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Die verpfändeten Professoren.

war so prickelnd und frisch gewesen, und die drückende Schwüle
wurde selbst im schattigen Garten lästig. Da fragte plötzlich
das schmucke Schenkmädel im Vorübergehen und verlockend wie
eine Sirene: „Darf ich dem Herrn Professor nicht noch ein
Glas bringen?" — Nun, lieber Leser, Du kennst ja die Ge-
schichte vom Löwen, der Blut geleckt hat. — Bald war auch
das zweite Glas geleert und der Freund kam noch immer
nicht. — Der als Pfand Zurückgelassene konnte freilich nicht
wissen, daß College Maibel erst die Rückkehr seiner Gebieterin,
welche die Kasse in strengem Verschluß hielt, aus einem — -
Kaffeekränzchen erwarten mußte. — — — Da rollte ein
elegantes Gefährt heran. — Ein junger, blonder Mann, dessen
Brust ein Corps-Band schmückte, sprang herab, klopfte dem
Schenkmädchen auf die Wange, und, als er den einsamen,
alten Herrn gewahrte, ries er in fröhlicher Ueberraschung: „Wie
freue ich mich, mein lieber, verehrter Herr Professor, daß ich
Sie hier finde! — Sie erlauben doch, daß ich Ihnen Gesell-
schaft leiste?" — „Mit dem größten Vergnügen!" — „Lassen
Sic uns von Ihren Studien plaudern!" war die höfliche
Entgegnung, und der junge Student streckte sich behaglich auf
die Gnrtenbank. „Aber, mein Gott, Sie sitzen ja vor leerem
Glase!" bemerkte erstaunt der allzeit durstige Musensohn.
„Schönes Kind, zwei Seidel Waldschlößchen,"- und dem da !
draußen ein Glas „Kutscher". Der gute Professor freute
sich wirklich aufrichtig über das unerwartete Wiedersehen seines
Lieblingsschülers; aber waren es noch die Nachwirkungen der
großen Hitze, oder die Folgen heimlichen Entsetzens — kurz,
er mußte sich einige verrütherische Perlen von der Stirne
trocknen. — „Welch ein Leichtsinn!" murmelte er vor sich hin.
Lagerbier war damals noch ein sehr seltenes Getränk Md
wurde auf dem Lande nur bei Festlichkeiten, oder deren Vor-
feier verzapft.

Aber konnte sich der Professor vor seinem ehemaligen
Schüler eine Blöße geben? — Nimmermehr! — und bald er-
schallte es fröhlich: „Auf das Wohl der Lusatia! — Lusatia
hoch!" während die Gläser mit dem goldgelben Trank und
der weißen Schaummütze lustig aneinander klirrten.

Der ungewohnte Trank löste dem alten Herrn die Zunge,
— Schwänke aus der ältesten und der jüngsten Vergangen-
heit wurden ausgetauscht; — der gute Professor war wieder
jung, und sah sich im Geiste als stattlichen Senior, mit dem

blanken Schläger in der Faust. — So war ein Stündchen
im Fluge dahingerauscht, und höflich stellte der junge Student |
seinen Wagen zur Verfügung. „Es ist noch so entsetzlich I
heiß!" sprach er freundlich überredend, „wollen Sic denn ganz j
ermattet zu Hause ankommen? — Ich bitte, fahren Sic doch
mit mir!" Aber der Professor blieb standhaft, und lehnte
unter gänzlich nichtssagenden Vorwänden entschieden ab; —
er war ja Pfand. — Sehnsüchtig folgten seine Blicke den
aufwirbelnden Staubwolken des dahinrollenden Wagens.

Die nächste Stunde kroch bleiern und schneckenlangsam
dahin; — da kommt der Freund endlich angekeucht. Redselig
theilt ihm Aibel das kleine Erlebniß mit, und wie köstlich das
„Waldschlößchen" geschmeckt habe. Der arme, abgehetzte College
erschrickt. „Wie unbesonnen und leichtsinnig hast Du gehandelt!" !
ruft er zürnend, „ich habe ja nur einen Groschen von meiner |
Frau zu unserer Auslösung erhalten, und nun machst Du
Dich solcher Extravaganzen schuldig!" — Aibel war tief zer-
knirscht, und es blieb jetzt nichts anderes übrig, als daß Er
sich nun seufzend auf den Weg machte, und der gute, über-
müdete Maibel als Pfand zurückblieb, nachdem derselbe feierlichst
gelobt hatte, sich jeder Ausschreitung gewissenhaft zu enthalten. !
— — Der Th au perlte bereits an den Blumen und Gräsern,
die verstaubt am Grabenrande nach Erfrischung lechzten, ähn- i
lichden alten, im Bücherstaub grau gewordenen Herren, die
viele Stunden früher gerade so geschmachtet hatten, und der
Vollmond übergvß mit silbernem Licht die öde Landstraße, als
zwei verspätete Wanderer, in tiefes Schweigen versunken, dem
heimathlichen Herde zupilgerten. Nachdem sie das holperige
Pflaster erreicht hatten, wo das Geräusch der Schritte die
Stimmen dämpfte, begann klagend Professor Aibel: „Ich weiß.
Du denkst in Trauer unserer köstlichen Studentenzeit, als wir
noch frei waren, und, die junge Brust von Hoffnungen geschwellt,
thatenfroh in die Zukunft blickten!" Aber College Maibel
entgegnete wehmüthig: „Laß die Träume unserer Jugend begraben
sein; man beschwört nicht ungestraft jene lieblichen Lichtgestalten
zu neuem Leben!" Mit beklommener Stimme „gute Nacht"
wünschend, und mit vielsagendem Händedruck trennten sich die
Freunde; — sic wußten, was ihnen bevorstand. — — Der
; Vollmond aber, der stille, diskrete Lauscher, blickte mitleidig
lächelnd auf sie herab.

Besser.

„Dieses verwünschte Geschreibsel in der Welt, dies ver-
fluchte Zeitungsgethu', und ist so viel erlogen —" — „Seien
Sie froh, denn wenn Alles wahr wäre, was geschrieben und
j gedruckt wird, da wär' erst der Teufel los!"

Galant.

Dame: „Ob Sie es mir glauben wollen oder nicht,
ich zähle doch schon 48 Jahre!" — Herr: „48? Ich hätte
wirklich geglaubt. Gnädige wären erst 47 !"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die verpfändeten Professoren"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 70.1879, Nr. 1756, S. 90
 
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