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D' Ros'l.

Bei'm Singa singt btc zwonti Stimm'
Dei' Freundin, d' Ros'l, gern,
Derntweg'n thuast leicht lieber d i e, -
Als was die ander' hör'n,

Und genga d' Schwestern mitanand'.

Geht d'Ros'l hint'ndrein,

Und kimmst von' Tanz und Kirta' hoam,
Spielt d' Ros'l d' Zither fein.

Thun d' Ros'l weg, na' rieht' si' glei'
Der Handl anders ein,

Und wnr' bei Dir aa', wie's der Brauch,
Des Z'.voat' des Erst' nit sein!""

Das verwunschene Haus.

Der Rechtsanwalt Dr. Winter gehörte zu den glücklichsten
Leuten der Stadt. Jung, heiteren Temperaments und von
frischem Humor beseelt, war er in allen geselligen Kreisen eine
allgemein beliebte Persönlichkeit, während seine juristischen Kennt-
nisse ihm eine weit verzweigte Praxis und damit ein ansehnliches
Einkommen verschafft hatten. Auch im öffentlichen Leben wirkte
Dr. Winter mit Erfolg; in den liberalen Parteiversammlungen war
er ein beliebter Redner und die Stadtvcrordneten-Versammlung
hatte wenige Mitglieder aufznweisen, welche sich einer gleichen
Popularität erfreuten.

Namentlich tu letzter Zeit hatte er sich bei der Bürgerschaft

Das verwunschene Haus.

großes Ansehen erworben. Als vom Magistrat eine Erhöhung
der Miethsteuer in Aussicht genommen war, hatte Winter in
glänzender Rede die Vorlage bekämpft und zu Fall gebracht
und eine Philippica' gegen die Hauswirthe gehalten, welche in
geradezu schamloser Weise nur darauf bedacht seien, die Mieths-
preise für Wohnungen und Läden in die Höhe zu treiben. Die
Herzen aller Einwohner, welche unter dieser Last zu leiden hatten,
schlugen in warmer Verehrung für ihren Fürsprecher.

Fast schien es, als ob Dr. Winter das auserwählte Kind
des Glücks sein sollte. Ziemlich unerwartet starb ein Onkel,
dessen bedeutendes Vermögen seinem Neffen als einzigem Erben
zufiel. Winter hatte mit Onkel Pietzker im Leben nur ober-
flächliche Beziehungen gehabt und nur bei besonderen Ver-
anlassungen dessen Haus betreten. Der Onkel stand in schlechtem
Rufe. Allgemein bekannt war sein schmutziger Geiz. Es gingen ;
aber auch dunkle Gerüchte um, daß Pietzker Geld zu Wucher-
zinsen auslieh ■ und ihm jeder Weg recht schien, bei dem etwas
zu verdienen sei.

Zur Erbschaft des Onkels gehörte auch ein Haus, welches
in guter Gegend gelegen war und das, wenn cs auch auf den
Namen eines Prachtbaues keinen Anspruch erheben konnte, doch
einen ganz stattlichen Eindruck machte. Die Micther waren
meist kleinere Leute, doch besaß das Haus einen Portier, der
das besondere Vertrauen Pietzkers genossen hatte und seit Jahren
mit der Verwaltung betraut war.

Der neue Besitzer des Hauses unterwarf die Miethscontracte
einer sorgfältigen Prüfung und entdeckte mit einem Gefühl des
Unwillens, daß Onkel Pietzker .von Jahr zu Jahr gesteigert
hatte und die Bewohner des Hauses in jeder Weise zu drücken
bemüht gewesen war. „Das soll anders werden!" rief er aus.
„Welch' treffliche Gelegenheit, den Leuten zu zeigen, daß es
Hausherrn gibt, die das Herz aus dem rechten Fleck haben!"

Während diese menschenbeglückenden Ideen den neuen
Hausbesitzer erfüllten, war der Portier in's Zimmer getreten,
um über einige Angelegenheiten sich Auskunft zu erbitten.

„Gut, daß Sie kommen, lieber Schultze," redete ihn Do.
Winter an, „ich habe Ihnen einen erfreulichen Auftrag zu er-
theilen. Zeigen Sic den sämmtlichen Bewohnern an, daß vom
nächsten Quartal ab die Miethe um ein Viertel erniedrigt wird."

„Sie wollen sagen erhöht!" erwiderte Schultze zuversicht-
lichen Tones.

„Ich habe gesagt erniedrigt!" lautete die etwas scharf
ausgesprochene Antwort.

„Aber, mein Gott, das ist ja unmöglich!" wagte Schultze
zu entgegnen; „bedenken Sie doch, Herr Toctor, daß wenn—"

Er hatte keine Zeit, den Satz zu vollenden, denn die sonst
sanfte Stimme des Dr. Winter hatte plötzlich einen heftigen
Ton angenommen: „Ich bin gewöhnt, mein lieber Herr Schultze,
daß meine Befehle ausgeführt und nicht kritisirt werden. Thuen
Sie, was ich Ihnen gesagt, habe und zwar gleich morgen früh;
die formelle Anzeige wird den Micthern von mir später zugehen!"

Mit einem Blick voll Staunen und. ängstlicher Scheu ver-
ließ der unglückselige Portier das Zimmer. Im Zustande voll-
ständigster Aufregung betrat er seine Wohnung, und Frau und
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"D' Ros'l"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Balkon
Schwester <Motiv>
Sympathie <Motiv>
Junger Mann <Motiv>
Rückenfigur
Beobachtung
Karikatur
Fingergeste
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 68.1878, Nr. 1695, S. 18
 
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