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14,015

„Gestern fand ich cs im Orczh'schen Hanse, als ich zu
! Bozäk ging, und seither bin ich unglücklich, Marika. Was soll
ich damit machen? Was soll ich damit machen?"

„Nun, nun — Du wirst es auf dem Rathhnusc deponireu!"

„Du bist ein Engel. Du hast Recht. Ich hätte nicht
einen Augenblick lang zaudern dürfen! Komm' an mein Herz,
Du meine kleine Unschuld! Und Du oermochtest zu glauben, daß
ich außer Dir noch eine Andere lieben könnte — Du kennst
Deinen eigenen Werth nicht, Marika! Wie tief bin ich ge-
sunken im Vergleich 311 Dir!"

„Marika lachte laut auf. Aber jetzt bringe ich das Früh-
stück herein; Du hast ja gestern den ganzen Tag hindurch nichts
gegessen."

„Ja, ja, wir wollen essen," antwortete Gabor.

An der Thürc wurde geklopft. Dr. Bozük trat ein.
i „Nun, wer ist der Kranke?"

„Keiner," antwortete Marika; „aber sehen Sie nur, Gabor
fand gestern im Orczh'schen Hause, eben wie er zu Ihnen, ging,
| einen Haufen Geldes."

Damit hatte sie jedem weitern Zaudern ein Ende gemacht.

Gabor trug das Geld auf das betreffende Amt, ruhig,
wie Jemand, der eine edle That beschlossen.

„Der Eigenthümer hat sich auch-schon gemeldet," sagte
der Beamte, als er das Geld übernahm.

„Wer ist das?" fragte Gabor gespannt.

„Der Bankier Baumann, ein reicher Mann-; er besitzt
etwa drei Millionen. Wahrlich, mein Freund, Sic hätten
diese kleine Summe ohne jegliche Gewissensbisse behalten können.
Nun, im Uebrigen wird Baumann Ihnen sicher einen Beweis
seiner Dankbarkeit zukommen lassen!"

„Ich nehme nichts an!"

„In solchen Fällen ist meiner Ansicht nach stets die Art

Gulden. 43

der Schenkung maßgebend. Jedenfalls sind Sie, Herr Bogori,
ein sehr biederer Mann; ich habe Sie stets gern gehabt, von
nun an werde ich Sie hochachten." —

Der Vorfall erregte in seinem Kreise allgemeines Aufsehen
und Gabor's Werth hob sich in der Meinung seiner Umgebung
ganz ungemein. Nur Gabor's Schwiegervater, Herr Hammer,
konnte sich nicht beruhigen; er bewies ausführlich, daß für
Baumanu diese vierzehntnusend und einige hundert Gulden so
viel seien, als wenn er vierzehn Sechser verloren hätte. Ja,
er scheute sich sogar nicht, öffentlich auszusprccheu, wie er die
Großherzigkeit Gabor's für einen überflüssigen Scutimeutalismus
betrachte. Gabor dachte ungefähr selbst Aehnliches, doch raffte
er sich bald auf unb sagte sich: „Der Mensch sei unter allen
Verhältnissen rechtschaffen; auch hätte Jemand die Summe ver-
lieren können, dessen ganzes Vermögen sie ausmachte."

„Ich bin nur neugierig," sprach Herr Hammer wieder,
„ob in diesem Baumann wohl ein bischen Chevalereskcs sein
wird. Es sind schon vier Tage verflossen und noch hat er sich
nicht gerührt. Ein geiziger, nichtsnutziger Mensch!"

Bei Bvgori's war die alte glückliche Ruhe zurückgekehrt
und das verflossene Ereiguiß bildete schon mehr den Gegen-
stand gemüthlichen Scherzes; so etwas kommt ja doch nur selten
vor. Marika dachte allerdings öfters an Baumann, ob er
sich ihrer wohl erinnern werde, doch getraute sic sich vor
Gabor niemals davon zu sprechen, denn er war in solchen
Dingen sehr stolz. So vergingen nahezu zehn Tage und die
beiden Gatten plauderten nach dem Mittagessen gut gelaunt mit
einander, als ein Eisenbahn-Bediensteter in ihre Stube trat.
Er übergab an Gabor einen Brief und entfernte sich mit nchtuugs-
vollem Gruße. Der Inhalt dieses Briefes lautete, wie folgt:

„Geehrter Herr!

Die U . . . .-O . . . .-Bahn-Gesellschaft hielt heute
Vormittag ihre Ausschußsitzung, in welcher auch die Besetzung
der vacanten Stelle eines juristischen Bei-Rathes zur Be-
sprechung kam. Diese Stellung erheischt nebst juristischen
Fachkenntnissen auch außerordentliche Rechtschaffen-
heit, und werden Sie es daher verstehen, daß ich Sie für
diese Stellung in Vorschlag brachte. Mein Antrag wurde
angenommen. Die Stellung ist vorläufig mit nur sechs-
tausend Gulden Jahresgehalt verbunden, doch wird der-
selbe durch die Gesellschaft bei der wachsenden Ausdehnung
des Unternehmens entsprechend erhöht werden. Es wird mich
freuen, wenn ich heute oder morgen zur Verabredung des
Näheren die Ehre haben werde, Sic empfangen zu können.
Jedenfalls bitte ich Sie, in mir Ihren Freund zu erkennen,
und genehmigen Sie den Ausdruck meiner Hochachtung -

Bau man u."

Gabor und Marika fielen sich unter Thräneu des Glückes
in die Arme.

Sie hätte« noch lange in dieser stummen Umarmung ver-

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"14,615 Gulden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Fund
Geld <Motiv>
Mantel <Motiv>
Ehepaar <Motiv>
Gewissen
Karikatur
Schreibtisch
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 68.1878, Nr. 1698, S. 43
 
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