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22 Bestellungen werde» in allen Buch- unv Kunst- M scheinen wöchentlich er» Mal. Subjcnplwns-, ...

""" h an diu » g en, sowie von allen P o stä mter n und preis für den Band von 26 Nummern 3 fl.54 kr. '

Zeitungsexpeditionen angenommen. od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 21/, Sgr.

Die weibliche Schildw a che.

(Schluß.)

„Ich habe den Rebellen einmal schon mehr als zwei
Wochen hier gefangen gehalten," fuhr diese fort, während sie
mit Jadwiga das Zimmer verließ; „es hieß, er sei in diplo-
matischer Mission abgereist, unterdeß befand er sich hinter diesem
Riegel." Die Kaiserin zeigte dem erstaunten Mädchen einen
großen schweren Riegel an der Thüre und schob ihn mit kräftiger
Hand zu. „Nun aber wollen wir unseren Verbrecher ablösen,"
schloß Katharina, „er hat ohnehin Angst genug ausgestanden."

Die beiden Damen kehrten hierauf in den Vorsaal zu-
rück, wo Orloff mit einem wahrhaft desperaten Gesichte Schild-
wache stand.

„Abgelöst!" rief die Kaiserin.

Jadwiga nahm die Muskete und mit derselben im Arm
ihren früheren Posten ein.

Orloff aber warf sich der Kaiserin zu Füßen.

„Was willst Du?" herrschte ihm diese kalt und finster zu.

„Gnade! Majestät, Gnade!" flehte er.

Katharina brach in lautes Lachen aus: „Nun für dies-
nial will ich Gnade für Recht ergehen lassen. Hier halt Du
Deine Epaulettes und Dein Ordensband."

Orloff ergriff freudig die Hand der Kaiserin und bedeckte
sic mit den glühendsten Küssen.

„Freue Dich nur nicht zu früh, wir, ich und Jadwiga
sind zu Gerichte gesessen über Dich und haben Dich einstimmig
zur Knute verurtheilt."

Orloff erbleichte und begann zu beben.

„Aber, Majestät —"

Katharina zog die Brauen zusammen, das war genug,
er ergab sich in sein Schicksal.

An der Thüre wendete sie sich mit dein liebenswürdigsten
Lächeln zu Jadwiga unb nickte ihr zu, und dann, noch immer

dieses Lächeln um die Lippen, hieß das schöne despotische Weib
den vor ihr zitternden Günstling mit einer herrischen Kopfbe-
wegung ihr folgen.

Bald nach der seltsamen Szene zwischen Katharina und
Orloff wurde die weibliche Schildwache abgelöst.

Den Rest des Tages verbrachte Jadwiga in süßem Ge-
plauder mit dem geliebten Capitün. Als cs dunkel wurde,
sprach Samarin zu ihr: „Geh' jetzt zur Ruhe, denn in der
Nacht trifft Dich noch einmal die Wache."

Jadwiga gehorchte und streckte sich auf dem Divan aus,
welcher im Offizierszimmer stand, während Samarin mit seinen
Lieutenants in der Wachstube Karten spielte. Vor Mitternacht
weckte er die Geliebte.

Sie nahm ihre Rüstung und Muskete und folgte dem
Unteroffizier, welcher sie wieder in demselben Vorsaal postirte,
in welchem sie das erste Mal Wache gestanden hatte.

Diesmal kam aber in nicht langer Zeit ein sehr begreifliches
Bangen über das arme Mädchen, und sie crschrack endlich vor
ihren eigenen Schritten, welche im Takte'durch die Nacht hallten.

Ringsum war tiefe Stille, Alles schien zu schlafen. Zuerst
sehnte sich Jadiviga nach irgend einem Ton, einem Geräusch,
ivelchcs das unheimliche Schweigen unterbrechen würde, dann
begann sie bei dem Gedanken zu zittern, daß ja eben die Geister-
stunde begonnen habe und Eine unruhige Seele sich das Ber- !
gütigen machen könne, ihr eine Visite abzustatten. Sie über-
zeugte sich noch einmal, daß ihre Muskete geladen war und i
begann dann andächtig zu beten. So verstrich einige Zeit.

Auf einmal näherten sich leise Schritte die Treppe herauf.

Sollte es ein Gespenst sein? Oder Orloff? Das war
vielleicht noch schlimmer.

8*
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