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Des Wirthes Töchterlein.

Zoraide.

Wie sprang ich da vom Pferde
Und faßt' die Hände ihr:

„Du süßes Kind — die Thränen —

O sprich — sie gelten mir?"

„Hab's Roß und Euch gewartet,"

Sprach d'raus des Wirthes Kind.

„I moan a meng a Trinkgeld

Hätt' i halt doch verdient!" ilorlinfc.

Die noch aus der Römerzeit stammende heutige Königin
der Bäderstüdte, Baden-Baden, hatte vor 200 Jahren noch

keine Spur ihres jetzigen Glanzes. Alle die herrlichen Paläste,
die reizenden Villen, die glänzenden Hotels, kurz Alles fehlte
noch, was heutzutage jährlich an 50,000 Fremde zum Besuche
anlockt. Nur etwa 250 kleine, vom Alter geschwärzte Häuser
erhoben sich an dem südlichen Hange des Battcrt, über welchen
majestätisch das neue Residcnzschloß der Markgrafen von Baden
thronte, umringt von himmelhohen Linden und Edeltannen.

Nur Eins fehlte auch dem damaligen Baden nicht: die
unbeschreiblich schöne Lage in dem schmalen Oosthale. der Reiz
der ewig jungen Natur.

Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, nachdem das von
den Franzosen zerstörte Städtchen kaum wieder neu und schön
aus den Trümmern sich erhoben hatte, v.rließ plötzlich der da-
malige Markgraf Ludwig, der berühmte Türkeubändiger, das
Schloß seiner Ahnen, um sich in der trostlosen sandigen Ebene
zu Rastatt niederzulassen. Ein geschichtlicher Grund für diesen
auffallenden Wechsel ist nicht bekannt; nur eine wenig bekannte
Sage lebt noch im Volksmunde, die uns die traurigen Ursachen
i bezeichnet, die den Sieger von Szalankemen zu jenem Tausche
seiner Residenz veranlaßte».

Als ich vor vielen Jahren auf Badens ältestem Fried-
Hofe, meiner Gewohnheit gemäß, nach Denkmälern einer längst
vergangenen Zeit fahndete, stieß ich in einer Ecke desselben auf
ein ganz von Epheu überwuchertes Grabmal von weißem carra-
rischem Marmor, das die reizenden Züge einer jungen Türkin
zeigte. Mühsam entzifferte ich an dem mit Moos bedeckten
Steine die Worte: „Zoraidc" und „1692." Der mich dc-
gleitende Friedhofgärtner, ein ehrwürdiger Greis von 80 Jahren
erzählte mir hierbei nachfolgende Geschichte, die er als Kind
aus dem Munde seines Großvaters erfuhr, der dem hier schlafen-
dc» lieblichen Mädchen mit eigener Hand die letzte Ruhestätte
bereitet hatte.

An einem schönen Maitage des Jahres 1692 war das
ganze Städtchen Baden in festlichem Kleide; auf allen Thür men
und ans dem Stadthause wehten deutsche und österreichische Banner,
vereinigt mit gewaltigen Fahnen in den markgräflichen Haus-
farben, aus welchen der Sieg über den Halbmond versinnbild-
licht war. An der Oosbrücke und aus allen Straßen bis
hinauf zum Schlosse waren prächtige Triumphpforteu aufgcrichtel,
zu denen die Wälder ihr erstes Grün hatten liefern müssen;
am schönsten aber war das Schloß selbst geschmückt. Bis zum
Giebel reichten die Kränze und auf dem Balkon stand die
Markgräfin Sibylle Auguste, umringt von den Damen ihres
Hofcs, alle festlich gekleidet und strahlend von Jugend, Schön-
heil und Glück. Eine dichtgedrängte Menschenmenge füllte die
Straßen und Plätze; Alt und Jung war auf den Beinen und
in freudiger Erwartung, denn heute kehrte der geliebte Fürst,
der tapfere Besieger der Ungläubigen, zurück in die Heimath.

Wie einige Jahre früher der edle Polcnkönig Sobicski.
der Befreier Wiens, so hatte auch der Sieger von Szalankemen
eine Probe habsburgischer Dankbarkeit kosten müssen. Des Com-
mandos entsetzt, das er dem unfähigen und talentlosen Kurfürsten
Friedrich August von Sachsen übergeben mußte, kam er bitter
gekränkt wieder heim zu den Seinigen und den Landeskindern,
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Des Wirthes Töchterlein" "Zoraide"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Diez, Wilhelm von
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Reiter <Motiv>
Grabstein
Magd <Motiv>
Traurigkeit
Friedhof <Motiv>
Baden-Baden
Enttäuschung
Das @Idyllische
Missverständnis
Hütte <Motiv>
Abschied <Motiv>
Karikatur
Pferd
Sympathie
Natur <Motiv>
Trinkgeld
Reisender <Motiv>
Eile <Motiv>
Gaststätte
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 53.1870, Nr. 1303, S. 2

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