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204
Aus Emiliens Tagebuch.
Herbst 1890.
Ma bin ich wieder, aus der Sommerfrische
^ ' Mit meinen Eltern glücklich heimgekehrt.
Oft war ein Wetter, passender für Fische,
Als Menschenkinder, wirklich — unerhört!
Es traten Flüsse aus, es rutschten Dämme
Und in der Stube wuchsen schier die Schwämme.
Nun sind wir wieder häuslich eingerichtet —
Wie heimelt doch die Vaterstadt uns an!
Man ist zu Dank dem Magistrat verpflichtet,
Der für Verschön'ruug manches hat gethan
Und da und dort auf Plätzen oder Straßen
Hat dies und jenes wieder richten lassen.
Vor Allem int'ressirt uns das Theater,
Wir sind natürlich wieder abonnirt.
Die neuen Stücke ärgern zwar den Vater,
Der überhaupt gewöhnlich raisonnirt,
Doch für die Neuzeit und das Hochpikante
Schwärmt Gott sei Dank mit mir die liebe Tante.
So sah ich jüngst die „Eva" und die „Ehre";
Ich finde beide Stücke amüsant.
Vergeblich sucht' ich da das Ordinäre,
Das die Kritik im Zucht- und Rück-Haus fand.
Begegnete wie Elimar ein solcher
Mir je, wie Eva griff' ich zum Revolver.
Schrecklich!
Wie der Plnntagenbesitzer Mister Slauköpig
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A. ' Am'1"
7 V ! /
Im Glaspalaste sah'n wir noch die Bilder,
Die Sonne schien ihr reizendstes plein air,
Zur Seit' mir vor den Bildern stand ein Wilder,
Der freute sich der bunten Leinwand sehr,
Besonders aber — ach es fehlt' am Takte
Dem Wüstensohn — erfreute ihn das Nackte!
Wie viele wirklich traurige Gestalten
Erblickt man hier in Jammer, Elend, Noth,
Wohin man schaut, in Farben! Die sie malten,
Verdienen wohl zum Wasser kaum das Brod.
Sonst sagte man: „Die Kunst sei froh und heiter!
Heut' macht sie einem Kopfweh und so weiter.
Wir sah'n die Beduinen auch natürlich.
Auch dieses Schauspiel war sehr int'ressant;
Doch lobte, scheint mir, mehr noch als gebührlich,
Der Männer Wuchs und Schönheit meine Tant',
Ich glaube ihr gefiel' ein Menschenfresser!
Ich weiß mir Einen, der gefällt mir besser.
So bin ich denn, da es nun Herbst geworden,
Vergnügter fast, als wie zur Sommerszeit.
Wär' nicht das Fleisch so theuer allerorten —
Zehn Pfennige ist keine Kleinigkeit —
Im neuen Hut, im Ueberwurf, im neuen,
Könnt' man des Daseins wirklich fast sich freuen.
//
v. Miris.
Boshaft.
„Herr Wirth, Sie werden auch nie zum Militär genommen!"
— „Warum denn nicht?" — „Weil Sie das gehörige Maß
nicht haben!" _
Macht der Gewohnheit.
seine Schwiegermutter verloren hat.
„Warum steht denn der Herr Braumeister immer so
da?" — „Das thut er halt von der Zeit her, als er noch
204
Aus Emiliens Tagebuch.
Herbst 1890.
Ma bin ich wieder, aus der Sommerfrische
^ ' Mit meinen Eltern glücklich heimgekehrt.
Oft war ein Wetter, passender für Fische,
Als Menschenkinder, wirklich — unerhört!
Es traten Flüsse aus, es rutschten Dämme
Und in der Stube wuchsen schier die Schwämme.
Nun sind wir wieder häuslich eingerichtet —
Wie heimelt doch die Vaterstadt uns an!
Man ist zu Dank dem Magistrat verpflichtet,
Der für Verschön'ruug manches hat gethan
Und da und dort auf Plätzen oder Straßen
Hat dies und jenes wieder richten lassen.
Vor Allem int'ressirt uns das Theater,
Wir sind natürlich wieder abonnirt.
Die neuen Stücke ärgern zwar den Vater,
Der überhaupt gewöhnlich raisonnirt,
Doch für die Neuzeit und das Hochpikante
Schwärmt Gott sei Dank mit mir die liebe Tante.
So sah ich jüngst die „Eva" und die „Ehre";
Ich finde beide Stücke amüsant.
Vergeblich sucht' ich da das Ordinäre,
Das die Kritik im Zucht- und Rück-Haus fand.
Begegnete wie Elimar ein solcher
Mir je, wie Eva griff' ich zum Revolver.
Schrecklich!
Wie der Plnntagenbesitzer Mister Slauköpig
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Im Glaspalaste sah'n wir noch die Bilder,
Die Sonne schien ihr reizendstes plein air,
Zur Seit' mir vor den Bildern stand ein Wilder,
Der freute sich der bunten Leinwand sehr,
Besonders aber — ach es fehlt' am Takte
Dem Wüstensohn — erfreute ihn das Nackte!
Wie viele wirklich traurige Gestalten
Erblickt man hier in Jammer, Elend, Noth,
Wohin man schaut, in Farben! Die sie malten,
Verdienen wohl zum Wasser kaum das Brod.
Sonst sagte man: „Die Kunst sei froh und heiter!
Heut' macht sie einem Kopfweh und so weiter.
Wir sah'n die Beduinen auch natürlich.
Auch dieses Schauspiel war sehr int'ressant;
Doch lobte, scheint mir, mehr noch als gebührlich,
Der Männer Wuchs und Schönheit meine Tant',
Ich glaube ihr gefiel' ein Menschenfresser!
Ich weiß mir Einen, der gefällt mir besser.
So bin ich denn, da es nun Herbst geworden,
Vergnügter fast, als wie zur Sommerszeit.
Wär' nicht das Fleisch so theuer allerorten —
Zehn Pfennige ist keine Kleinigkeit —
Im neuen Hut, im Ueberwurf, im neuen,
Könnt' man des Daseins wirklich fast sich freuen.
//
v. Miris.
Boshaft.
„Herr Wirth, Sie werden auch nie zum Militär genommen!"
— „Warum denn nicht?" — „Weil Sie das gehörige Maß
nicht haben!" _
Macht der Gewohnheit.
seine Schwiegermutter verloren hat.
„Warum steht denn der Herr Braumeister immer so
da?" — „Das thut er halt von der Zeit her, als er noch
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Schrecklich!" "Macht der Gewohnheit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 93.1890, Nr. 2367, S. 204
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg