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202

Südwcst - afrikanischc Reisebricfc.

(Schluß.)

Hunderte von sprechende Papajeien un Kakkadu's in ebenso
viele Farben saßen und standen um uns 'rum auf die Manjrowe-
jebiische, un schrie'n in alle möglichen un unmöglichen dunkeln
Dialekte durch'nander: „Jocko auch >vas haben!" „Juten Morgen,
Jocko!" „Jocko, Kühlen geben!" „Lori, Köppken krauen!" — deß
einen Hören un Seh'n verfing. Dazwischen jlitzerten Milliarden
Kolibri's wie noch 'mal so viel Edison'sche Jlühlämpkens, un die
Kaktusse un Aloös un Viktorja Rejias schossen um uns 'rum wie
Pilze aus die Erde un machten einen durch ihren penetranten Jc-
ruch reineweg besoffen.

Ich weiß nich, Emil, sagte ick zu meinen Neffen, Herrn Leh-
mann, jewendet: bei uns in die Haascnhaide is am Ende doch auch
Bejetazion; aber so was wie hier, is mir denn doch in meinen
Leben noch nich vorjekommen! Worauf mir unser freindlicher Führer,
Professor Niesemeischel, die Bersich'rung jab: des wäre noch jar
nischt! Aber wenn man in die richtige warme Jahreszeit hier 'n
ausjerauchten Cijarrenstummel wegschmisse, denn hätte auf
den Fleck schon 'n ander'n Morsen eine Tabacksflanze von
den feinsten Cuba oder Portoriko Wurzel jeschlagen, >vas
ich nach das bisher von mir selbst Erlebte for durchaus nich über-
trieben halte.

Auch Versuche mit die direkte Erzeijnng von Brat-
kartoffeln sollen an besonders jünstigen Stellen bereits mit Er-
folg jemacht worden sind. Das Jroßartigste in diese
Hinsicht bleibt aber doch natierlich immer die Palme,
wod'rauf janz von selber un ohne die jeringste kinstliche
Kulturzucht, der Sajo, die Dattel un die Kokusnuß dichte
neben'nander auf denselben Zweig wachsen, un die außer-
dem, wenn man ihr anbohrt, auch noch das Jetränk dazu
liefert — den sojenannten Palmschnaps, der, wenn
man den Baum mit einen Pommeranzen-Ablejer oknlirt,
den feinsten Bittern mit Jilka so ähnlich schmeckt wie ein
Ei das and're.

„Ja, ja", sagte Professor Niesemeischel nickend; „ohne
dieses Chewächs gönnte es der Mensch in Afrika iwer-
hanpt gauin aushalten, indem ich die Balme sozusagen
als „das Rennthier der dropischen Zone" be-
zaichnen mechte!"

Noch ehe ich den Jelehrten über dieses treffende Bild
meine Hochachtung aussprechen konnte, schrie derselbe jedoch
pletzlich auf, als ob ihm vorne 'ne Jiftschlange auf's Vor-
hemde langklappertc, un zeigte dabei mit die rechte Hand
ans des ringsrummige Jebisch, wo so ein Dutzendner ein
bis zwei Nejerköppe durch des Laubwerk durch eine Sorte
Zähne fletschte, die man das Menschenkauen als ihre natierliche Be-
schäftigung auf mehr als dausend Schritte hätte anseh'n können.

„Jeses ja, da sin Sie die Mpungu-Näger — nu is 's Mathiä
am Letzten mit uns: eh' die nich von Jäden das letzte Gnöchelchen
blitzblank abkcnagt ha'm, läjen se Messer un Gabel schon gar nich
aus Händen — ai cha!" ächzte Niesemeischel an'it janzen Leibe
bibbernd; un ick muß sagen, mir wurde bei den Jedanken an die Ver-
dauungsbeschwerden, die ich meine farbijen Nebenmenschen hier so un-
verschuldetermaßen bereiten sollte, ooch verflucht koddrig zu Mnthe.

Der Einzigste, der janz verjüngt un ruhig schien, war mein
Newöh Emil Lehmann, indem er allerdings der magerste von uns
drei war, un auf den ersten Anblick einen besonder» jastronomischen
Hochjenuß nich versprach.

„Haben Sie nich ooch 'ne Mpnngu-Falle oder sonst so Ivas !

in der Nähe?" fragte ich flistcrnd; Niesemeischel aber schiddelte in
stille Verzweiflung mit deS Haupt, un stöhnte, deß bei die Kerrels
mit List jar nischt nnzufangen wäre: „Jmboniren muß mer die

schwarzen Luderchens-wenn mer nor ä Garrö pildcn gönn-

dcn-awer pildcn Se mal mit drei Mann hoch ä Garrö!

Des griechte sälbst ä preiß'scher Fäldwäbel nich färt'ch!"

Kaum hat der Professor den Namen „Feldwebel" 'raus, so
denke ich, ooch meinen Neffen hat die Tarantel jestochen; wie der
Deibel is er von's Kameel 'run un schreit nu mit ein Orjan, wie
der dollste Unt'roff'zier bei's Rekrutenex'ieren aus'n
Kasernenhof: „Janze Kompannie halt! Front! Abjcsesscn!"
so deß es mir als ollen Träng-Landivehrmann orndtlich heimath-
lich durch die Knochen fuhr.

Ich also ooch von meinen Dromedarpuckel 'runter, un Niese-
mcischel von den seinichten hinterher, wod'rauf mein Neffe Emil
mit desselbe Orjan weiterbrüllt: „Anjetreten!" nn wir beede, der
Ausstoppeprosessor un ich, in die erste Drillpvsizion 'reinfahren, deß
es man so pusft.

Äin hätten Sie aber die schwarzen Bengels seh'n sollen! Von
die Sticker zehn bis zwölf Mpungus, die jetzt mit offne Mäuler
schon dichte bei uns 'ranjekommen waren, kriegt mein Neffe die
beiden ersten besten bei die Schultern, schiebt sie mit einen hörbaren
Ruck an uns're Fronte 'ran un schreit, deß ich denke, der janze

Urwald fällt in'n Klump: „Schwerenoth, haben denn die
Kerrcls wieder 'mal kcene Löffeln! „Antreten" is kom
mandirt!—J'rade jestanden! Brust 'rauS! Will der Mpungu
'mal da seinen jeehrtcn Bananenbauch 'ne halbe Elle zurücknehmen,
sonst laß' ich'n ihni abrasieren! — Da hinten den dritten Mann
hängt die Schkalplocke wieder lute 'ne Schlafmitze auf's linke Ohr
- ja, Ihnen da meine ich, Sie mit die konkavjeschliff'nen Brillcn-
jläserbeine! Wenn der Dorfdeibel nu nich jleich die Knien so durch -
.drückt, daß die Kniescheiben hinten wieder 'rauskommen, denn soll
er drei Wochen hintcr'nander Dag un Nacht Bockspringen, bis er
Ocl jiebt!"

Die Wirkung von diese Schnoddrizität, meine Herren, kann ick
Ihnen nich beschreiben! Unjefähr die Hälfte von des schwarze Pack
hatte schon bei's dritte Wort kehrt jcmacht un war in das Palmen-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Südwest-afrikanische Reisebriefe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsdatum (normiert)
1885 - 1885
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 82.1885, Nr. 2083, S. 202
 
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