augen zu, wie er sich an
der kraftlosen, versalzenen Suppe abmühte. Noch schlimmer
erging cs ihm bei dem Fleische, das trotz des scharfen Messers
j allen Gesetzen der Theilbarkeit widersprach; das Gemüse aber
war ihm geradezu ungenießbar. Er stach vergeblich mit der
Gabel bald hierhin, bald dorthin, bis er endlich den Blick zu
Louisen erhob und mit Verwunderung bemerkte, daß diese in
Gedanken versunken da saß und nicht daS Mindeste von dem
Essen berührt hatte.

„Du genießest ja gar nichts, liebe Louise?" sagte er fragend.

„Du hast mir," entgegnete diese empfindlich, „durch
Unterbrechung meines Spiels alle Lust zum Essen verdorben,
i ich will nicht, daß dieses wieder von Dir geschehe. Auch liebe
ich die derbe Hausmannskost überhaupt nicht, ich habe zum
Nachtisch einen Kuchen von dem Couditor bestellt."

Wirklich trat das Mädchen in diesem Augenblick ein und

brachte denselben. Louise ließ cS sich trefflich schmecken, nahm
ein Buch zur Hand und vertiefte sich so in dasselbe, daß
Secfcld sich einigemal vergeblich bemühte, sie durch Fragen
daraus zu wecken.

Er verließ endlich, nicht in der besten Laune das Zim- !
mer, um sich abermals auf daö Amthaus zu begeben.

Als er um fünf Uhr zurückkehrte und Louisen nicht zu
Hause fand, rief er daS Dienstmädchen, das ihm auf sein
Befragen die Auskunft crtheilte: „Madame sind ausgefahren."

„Ausgcfahren?" wiederholte der Assessor.

„Ja ausgcfahren, ich mußte ihr einen Wagen bestellen."

Mau hörte in diesem Augenblick das Rollen einer Kutsche,
die vor dem Hause hielt. Bald darauf trat Louise ein, einen
Strauß Feldblumen in den Händen tragend.

„Ich habe," sagte sie lachend, „Deine Abwesenheit be-
nützt, einen kleinen Ausflug zu machen, um die tödtliche
Langeweile zu verscheuchen, die Einen hier befällt. Ich hoffe,
daß Du von morgen an täglich einige Freunde hierher bittest
und mich in Gesellschaften einführst — das Alleinsein ist
meinem Wesen durchaus zuwider."

„Willst Du nicht ein wenig mit in den Garten gehen?"
fragte Scefeld.

„Nein," sagte diese, „ich werde mich jetzt auf mein
Zimmer begeben, und ein Gedicht zum Preis dieser Feld-
blumen dichten. Habe die Güte, mir Schreibzeug auf meine
Stube zu besorge», aber dann wünsche ich bis zum Abend
ungestört zu sein."

„Doch willst Du nicht dem Mädchen wegen des Abend-
essens behilflich sein?" warf Seefeld ein.

„Wir speisen Abends nie zusammen," warf Louise leicht
hin. „Jedes ißt was, wie und wo eö ihm beliebt, und

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