ten37). Indes spricht die wohl wichtigste Schriftquelle zum mittelalterlichen Sakralbau
unseres Gebiets - die sogenannte „östringer Chronik“ - gegen einen Vorgängerbau
aus Granit in Fedderwarden. In diesem detaillierten Bericht über die langjährigen
schweren Fehden 1148 bis 1168, bei denen die meisten Kirchen als wichtige „sakrale
Kraftquellen“38) der planvollen Zerstörung des Gegners preisgegeben waren, wird die
Fedderwarder Kirche nicht erwähnt. Sollte sie als eine der ganz wenigen Kirchen von
einer Niederreißung verschont geblieben sein?
Jedenfalls ist aufgrund der Befunde am Bau mit großer Wahrscheinlichkeit die Zweit-
verwendung einem Vorgängerbau entstammender Granitsteine für das Sockelmauer-
werk auszuschließen, da Kanten und Ecken der Quader sonst ausgeschlagen wären:
Spuren, die in der Regel auf eine Wiederverwendung hindeuten39). Dagegen lassen
sich im aufgehenden Backsteinmauerwerk zwei Granitsteinschichten feststellen. Da
sie in die Westmauer der barocken „Neuen Kirche“ eingelassen sind und ihr Vor- 4
kommen auf eine kleine Fläche begrenzt ist, wird es sich in diesem Fall um wiederver-
wandte Quader handeln. Sicherlich wurden sie bei den damaligen Umbauten dem
Sockel als überzählige Steine entnommen.
Wahrscheinlich wurde die Fedderwarder St. Stephanskirche von vornherein in Ge-
mischtbauweise errichtet, also mit Backsteinmauerwerk über bündigem Granitsockel.
Diese Bauweise ist während der Übergangsphase von der reinen Granitbauweise zur
Backsteintechnik etwa bis ins zweite Viertel des 13. Jahrhunderts auch in anderen Fei-
len Ostfrieslands anzutreffen40).
Die genaue Betrachtung der Außenfassaden zeigt, daß die Zeit nicht spurlos an dem
Bauwerk vorübergegangen ist. So führten die vermutlich liturgisch bedingten Umbau-
ten im Eingangsbereich und durch statische Überbeanspruchungen bedingte Repara-
turen zu Störungen des sonst weitgehend einheitlichen Mauerverbandes, die unter an-
derem durch wechselnde Backsteinformate in Erscheinung treten.
Weitaus am häufigsten kommen am Langhaus Ziegelformate mit Dimensionen zwi-
schen 8,5 X 13 X 29 cm und 8 X 13,5 X 28 cm (an der Apsis 8 X 27,5 cm) vor, also ver-
hältnismäßig große Handstrichsteine, wie sie bis ins 15. Jahrhundert für unser Gebiet
charakteristisch sind41). Angesichts der Verschiedenheit des Rohstoffes und der da-
mals nur rudimentär entwickelten Herstellungstechnik in provisorisch an der Bau-
stelle errichteten Brennöfen42) darf es nicht überraschen, daß hinsichtlich der Quali-
tät, der Formate und der Farbe starke Unterschiede festzustellen sind. Aber gerade
diese Abweichungen verleihen heute dem Mauerverband seinen eigenartigen Reiz, der
durch Fehlbrände — bei scharfem Brand tiefrot gefärbte Steine, die im Wechsel mit
normalen Backsteinen eingefügt wurden - zusätzlich verstärkt wird.
Spätere Bauphasen sind durch kleinere, brenntechnisch günstigere Steinformate zu er-
kennen: So wurden an der als Flügelanbau ergänzten „Neuen Kirche zweitverwen-
dete Ziegel von 8x27 cm und in den vermauerten Portalen Backsteine von 7 X 26,5 cm
gemessen. Eine stetige Reduktion der Backsteinformate ist an später ergänzten
bzw. neu aufgemauerten Bereichen der Außenfassade - Ostgiebel (1641), Westgiebel
(1699, 1766, 1785), Nordmauer (1769) - zu beobachten, bis die Handstechsteine am
1875 errichteten Westturm mit Abmessungen von 4,5 X 22,5 cm die kleinsten Dimen-
sionen erreichen.
Wie an anderen ostfriesischen Backsteinkirchen bestehen die Umfassungswände aus
einem zweischaligen Mauerwerk mit Gußkern, das an der Basis eine Stärke von etwa
1,30 m erreicht. Allerdings konnte vom Dachboden der zur Barockzeit angefügten
„Neuen Kirche“ an einem in ganzer Mauerstärke offenliegenden Rüstloch — ur-
sprünglich wurden die Rüstlöcher zur Durchlüftung und Trockenhaltung des Mauer-
werks nach dem Ausrüsten nicht verschlossen — festgestellt werden, daß in diesem Be-
reich ein aus ganzen Steinen gefügter Mauerverband ins Gußmauerwerk eingebunden
ist. Damit dürften sich die Beobachtungen von Manfred Meinz an der Ruine des
Kirchturmes in Friedeburg-Reepsholt (Friesland) und an der Kirche in Friedeburg-
Etzel (Friesland) erhärten, daß in unregelmäßigen Abständen Schichten von ganzen
Backsteinen gleichsam wie Bänder das Füllmauerwerk durchziehen43).
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unseres Gebiets - die sogenannte „östringer Chronik“ - gegen einen Vorgängerbau
aus Granit in Fedderwarden. In diesem detaillierten Bericht über die langjährigen
schweren Fehden 1148 bis 1168, bei denen die meisten Kirchen als wichtige „sakrale
Kraftquellen“38) der planvollen Zerstörung des Gegners preisgegeben waren, wird die
Fedderwarder Kirche nicht erwähnt. Sollte sie als eine der ganz wenigen Kirchen von
einer Niederreißung verschont geblieben sein?
Jedenfalls ist aufgrund der Befunde am Bau mit großer Wahrscheinlichkeit die Zweit-
verwendung einem Vorgängerbau entstammender Granitsteine für das Sockelmauer-
werk auszuschließen, da Kanten und Ecken der Quader sonst ausgeschlagen wären:
Spuren, die in der Regel auf eine Wiederverwendung hindeuten39). Dagegen lassen
sich im aufgehenden Backsteinmauerwerk zwei Granitsteinschichten feststellen. Da
sie in die Westmauer der barocken „Neuen Kirche“ eingelassen sind und ihr Vor- 4
kommen auf eine kleine Fläche begrenzt ist, wird es sich in diesem Fall um wiederver-
wandte Quader handeln. Sicherlich wurden sie bei den damaligen Umbauten dem
Sockel als überzählige Steine entnommen.
Wahrscheinlich wurde die Fedderwarder St. Stephanskirche von vornherein in Ge-
mischtbauweise errichtet, also mit Backsteinmauerwerk über bündigem Granitsockel.
Diese Bauweise ist während der Übergangsphase von der reinen Granitbauweise zur
Backsteintechnik etwa bis ins zweite Viertel des 13. Jahrhunderts auch in anderen Fei-
len Ostfrieslands anzutreffen40).
Die genaue Betrachtung der Außenfassaden zeigt, daß die Zeit nicht spurlos an dem
Bauwerk vorübergegangen ist. So führten die vermutlich liturgisch bedingten Umbau-
ten im Eingangsbereich und durch statische Überbeanspruchungen bedingte Repara-
turen zu Störungen des sonst weitgehend einheitlichen Mauerverbandes, die unter an-
derem durch wechselnde Backsteinformate in Erscheinung treten.
Weitaus am häufigsten kommen am Langhaus Ziegelformate mit Dimensionen zwi-
schen 8,5 X 13 X 29 cm und 8 X 13,5 X 28 cm (an der Apsis 8 X 27,5 cm) vor, also ver-
hältnismäßig große Handstrichsteine, wie sie bis ins 15. Jahrhundert für unser Gebiet
charakteristisch sind41). Angesichts der Verschiedenheit des Rohstoffes und der da-
mals nur rudimentär entwickelten Herstellungstechnik in provisorisch an der Bau-
stelle errichteten Brennöfen42) darf es nicht überraschen, daß hinsichtlich der Quali-
tät, der Formate und der Farbe starke Unterschiede festzustellen sind. Aber gerade
diese Abweichungen verleihen heute dem Mauerverband seinen eigenartigen Reiz, der
durch Fehlbrände — bei scharfem Brand tiefrot gefärbte Steine, die im Wechsel mit
normalen Backsteinen eingefügt wurden - zusätzlich verstärkt wird.
Spätere Bauphasen sind durch kleinere, brenntechnisch günstigere Steinformate zu er-
kennen: So wurden an der als Flügelanbau ergänzten „Neuen Kirche zweitverwen-
dete Ziegel von 8x27 cm und in den vermauerten Portalen Backsteine von 7 X 26,5 cm
gemessen. Eine stetige Reduktion der Backsteinformate ist an später ergänzten
bzw. neu aufgemauerten Bereichen der Außenfassade - Ostgiebel (1641), Westgiebel
(1699, 1766, 1785), Nordmauer (1769) - zu beobachten, bis die Handstechsteine am
1875 errichteten Westturm mit Abmessungen von 4,5 X 22,5 cm die kleinsten Dimen-
sionen erreichen.
Wie an anderen ostfriesischen Backsteinkirchen bestehen die Umfassungswände aus
einem zweischaligen Mauerwerk mit Gußkern, das an der Basis eine Stärke von etwa
1,30 m erreicht. Allerdings konnte vom Dachboden der zur Barockzeit angefügten
„Neuen Kirche“ an einem in ganzer Mauerstärke offenliegenden Rüstloch — ur-
sprünglich wurden die Rüstlöcher zur Durchlüftung und Trockenhaltung des Mauer-
werks nach dem Ausrüsten nicht verschlossen — festgestellt werden, daß in diesem Be-
reich ein aus ganzen Steinen gefügter Mauerverband ins Gußmauerwerk eingebunden
ist. Damit dürften sich die Beobachtungen von Manfred Meinz an der Ruine des
Kirchturmes in Friedeburg-Reepsholt (Friesland) und an der Kirche in Friedeburg-
Etzel (Friesland) erhärten, daß in unregelmäßigen Abständen Schichten von ganzen
Backsteinen gleichsam wie Bänder das Füllmauerwerk durchziehen43).
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