Der Falkonicr.
127
Halloh, seht ihr am Hute hier
Der weißen Rcihcrfeder Zier?
Ich bin Astelf, der Falkenier! ,
Ich trag' auf meiner linken Hand
Den Wanderfalk von Norwegö Strand.
Ich bin des cdclbestcn Herrn,
Ihm dien' ich gut, ihm dien' ich gern,
Dem großen Kaiser Friederich —
Und keinem Andern diente ich.
Wenn ihn des Reiches Sergen drücken,
Der Fürsten Trotz, der Pfaffen Tücken,
Wenn finster zu sich selbst er spricht —
Dann wagt sich Graf und Kanzler nicht
Vor sein gewaltig Angesicht;
Ich aber trete hin verwegen
Und zupf ihn an dem Ellenbogen:
„Herr Kaiser, leg' die Briefe fort,
Ich künde Dir ein besser' Wort:
Im Erlengrund am Weiherstrand,
Da halt ein Silberkranich Stand —
Ich sah ihn gestern zieh'n zu Horst —
Mein Falk' schreit lang nach Flug und Forst!"
Da streicht er wohl den rothen Bart:
„Mein Sohn, Du bist von kluger Art,
Mir wäre längst das Reich zu viel,
Wärst Du nicht und Dein Federspiel."
Und Reich und Groll vergißt er bald
Mit mir im freien, grünen Wald. —
Hall oh, seht ihr am Hute hier
Der weißen Reihcrfeder Zier?
Ich bin des Kaisers Falkonier!
Kein Reiher fliegt im dunklen Holz
So weiß, so scheu, so schon, so stolz,
So trotzig trägt den Schwanenhals,
Kein Fräulein in dem Kaiserpals,
Kein's hat der Gluth so viel entbrannt
Als Tu, Edith von Engelland!
Ein Wink von Deiner schmalen Hand,
Ein Strahl aus Deinen Wimpern lang
Gilt für des Glückes Ucbcrschwang;
Du aber, weiße Traumgestalt,
Läßt marmorstumm und marmorkalt
Des weiten Kaiserreiches Fürsten
Nach Deinem kleinsten Lächeln dürste». —
Jedoch der Wald birgt süße Dinge:
An Deines Jagdhut's gold'nem Ringe
Trägst Du des weißen Reihers Schwinge,
Den in des Eichbühls tiefster Nacht
Mein Falke Dir herab gebracht;
Tie Jagd war fern — der Hag war dicht: —
Mit keinem König tausch' ich nicht!
Denn seht ihr nicht am Hute hier
Der weißen Nciherfcder Zier?
Ich bin der junge Falkonier!
ß ... y D . , ».
Ucbcrsehung des Ciccronischcn Latein auf
l>ag. 126.
Gestern war ich auf einer Hochzeit, auf welcher viel-
leicht mehr als hundert Leute waren. Man aß leckerhaftc
Speisen und trank alte Weine. Der Wirth schien nicht zu-
frieden zu sein, weil mehrere Gäste fein Geld hatten und
dcßwegcn die Zeche nicht zahlen konnten.
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Halloh, seht ihr am Hute hier
Der weißen Rcihcrfeder Zier?
Ich bin Astelf, der Falkenier! ,
Ich trag' auf meiner linken Hand
Den Wanderfalk von Norwegö Strand.
Ich bin des cdclbestcn Herrn,
Ihm dien' ich gut, ihm dien' ich gern,
Dem großen Kaiser Friederich —
Und keinem Andern diente ich.
Wenn ihn des Reiches Sergen drücken,
Der Fürsten Trotz, der Pfaffen Tücken,
Wenn finster zu sich selbst er spricht —
Dann wagt sich Graf und Kanzler nicht
Vor sein gewaltig Angesicht;
Ich aber trete hin verwegen
Und zupf ihn an dem Ellenbogen:
„Herr Kaiser, leg' die Briefe fort,
Ich künde Dir ein besser' Wort:
Im Erlengrund am Weiherstrand,
Da halt ein Silberkranich Stand —
Ich sah ihn gestern zieh'n zu Horst —
Mein Falk' schreit lang nach Flug und Forst!"
Da streicht er wohl den rothen Bart:
„Mein Sohn, Du bist von kluger Art,
Mir wäre längst das Reich zu viel,
Wärst Du nicht und Dein Federspiel."
Und Reich und Groll vergißt er bald
Mit mir im freien, grünen Wald. —
Hall oh, seht ihr am Hute hier
Der weißen Reihcrfeder Zier?
Ich bin des Kaisers Falkonier!
Kein Reiher fliegt im dunklen Holz
So weiß, so scheu, so schon, so stolz,
So trotzig trägt den Schwanenhals,
Kein Fräulein in dem Kaiserpals,
Kein's hat der Gluth so viel entbrannt
Als Tu, Edith von Engelland!
Ein Wink von Deiner schmalen Hand,
Ein Strahl aus Deinen Wimpern lang
Gilt für des Glückes Ucbcrschwang;
Du aber, weiße Traumgestalt,
Läßt marmorstumm und marmorkalt
Des weiten Kaiserreiches Fürsten
Nach Deinem kleinsten Lächeln dürste». —
Jedoch der Wald birgt süße Dinge:
An Deines Jagdhut's gold'nem Ringe
Trägst Du des weißen Reihers Schwinge,
Den in des Eichbühls tiefster Nacht
Mein Falke Dir herab gebracht;
Tie Jagd war fern — der Hag war dicht: —
Mit keinem König tausch' ich nicht!
Denn seht ihr nicht am Hute hier
Der weißen Nciherfcder Zier?
Ich bin der junge Falkonier!
ß ... y D . , ».
Ucbcrsehung des Ciccronischcn Latein auf
l>ag. 126.
Gestern war ich auf einer Hochzeit, auf welcher viel-
leicht mehr als hundert Leute waren. Man aß leckerhaftc
Speisen und trank alte Weine. Der Wirth schien nicht zu-
frieden zu sein, weil mehrere Gäste fein Geld hatten und
dcßwegcn die Zeche nicht zahlen konnten.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Falkonier"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 48.1868, Nr. 1188, S. 127
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg