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Wenn man von Rottcnburg (in Schwaben) dem Städtchen
Seebronn zugeht, rechts an der Straße, etwa eine Viertelstunde
von Rottenburg entfernt, liegt die Theodorichskapelle. Vor vielen
Jahrhunderten hatte einmal ein Rottenburger Bürger in der
Nähe einen großen Acker und da an der Stelle der genannten
Kapelle sich zu jener Zeit ein Bild des Gekreuzigten befand,
so Pflegte der fromme Mann, ehe er seinen Acker bestellte, ein
andächtig Gebet vor dem Bilde des Erlösers zu sprechen; wäh-
rend er aber betete, bestellten ihm die Engel seinen Acker. Aus
Dankbarkeit ließ er über dem wunderthätigen Bilde die Kapelle
erbauen und da sein Schutzpatron der heilige Thcodorich war,
so ließ er die Kapelle auf seinen Namen weihen.
Seitdem ging's ihm nun über alle Maßen gut und sein
Reichthum mehrte sich von Stunde zu Stunde. Das ärgerte
seinen Nachbar, einen Holzhändlcr, der Gfreris hieß, gar ge-
waltig und da er ein böser und gottloser Mensch war und sich
selbst vor dem Teufel nicht fürchtete, so machte er einen Pact
mit dem Gottseibeiuns und der fff versprach ihm zu thun,
was er wolle, bis seine Zeit um sei. Da der Teufel aber
sein Schuldbuch nicht gerade bei sich hatte, so mußte es ihm der
Gfreris in die Hand hinein versprechen, daß er ihm angehören
wolle, wenn seine Zeit abgelaufen sei. Und der Gfreris ging's
ein. Jetzt gab der Gfreris dem Teufel den Auftrag, er solle ihm
gespaltenes Holz in den Hof bringen und der Teufel schleppte
das Holz klafterweise vom Schwarzwald herbei und spaltete cs
bei Nacht und der Gfreris verkaufte und verkaufte Holz, so
viel, daß er bald der reichste Mann in der Stadt wurde und
die harten Gulden mit Scheffeln messen mußte. Da ihn aber
die Leute nicht mehr arbeiten sahen und sich nicht erklären
konnten, woher er das viele Holz bringe, da merkten sic's end-
lich, wie es mit dem Gfreris stand und kauften ihm nichts
mehr ab. Als der Gfreris sah, daß die Leute hinter seine
Schliche gekommen waren, hieß er den Teufel das übrige Holz
in den Neckar werfen und als der Teufel dies gethan hatte, !
da wurde der Neckar so wild, daß er schäumte und toste und
Häuser und Mühlen einriß, als wären cs Strohhalme gewesen.
Der Gfreris aber machte sich mit seinem Sündengelde aus dem
Staub, denn er hatte Angst bekommen von wegen der Geist-
lichkeit, die zu jenen Zeiten nicht gern mit sich spaßen ließ.
In Tübingen studirte er die Rechtslehre, d. h. die Kunst
der Rechtsverdreherei, mit der ein schlechter Kerl vornweg ver-
traut sein mußte im heiligen römischen Reiche, wie man das
damalige Deutschland zu nennen pflegte. Mit den flotten Stu-
denten der Hochschule zog er in allen schlechten Kneipen herum und
trieb sonstigen Unfuges die schwere Menge. Als er sein Examen
bestanden hatte und lügen konnte wie der Kronenwirth in Echter-
dingen oder seiner Mutter Geschwisterkind, der Revierförster von
Spaichingen, und des Studentenlebcns genug hatte, kaufte er
sich ein paar kohlrappenschwarze Hengste und einen Wagen und
kutschirte in's Oberland und lebte in Saus und Braus und
wenn er im Spiel mit den reichen Bauern, die er betrogen
hatte, Händel anfangen konnte, so war's ihm ei» Hauptver-
gnügen. Wenn ihm dann die Leute auf den Leib rückten, so
rief er den Teufel und dieser mußte die Schlüge für ihn in
Empfang nehmen und mit Zins und Zinseszinsen heimzahlen.
In Ravensburg machte er's am tollsten und verirte sogar
einmal einen alten und frommen Franziskaner, der aber machte
wenig Federlesens mit den beiden Spießgesellen, verjagte den
Teufet mit einem kräftigen Gebete und ließ den Gfreris in den
Thurm stecken. Als der Gfreris im Loche steckte, rief er den
ff f um Hilfe an, aber der Franziskaner war schlauer als sie
meinten, und hatte an Thür und Fenster ein Kreuz gemalt und
der Teufel mußte sich unverrichteter Sache davon machen. Da
nahm er die Gestalt eines Esels an, trabte in den Kloster-
garten und suchte sich bei dem Franziskaner wohl haran zu machen.
Wenn man von Rottcnburg (in Schwaben) dem Städtchen
Seebronn zugeht, rechts an der Straße, etwa eine Viertelstunde
von Rottenburg entfernt, liegt die Theodorichskapelle. Vor vielen
Jahrhunderten hatte einmal ein Rottenburger Bürger in der
Nähe einen großen Acker und da an der Stelle der genannten
Kapelle sich zu jener Zeit ein Bild des Gekreuzigten befand,
so Pflegte der fromme Mann, ehe er seinen Acker bestellte, ein
andächtig Gebet vor dem Bilde des Erlösers zu sprechen; wäh-
rend er aber betete, bestellten ihm die Engel seinen Acker. Aus
Dankbarkeit ließ er über dem wunderthätigen Bilde die Kapelle
erbauen und da sein Schutzpatron der heilige Thcodorich war,
so ließ er die Kapelle auf seinen Namen weihen.
Seitdem ging's ihm nun über alle Maßen gut und sein
Reichthum mehrte sich von Stunde zu Stunde. Das ärgerte
seinen Nachbar, einen Holzhändlcr, der Gfreris hieß, gar ge-
waltig und da er ein böser und gottloser Mensch war und sich
selbst vor dem Teufel nicht fürchtete, so machte er einen Pact
mit dem Gottseibeiuns und der fff versprach ihm zu thun,
was er wolle, bis seine Zeit um sei. Da der Teufel aber
sein Schuldbuch nicht gerade bei sich hatte, so mußte es ihm der
Gfreris in die Hand hinein versprechen, daß er ihm angehören
wolle, wenn seine Zeit abgelaufen sei. Und der Gfreris ging's
ein. Jetzt gab der Gfreris dem Teufel den Auftrag, er solle ihm
gespaltenes Holz in den Hof bringen und der Teufel schleppte
das Holz klafterweise vom Schwarzwald herbei und spaltete cs
bei Nacht und der Gfreris verkaufte und verkaufte Holz, so
viel, daß er bald der reichste Mann in der Stadt wurde und
die harten Gulden mit Scheffeln messen mußte. Da ihn aber
die Leute nicht mehr arbeiten sahen und sich nicht erklären
konnten, woher er das viele Holz bringe, da merkten sic's end-
lich, wie es mit dem Gfreris stand und kauften ihm nichts
mehr ab. Als der Gfreris sah, daß die Leute hinter seine
Schliche gekommen waren, hieß er den Teufel das übrige Holz
in den Neckar werfen und als der Teufel dies gethan hatte, !
da wurde der Neckar so wild, daß er schäumte und toste und
Häuser und Mühlen einriß, als wären cs Strohhalme gewesen.
Der Gfreris aber machte sich mit seinem Sündengelde aus dem
Staub, denn er hatte Angst bekommen von wegen der Geist-
lichkeit, die zu jenen Zeiten nicht gern mit sich spaßen ließ.
In Tübingen studirte er die Rechtslehre, d. h. die Kunst
der Rechtsverdreherei, mit der ein schlechter Kerl vornweg ver-
traut sein mußte im heiligen römischen Reiche, wie man das
damalige Deutschland zu nennen pflegte. Mit den flotten Stu-
denten der Hochschule zog er in allen schlechten Kneipen herum und
trieb sonstigen Unfuges die schwere Menge. Als er sein Examen
bestanden hatte und lügen konnte wie der Kronenwirth in Echter-
dingen oder seiner Mutter Geschwisterkind, der Revierförster von
Spaichingen, und des Studentenlebcns genug hatte, kaufte er
sich ein paar kohlrappenschwarze Hengste und einen Wagen und
kutschirte in's Oberland und lebte in Saus und Braus und
wenn er im Spiel mit den reichen Bauern, die er betrogen
hatte, Händel anfangen konnte, so war's ihm ei» Hauptver-
gnügen. Wenn ihm dann die Leute auf den Leib rückten, so
rief er den Teufel und dieser mußte die Schlüge für ihn in
Empfang nehmen und mit Zins und Zinseszinsen heimzahlen.
In Ravensburg machte er's am tollsten und verirte sogar
einmal einen alten und frommen Franziskaner, der aber machte
wenig Federlesens mit den beiden Spießgesellen, verjagte den
Teufet mit einem kräftigen Gebete und ließ den Gfreris in den
Thurm stecken. Als der Gfreris im Loche steckte, rief er den
ff f um Hilfe an, aber der Franziskaner war schlauer als sie
meinten, und hatte an Thür und Fenster ein Kreuz gemalt und
der Teufel mußte sich unverrichteter Sache davon machen. Da
nahm er die Gestalt eines Esels an, trabte in den Kloster-
garten und suchte sich bei dem Franziskaner wohl haran zu machen.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der geprellte Teufel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1870
Entstehungsdatum (normiert)
1860 - 1880
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 53.1870, Nr. 1312, S. 74
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg