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Meister Nikels böse Tage.

„Ja, ja! es wird ja nicht! Das ist leicht gesagt! O
heiliger Laurentius! Wenn's nur schon aus war'!" — Der
Rathsschreiber schickte sich zum Fortgehen an. „Meister," sagte
er, „ich wollte Euch fragen wegen des Gewandschnittes . . .
aber ich komme morgen oder übermorgen wieder, da werdet
Ihr..." — „Morgen oder übermorgend" rief mit bitter'm
Lachen der Verzweiflung der Meister. „Da mögt Ihr mich
un Todtcnbaum suchen, da bin ich längst ein stiller Mann!"

Draußen sagte Goswin zur Frau Hermengild, die ihn
Zur Thüre hinausbegleitet: „Der Meister sollte zum Bader..."

Diese aber fiel ihm kopfschüttelnd in's Wort: „Er ist
Nicht aus dem Hause zu bringen, hab's ihm auch schon gerathen,
da schreit er aber ans: „Draußen geht das Gespenst um; ich
gehe keinen Schritt aus dem'Hause!" Ach, ihr lieben Heiligen
Himmel, was noch daraus werden soll! . . . Also, auch
Ihr habt meinen Mann draußen auf der Gasse. . . ?" Aber

schon hatte sich der Rathsschreiber nach raschem Gruße entfernt.

* *

*

„Valtin, das hat toller gewirkt, als ich je geahnt!" rief
Goswin seinem Gaste zu, als er wieder nach Hause gekommen.
»Meister Nikel ist in Todesangst des Doppelgängers wegen!
Er hat Euch viel zu Leide gethan, aber jetzt muß er es auch
furchtbar büßen. Wir müssen eilen, daß die Sache ein Ende
nimmt — ich glaube, er geht sonst noch drüber ein! Nun schnell
an's Werk. Nur noch einmal sollt Ihr hinaus, das bringt
Uns zum Ziel! Aber jede Minute muß benützt werden! Bald
ist die ganze Stadt von der Geschichte voll, und dann ist's
zu spät!" Goswin setzte nun seinem Gaste auseinander, wo-
hin er zu gehen, und was er zu sagen habe. Der Besorgte
Zollte davon nichts wissen. „Das sei zu bedenklich und gefähr-
iich!" sagte er. „Ihr seid's Eucrm Kinde schuldig!" rief Gos-
win. „Wollt Ihr die Regine dem Wüthcrich, dem Höhne, über-
iiefern lassen? Es ist ja nur noch ein einziges Mal, es muß
glücken, und dann ist Alles erreicht!" Seufzend und bang
ergab sich Valtin in sein Geschick und machte sich nochmals auf

den Weg als seines Bruders Doppelgänger.

* *

*

In Meister Nikels Hause war tiefe Bestürzung. Den
Zindern war längst nicht mehr verborgen, was den Vater der- j
gestalt in Angst und Verzagen gesetzt; Frau Hermengild mußte
M ihres Mannes Doppelgängerei glauben, so sehr sic sich auch
Anfangs dagegen gesträubt hatte, da immer neue Zeugen die-
selbe bestätigten. Daß es aber, wenn Einer doppelt umher- 1
gehe, dessen ganz nahen Tod anzeige, wußte Jedermann, und
waren denn Alle verstört und voll Bangigkeit um den Vater
versammelt, der bleich und verfallen im Lehnstuhl saß — in
dumpfem Briitcn vor sich hinstarrend.

Man redete offener von dem Schrecklichen, und dasselbe
^Urde dadurch um Vieles schrecklicher. Regine erzählte auf
befragen, wie ihr der Oheim, als er gestern gegen Abend in
^ie Stube getreten, fremd und ungewöhnlich erschienen. „Er
^ar es," sagte sie, „und war's auch wieder nicht; es war seine
stimme und klang doch anders, als sonst!" Alles das deut-
sche Beweise, daß ein unheimlich Gespenst dageweseu sei.:

Meister Nikel hatte sich in das Unabänderliche, so gut es
ging, zu schicken gesucht, aber unablässig quälte ihn die Angst,
sein eigen Gespenst werde Plötzlich vor ihn hintreten und ihn
anstarren, und er so vor Entsetzen seinen Tod finden.

Draußen ans der Hausflur war Friedel, des Meisters
zehnjähriger Sohn, als Wache ausgestellt — er solle Alle ab-
wcisen, die etwa nach dem Meister fragten, mit der Kunde,
der Vater sei krank, und könne Niemand sprechen.

(Schluß folgt.)

Frage.

Beim Mittagessen sind Papa, Mama, der kleine Carl und
Mariechen versammelt. Darauf geht Carl zur Schule und sagt
zu seinem Freunde Fritz: „Du, wir waren heute t 2 Personen
bei Tische!" — Wie ist das zu erklären?

(Antwort auf Seite 167.)

Ein Signal.

Irgendwo lebt ein Graf, der eine große Virtuosität im
Schuldenmachen hat. Wenn der zu Hause ist — so weht
eine alte, vom Sturm zerfetzte Flagge von dem alten Schlosse
- ist er aber abwesend, so ist dieselbe eingczogen. Darum
sagen seine vielen, nie befriedigt werdenden Gläubiger auch mit
Recht: „Ist der Lump drinn', ist der Lumpen heraußcn — ist
der Lumpen drinn', ist der Lump Heraußen."

2 t *
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Signal"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 70.1879, Nr. 1765, S. 163
 
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