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g Bestellungen werden in allen Blich- und Kunst- m Erscheinen wöchentlich ein Mal. Snbscriptions »

^'Handlungen, sowie von allen P o stä mi crn und preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 fr. 1

Zeitnngserveditionen angenommen. od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/, Zgr.

Z o r a i d c.

(Fortsetzung.)

Der Markgraf schlug die Hände vor sein erglühendes An-
gesicht. wie um seinem Auge zu verbieten, ein vor ihm gaukeln-
des Bild zu betrachten. Mit aller Macht sträubte er sich gegen
den Gedanken, von Zoraide» geliebt zu sein, denn jetzt wurde
ihm klar, er war als Kriegsmann nicht rauh genug, er hatte
den Schlachteulärm noch nicht oft genug gehört, daß er sich
zärtlicher Regungen nicht mehr für fähig halten sollte; ja er
fühlte, daß er lieben — heiß lieben könne, wenn es gälte, die
Gefühle Zoraidens zu erwidern.

Dies waren die Gedanken, die auf den edlen Markgrafen
einstürmteu — dies die Vorsätze, die er faßte, während er sein
erglühendes Antlitz in der kühlen Mainacht badete. Da plötz-
lich vernahm er über sich die Töne einer Laute und nach
einigen schwcrmüthigeu Accorden begann eine sanfte Stimme
die klagende Weise eines türkischen Liedes.

„Zoraide," hauchte Ludwig und lauschte mit zurückgehal-
tcnem Athen: den weichen Klängen des Liedes, das er, dem die
türkische Sprache hinreichend verständlich war, als die Klage
einer unglücklich Liebenden erkannte.

„Zoraide, wem gilt Tein Lied?" flüsterte der Fürst, als
die letzten Klänge verhallt waren.

„Dir! . Dir!" gab ihm eine Stimme in seiner Brust

zur Antwort und — besiegt durch ein schwaches Mädchen des
Stammes, dessen Männer er überwunden, warf sich der Sieger
von Szalankemeu auf sein Lager — doch nur um in wachen
träumen die Nacht zu verbringen. Erst gegen Morgen nahte
sich ihm der ersehnte Schlummer.

Die Sonne des nächsten Morgens, die herrlich über den
großen Stauffenberg emporstieg, erweckte Ludwig aus de»: kaum
gefundenen Schlafe; rasch erhob er sich und trat wieder an das
geöffnete Fenster, um die herrliche Luft des kühlen wonnigen

Morgens zu athmcn. Zu seinen Füßen lag der Schloßgartcn
mit seinen prachtvollen Blumenbeeten; die schönsten inauuig-
faltigsten Rosenarten hatten sich in der Nacht erschlossen und er-
füllten mit ihren bezaubernden Düften die Luft, die ihn schmeichelnd
umspielte. Millionen von Thautropfen glänzten >vie Perlen auf
den zarten Blüthcn und den: kräftigen frischen Grün der Zweige,
in welchen zahllose gefiederte Sänger sich wiegten und mit ihrem
Liede den Schöpfer priesen.

Es war eben Mai, der vor 200 Jahren schon so gut
wie heute der „wunderschöne" war, da in ihm damals wie jetzt
die Natur sich zu ihren schönsten Wundern erschließt.

Ludwig schaute gerührt die lange entbehrten Schönheiten
seiner Heimath; er konnte dem Verlangen nicht widerstehen, hin-
abzugehen mitten unter all' dieses Blühen und Duften, denn sein
Gemüth, das er für verhärtet hielt, war im Gegentheil sehr eiu-
pfänglich für alles Schöne, besonders für die Schönheiten der Natur.

Während noch Alles im Schlosse schlief, schritt er hinab
zu den duftenden Beeten und betrachtete entzückt die zahllosen
Knospen, die die Nacht geboren. „So hat dieselbe Nacht die
Blume deines Herzens, deine Liebe, geboren," rief es leise in
seinem Innern. Sinnend stand er dann vor einem Rosenbeetc
! still, wo mitten unter Blüthen aller Farben eine einzige weiße '
Rose sich erschlossen hatte, die durch ihre Schönheit alle übrigen
überstrahlte. „So," dachte er, „ist auch Zoraide die schönste
unter Allen ihres Geschlechtes!" Er beugte sich zu ihr nieder
und küßte das duftende Kind der Mainacht. Dann — wie
von einem plötzlichen Gedanken erfaßt — pflückte er sie nebst j
den schönsten rings erblühten Schwestern und reihte sie zu einen:
reizenden Strauße, in dessen Mitte wie eine Königin im Kreise
ihrer Damen die Blüthe strahlte, die er mit Zoraiden ver- j
glichen hatte.

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