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3' Handlungen, sowie von allen Po st Ämtern und M • preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 fr.

Zeitungserveditionen angenommen. od. 2 Rthlr. 5Sgr. Einzelne Nummernd kr. od. 2'/, Sgr.

Moralische Experimente.

(Fortsetzung.)

Wie zu einer Reise fertig und mit verweinten Augen trat
Magdalena Winter nach leichtem Klopfen ein, unter dem Arm
ein kleines Bündel tragend.

Während Wallner sie verwundert und fragend betrachtete,
erklärte Leni kurz und entschieden, sie könne nicht länger unter
seinem Dache verweilen; sie bitte daher, ihr das erforderliche
Dienstzeugniß sofort auszustellen, arm, wie sie gekommen sei,
wolle sie auch wieder gehen. Was der Herr ihr geschenkt habe,
liege alles geordnet im Kämmerchen oben, sowie die zuletzt ge-
schenkten Spielsachen sür's Fränzke.

Bei diesen letzteren Worten begann sic plötzlich heftig zu
schluchzen, ivas sie bisher gewaltsam unterdrückt zu haben schien.

Wallner- betrachtete sic mit leuchtenden Blicken, stumm und
erstaunt, und in seinen Augen schimmerte es wie ein verräthe-
risches Naß. Das Mädchen aber, allmählich wieder ruhiger
geworden und ihr Schluchzen unterdrückend, bedeutete ihm in
klaren, schlichten Worten; nach dem Vorgefallcnen müßte sic
sich ein Gewissen daraus machen, nur das Geringste davon zu
behalten oder auch blos mehr anzurühren, und lauge habe sie
sich bedacht, ob sie nicht mitten in der Nacht auf und davon
solle. Doch da der Herr bisher sie fast wie sein Kind be-
handelt habe, hätte sic es nicht gekonnt; sie wolle ehrlich von
ihm scheiden, mache ihm auch keinen Vorwurf, länger aber
bleibe sie auf keinen Fall, und so möge der Herr sie ihrer
Wege gehen lassen.

Wallner hatte sie ruhig angehört, und als sie zu Ende
war, nahm er sie bei der Hand, nöthigte sie zum Sitzen und
sprach; „Liebe Leni! warum ich so handelte, kann Dir erst
später klar werden; habe Vertrauen zu mir und glaube meinem
Worte, daß es nur eine kleine Prüfung Deines Wertstes war."

Leni schaute ihn verwundert und forschend an, als ob sie

seine Worte nicht recht zu fassen .im Stande sei; bald aber
schüttelte sie wieder traurig den Kopf und sagte treuherzig: „Ich
will Ihnen glauben, denn Sie waren bisher so gut gegen mich,
daß ich gar nit begreifen kann, wie es so hat kommen mögen;
aber bleiben darf ich jetzt erst recht nit."

„Wenn ich Dich bitte, zu bleiben?"

„Ich kann nit."

„Wenn ich verspreche, nie mehr mit einem Wort oder
einer Handlung Dir irgendwie zu nahe zu treten? Bedenke
Dein Kind!"

Leni schaute ihn mit großen Augen an, lvie als besinne
sie sich; dann stand sie auf, trat zu Wallner hin, und in er-
regtem Tone sprach sie zu ihm: „So sei's, ich will bleiben,
meinem Kinde zu lieb will ich bleiben."

Leni nahm ihr Bündel und schritt, um es wieder in ihr
Kämmerchen zu tragen, der Thüre zu. Wallner schaute ihr
lächelnd nach; schon hatte sie die Klinke in der Hand, da rief
er mit mildem Tone: „Leni!"

Rasch und erstaunt drehte sich die Gerufene um und trat
auf seinen Wink zu ihm; er nahm sie freundlich bei der Hand,
schaute ihr fest in die Augen und sagte: „Du sehnst Dich wohl,
wieder einmal Dein Fränzle zu sehen, nicht?"

Bei dieser unverhofften Frage pochte Leni's Herz laut
auf, statt aller Antwort schoß ein Strom Thränen aus ihren
Augen, und in gewaltigem Wogen hob sich ihre Brust.

„Wie wäre es, wenn Du auf etliche Wochen es zu be-
suchen gingest?" fuhr Wallner fort.

Krampfhaft faßte sie Wallner's Hand, um sie zu küssen,
er jedoch hinderte sic daran und setzte anscheinend gleichgiltig
bei: „Am besten wär' es wohl. Du holtest es sammt Deiner
alten Base hieher!"
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