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Achtes Kapitel

Kunstgeschichtliche Bestimmung und Einordnung der
Architekturornamentik

I Vorbemerkungen. Im Rahmen der Bautypologie (o. 7. Kap. II A 3) wurde gezeigt,
daß der Torbau vor oder allenfalls gleichzeitig mit dem kleinen ephesischen Hadrianstem-
pel zu datieren ist, der nach den jüngeren Forschungen noch in spättrajanischer Zeit
erbaut wurde1. Dieser Zeitansatz soll im folgenden durch Gegenüberstellung der Bau-
formen und Architekturornamente mit Vergleichsbeispielen überprüft und präzisiert wer-
den. Hierfür kommen in erster Linie Bauten in Frage, die durch Bauinschriften oder son-
stige Überlieferungen aus der Antike datiert sind.
Eine umfassende Untersuchung der Entwicklungsgeschichte der kleinasiatischen
Bauornamentik ist für die Kaiserzeit bislang ausständig. Die Erforschung beschränkt sich
auf einzelne Bauteile2, kurze Epochen3 oder die Einordnung einzelner Bauten4.
Weitverstreute Einzelpublikationen sind jedoch nicht die einzigen Schwierigkeiten,
die sich dem Bauforscher und Archäologen entgegenstellen. Oft ist die richtige Beurtei-
lung der Bauornamentik problematisch, weil an ein und demselben Bauwerk große Quali-
tätsunterschiede zu beobachten sind5. Das liegt in erster Linie daran, daß verschiedene
Handwerker oder Handwerkergruppen an einem Bau gearbeitet haben, deren Fähigkei-
ten und Schulung und damit die Qualität stark differieren können6. So unterscheiden sich
die Untergeschoßkapitelle des Torbaues (Abb. 29—36) stark von der übrigen Dekoration.
Sie sind von weitaus besserer Qualität und wirken durch ihr größeres plastisches Volu-
men stilistisch jünger als der eher provinziell und wenig detailliert ausgearbeitete Palmet-
tenfries des Obergeschosses (Abb. 114. 118. 119. 122).
Für die Beurteilung der Bauornamentik ist fraglos der Platz der Ornamente am Bau
zu berücksichtigen. Römische Architekten führten ihre Bauten wirtschaftlich aus7, auch

Abb. 29-36

Abb. 114. 118.
119. 122

1 S. o. 1. Kap. Anm. 22
2 Kleinasiatische Kapitellformen haben in erster Linie Heilmeyer, Normalkapitelle; Börker, Blatt-
kelchkapitelle und 0. Bingöl, Das ionische Normalkapitell in hellenistischer und römischer Zeit in Klein-
asien. IstMittBeih. 20 (1980) behandelt. Weiters s. v. Hesberg, Konsolengeisa des Hellenismus und der frü-
hen Kaiserzeit. RM Ergh. 24 (1981); zu Soffitten s. M. Wegner, ÖJh 52, 1978—80, 91ffi Allgemein sind die
Arbeiten Weigands, Baalbeck 37ffi, Dalmatien 77ffi, JBKunstwiss., 1924, 77ff. u. 165ff. und Propylon 71ffi,
sowie Gnomon 13, 1937, 414ff. immer noch grundlegend. Ebenso s. Strong, JRS 50, 1960, 119ffi; J. B. Ward
Perkins, JRS 38, 1948, 59ff. und dens., BSR 48, 1980, 23ff.
3 Zur Zeit des Augustus s. Alzinger, Aug.Architektur; zur Zeit der Flavier s. Bammer, ÖJh 52, 1978—80,
67ffi; für die hadrianische Zeit s. Strong, Ornament 118ff.; s. auch Thür in: Festschrift Vetters 181ff.
4 Neben den Grabungspublikationen s. auch Strocka, Proceedings Ankara II 893ff.; dens. und
Hueber, AW 6, 1975, H. 4, 3ff.; Strocka, Markttor 5ffi; Koenigs-Radt, Rundbau 317ff.
5 Ähnlich auch Koenigs-Radt, a. O. 334; Strocka, Markttor 32; Fossel-Langmann, ÖJh 50, 1972—
75, 308; Heilmeyer, Normalkapitelle 94 (zur Celsusbibliothek); s. auch Thür, a. 0. 182.
6 Vgl. Heilmeyer, Normalkapitelle 18; A. Burford, Craftsmen in Greek an Roman Society (1972)
62ff. 93ff.
7 Vgl. Blanckenhagen, Flav.Architektur 114; weiters s. Koenigs-Radt, a. 0. 334f.; Thür, a. O. 182.
 
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