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Feder, Heinrich von [Bearb.]
Geschichte der Stadt Mannheim: nach den Quellen (Band 1): XVII. und XVIII. Jahrhundert ; mit 3 Plänen der Stadt Mannheim aus den Jahren 1620, 1633 und 1794 (Belagerung der Rheinschanze), einem Verzeichnisse der Hausbesitzer aus dem Jahr 1663 — Mannheim und Straßburg, 1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.24279#0070
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Regierungsthätigkeit.

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aus einenr Voikscharakter verschwanden, der denr krrchlicheir
Sektengeiste unzugänglicher ist, als jeder andere und daß da-
durch der Pfälzer gervöhnt wurde, Andersgläubrge zu achten
und neben ihnen zu leben." Carl Ludwig bewahrte diese
tolerante Gesinnung bis in sein Alter und er wußte sie unter
dem Einslusse des rnilden und geschmeidigen Theologeu Fabri-
cius zrr bethätigeu.

Die Universität Heidelberg wurde in diesem Sinne recon-
struirt, und von Chevrau leitete sogar den Churfürsten auf
den Gedanken, Spinoza zu berufen. Fabricius trat in's
Mittel, sicherte Spinoza alle Freiheit des philosophischen
Unterrichtes zu, vorausgesetzst daß er diese Freiheit nicht zur
Störung der öffentlich eingeführten Religion mißbraucheu
rverde. Spinoza erwiderte: „er wisse nicht, in welche Grenzen
die Freiheit des philosophischen Unterrichts eingeschränkt
rverden müsse, wenu sie nicht die Religiou zu beunruhigen
derr Schein haben solle" und damit wnrden die Verhandlungen
abgebrochen. Den richtigsteu Blick in die Denkrnrgsweise des
Churfürsten gewährt sein unterm 8. Mai 1677 von Fried-
richsburg aus erlassenes, den Aufsatz einer evangelischeu
Kirchenordnuug betreffendes Decret. Der Churfürst beklagt
darin zunächst die vielfache Unruhe und Zerrüttungen
irn gemeinen nnd häuslichen Wesen, welche durch
Spaltungen in Religionssachen entstehen. Wenn
nicht zu öffeutlicher Feirrdseligkeit, so führten die-
selbeu iusgeheim zrr stätem Mißtrauen und heim-
lichem Widerwillen. Der Churfürst will keiueu Spncre-
tismus, keine Religionsvermengung, weil diese sich selbst
widerspricht und in sich zerfallen müß, sondern er will nur
die Differentien beseitigen, welche aus der Menschen eignem
Humor, Wid erspenstigkeit, Singularität, Eigen-
siirnigkeit einiger Theologen, Eigenliebe, Stolz
Uird Gewinnsucht entspringen und von Andern um
'nehreres AnseheuS und Geuusses willen zur Ver-
ditterung des Volkes gehegt werdeu. Diese mehr um

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