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Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- Preis des Bandes (26 Nummern) JC C.70. Bei direktem

Handlungen, sowie von allen Postämtern und "|ÄTro. A ^ Bezüge per Kreuzband: sür Deutschland und Oesterreich ^XXV

Zeitungs-Expeditionen angenommen. ^ 7.Ü0, sür die anderen Länder des Weltpostvereins

Erscheinen wöchentlich ein Mal. Einzelne Nummer 30

Schaufel-Fuchs.

In, einer großen Stadt im fernen Osten des deutschen
Reichs lebte vor langer Zeit, nur seinem Geschäft, einer
blühenden Eisenhandlung, sich widmend. Herr Friedrich Wilhelm
Schmidt als alternder Junggeselle. Reich mit irdischen Glücks-
gütern gesegnet, war ihm seine Thätigkcit im Geschäft gewohn-
heitsmäßiges Bedürfniß geworden, bis ein außergewöhnliches
Ereigniß ihm diese Thätigkcit plötzlich und für immer verleidete.

Seit dreißig Jahren etablirt. konnte Schmidt in Wahrheit
behaupten, daß in dieser langen Zeit ein größeres Versehen,
ein grober Jrrthum im Geschäft nie vorgekommen, und doch
mußte er sich seit einiger Zeit, seit dem Tode seines lang-
jährigen Buchhalters selbst gestehen. daß das geschäftliche
Gleichgewicht, die penible Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit nicht
mehr die alt gewohnte war. Nicht wenig hatte dazu das
Engagement des Herrn Zippel, eines ihm verwandten jungen
Mannes beigetragen, dessen ideale Weltanschauung zwischen der
wohlberechneten Regelmäßigkeit des Geschäftes und einer ganz
gewöhnlichen Tretmühle einen Unterschied nicht zu finden
vermochte.

Und so geschah denn einst ctivas ganz Unerhörtes. Bei
einer Bestellung von westphälischen Eisenwaaren. und zwar von
5000 Stück Hufnägeln Nr. 121

100 Stück Schaufeln Nr. 117

verwechselt Zippel die Namen und bestellt

5000 Stück Schaufeln Nr. 121

100 Stück Hufnägeln Nr. 117.

ohne daß Schmidt bei der Unterschrift den Jrrthum bemerkt,
und so trat denn dieser Jrrthum erst zu Tage, als eine Reihe
von Fuhrleuten die bestellten Maaren ablieferten.

Zur Zurücknahme der unbrauchbaren Schaufeln war der
Fabrikant nicht zu bewegen, weil er dieselben, ihrer veralteten
Form wegen, in Folge der Bestellung erst hatte anfertigen müssen.

Zippel wurde sofort entlassen. Schmidt war außer sich,
liguidirte sein Geschäft und zog dann fort, weit bis nach
Süddeutschland, woselbst eine Nichte von ihm lebte.

Die Liquidation des Geschäftes war flott vorwärts ge-
gangen. im Ausverkauf wurde der Laden bald geräumt, die
Restbcstündc verauktionirt. Die beiden Alteisenhändler Hcrsch
Lubliner und Nathan Fuchs erstanden fast Alles; nur als die
Schaufeln an die Reihe kamen, bot Keiner, bis endlich, nachdem
sich alle Bieter entfernt, der Hersch den ganzen großen Posten
Schaufeln für wenige Thaler übernahm. Damit war die
Liquidation beendet, die Firma Fr. W. Schmidt erloschen, und
Hersch Lubliner war glücklicher Besitzer von 5000 Stück
Schaufeln Nr. 121.

Und er blieb lange, lange Jahre Besitzer dieser Schaufeln.
Nie glückte cs ihm. trotz aller Miihen auch nur einige Stück
zu verkaufen, denn die Form war gar zu ungeschickt, und
bald trat zu dem Schaden auch noch der Spott, so daß der
Hersch schließlich allgemein Schaufel-Hersch genannt wurde. Zu
diesem Spitznamen trug Niemand so viel bei. als sein größter
Concurrent ans dem Alteisenmarktc. der Nathan Fuchs, und so
entstand bald zwischen diesen beiden früheren Freunden ein
Haß. der mit den Jahren immer schärfer hervortrat.

Jahr ans Jahr verging. Nathan Fuchs und Hersch
Lubliner waren alte und steinreiche Männer geworden. Auch die
Welt war älter und klüger geworden. Es war eine neue Zeit an-
gebrochen — die ersten Lokomotiven brausten auf deutscher Erde.

In seinem Sorgenstnhle saß Hersch Lubliner und ließ
sein langes, reichbewegtes Leben an seinem Geiste vorüberziehen.
Schmunzelnd gedachte er der so oft bewährten Schlauheit, welche
ihn im Geschäftsleben über so manche Klippe hinweggehoben,
vor so manchem Schaden bewahrt hatte. Er gedachte der Zeit,
wie er als armer halbverhungerter verachteter Jüngling von

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