5. Inschrift und Stifter
zur Unterscheidung verschiedener Wasserbauten272. Es ist ebenso denkbar, daß uöp£KÖo%iov nicht ausschließlich für Bauten mit einer
Blendfassade verwendet wurde, sondern abhängig war vom Leitungsanschluß oder der Bedeutung für die lokale Wasserversorgung. Auch
wäre es m. E. möglich, daß es sich um ein lokal gebräuchliches Synonym für den sonst in Kleinasien oft verwendeten Begriff üöpdov
handelte.
Die in der Inschrift angesprochene Wasserleitung ist auf jenes Bauwerk zu beziehen, das Wasser aus der Gegend nordöstlich von Ephesos,
beim modernen Dorf Büyükkale, in das ephesische Stadtgebiet leitete273. Die im Kommentar der IvE vorgeschlagene Ergänzung der
Inschrift274 hinsichtlich des Namens als Tpatccvöv uöcop wurde von Cramme mit dem Verweis auf andere Inschriften zur Wasserleitung in
Zweifel gezogen, in welchen dieser Name nicht erwähnt wird275.
5.2 Karriere und Familie des Ti. Claudius Aristion und seiner Gattin lulia Lydia Laterane
Als einer der prominentesten Bürger seiner Zeit ist Ti. Claudius Aristion in zahlreichen ephesischen Inschriften präsent276 und wird auch in
einem Brief von Plinius d. J. erwähnt277. Dementsprechend ist seine Person ein wichtiger Bezugspunkt für Untersuchungen zu ephesischen bzw.
kleinasiatischen Honoratioren und Stiftern mit unterschiedlichen Schwerpunkten278. Aufbauend vor allem auf den Forschungsergebnissen
von P. Scherrer und F. Kirbihler279 sollen die über Ti. Claudius Aristion und seine Gattin lulia Lydia Laterane bekannten Fakten kurz
zusammengefaßt werden.
Die ersten inschriftlichen Nennungen des Aristion als Archiereus280 der Provinz Asia stammen aus dem Jahr 88/89 n. Chr.281. Es handelt sich
um 13 Basen mit Städteweihungen, deren ursprünglicher Aufstellungsort beim flavischen Neokorietempel vermutet wird, und die insgesamt
in die Jahre 88 bis 91 datiert werden können. Spätestens 90 n. Chr. trägt Aristion in diesen Inschriften den Titel Neokoros282; wahrscheinlich
war er erster Inhaber dieses neu geschaffenen Amtes283.
Im Jahr seiner zweiten Asiarchie dürfte Aristion gleichzeitig auch das Amt des Prytanen ausgeübt haben284. Eine der Inschriften könnte aus
dem Bereich des sog. Marmorsaales im Hafengymnasium stammen und wurde häufig als Beleg dafür herangezogen, daß Aristion zumindest
diesen Prunkraum der Anlage gestiftet hätte285. Aus dem kurzen Teil der Inschrift geht dies jedoch nicht zwingend hervor; ob Aristion
überhaupt, alleine oder gemeinsam mit anderen Stiftern, auftrat, läßt sich ebensowenig einschätzen wie der Teil der Anlage, auf den Bezug
genommen wird286.
Verschiedentlich nennen Inschriften Aristion als Grammateus287, wahrscheinlich auch als Gymnasiarch288. Darüber hinaus vermutet Scherrer
eine Bautätigkeit Aristions in den sog. Verulanushallen289. Diese Annahme stützt sich auf zwei Inschriften, die allerdings im Bereich der
Tetragonos Agora gefunden wurden290. Zumindest von der Beteiligung Aristions an einer weiteren großen Bauunternehmung wird man
jedoch ausgehen müssen.
Die wahrscheinlich zeitlich nächste Nachricht zu Aristion stammt aus einem Brief von Plinius d. J.: Dixit causam Claudius Aristion, princeps
Ephesiorum, homo munificus et innoxie popularis: inde invidia et ab dissimillimis delator immissus; itaque absolutus vindicatusque est29'.
272 „Moderne“ Terminologien und Typologien können naturgemäß nur auf einem zeit-
genössischen System von Definitionen und Begriffen aufgebaut werden, welches für
den jeweiligen Zweck der Unterteilung zugrunde gelegt wird. Eine Übertragung auf
die Antike ist daher nicht möglich, s. dazu Adams - Adams, Typology, passim.
273 s. u. Kap. 8.1
274 Vgl. IvE II 424.
275 Cramme, Euergetismus, 148 mit Anm. 554. Sammlung und Kommentar zu ephesischen
Inschriften, die sich auf Wasserleitungen beziehen bei. Scherrer, Fernwasserversor-
gung, 45-60, zur Aristion-Leitung bes. 53-55.
276 Eine Zusammenstellung der betreffenden Inschriften bei Scherrer, Kaiserpriester,
130-139.
277 Plin. ep. 6,31,3; s. u.
278 s. etwa Quass, Honoratiorenschicht, 159. 216 f. Zu Funktionen des Aristion in Zu-
sammenhang mit dem flavischen Neokorietempel vgl. Friesen, Twice Neokoros, bes.
45-47. 111 f.; zur Bautätigkeit des Aristion s. auch Halfmann, Städtebau, passim bes.
65-67; Cramme, Euergetismus, passim, bes. 146-150; Stephan, Honoratioren, 106;
Barresi, Province dell’Asia Minore, passim, bes. 370f. 415 f.
279 Scherrer, Kaiserpriester, 113-129; Kirbihler, Notables, bes. 289-299. Auf Herkunft
und Familie des Aristion soll in diesem Zusammenhang nicht erneut eingegangen
werden: s. dazu Scherrer, Kaiserpriester, bes. 123-125 mit Stammbaum; ähnliche
Überlegungen bei Kirbihler, Notables, 289-292. Zuletzt s. Kirbihler, Strategies
familiales, 62 f.
280 Aristion wird in Inschriften teils als Archiereus, teils als Asiarch bezeichnet, s. die
Auflistung bei Friesen, Twice Neokoros, 174-176. 189 f. Die grundsätzliche Proble-
matik einer möglichen Identität der beiden Titel Archiereus und Asiarch soll hier nicht
näher behandelt werden. Zu einer Zusammenfassung s. Cramme, Euergetismus, 150
Anm. 559 sowie bes. S. 279 f.
281 IvE II 234, IvE II235 und IvE V 1498 lassen sich nach den Angaben zum Prokonsul in
die Jahre 88/89 datieren; eine weitere Nennung seines Namens ohne Datierung findet
sich in IvE II 239; bei IvE II 240 und II 242 könnte entweder Ti. Claudius Aristion
oder Ti. Claudius Pheseinos als Archiereus genannt sein.
282 IvE II 237; IvE II 241.
283 Friesen, Twice Neokoros, 45 mit Anm. 56.
284 Kirbihler, Notables, 292; Scherrer, Kaiserpriester 117 f. Zur Prytanie des Aristion
s. auch Schulte, Grammateis, passim, bes. 103 f.
285 So u.a. Scherrer, Kaiserpriester, 118.
286 s. dazu ausführlicher Quatember, Aristion 103 f. Zweifel äußerte bereits Cramme,
Euergetismus, 154 f. mit Anm. 577. Auch Schulte geht davon aus, daß Aristion in
diesem Zusammenhang in seiner politischen Funktion und nicht als Stifter genannt
wurde, vgl. Schulte, Grammateis, 104.
287 IvE II 427; IV 1128; IV 1129 sowie wahrscheinlich II 508. IV 1129A1 bis 1129A3.
Vgl. Schulte, Grammateis, passim, bes. 158 f; Scherrer, Kaiserpriester, 117f.;
Kirbihler, Notables, 295.
288 IvE II425, s. dazu IvE VII2 Addenda und Korrigenda, S. 10; IvE II 638 sowie ev. auch
Knibbe-IPLiKCiOGLU, Inschriften, 110 f. (Nr. 4157), dazu s. Scherrer, Kaiserpriester,
126 Anm. 120.
289 Scherrer, Kaiserpriester, 121 f.; s. auch Cramme, Euergetismus, 155 f.
290 IvE II 423; IvE II 425a.
291 Plin. ep. 6,31,3. Etwa: „Es besprach seine Streitsache Claudius Aristion, der Vor-
nehmste der Ephesier, ein freigebiger und aufrechtschaffene Weise beim Volk beliebter
Mann. Daraus erwuchs Neid und von ihm gänzlich Unähnlichen wurde ein Denunziant
gegen Aristion gehetzt. Und so wurde er freigesprochen und erhielt Genugtuung.“
(Übersetzung: U. Quatember).
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zur Unterscheidung verschiedener Wasserbauten272. Es ist ebenso denkbar, daß uöp£KÖo%iov nicht ausschließlich für Bauten mit einer
Blendfassade verwendet wurde, sondern abhängig war vom Leitungsanschluß oder der Bedeutung für die lokale Wasserversorgung. Auch
wäre es m. E. möglich, daß es sich um ein lokal gebräuchliches Synonym für den sonst in Kleinasien oft verwendeten Begriff üöpdov
handelte.
Die in der Inschrift angesprochene Wasserleitung ist auf jenes Bauwerk zu beziehen, das Wasser aus der Gegend nordöstlich von Ephesos,
beim modernen Dorf Büyükkale, in das ephesische Stadtgebiet leitete273. Die im Kommentar der IvE vorgeschlagene Ergänzung der
Inschrift274 hinsichtlich des Namens als Tpatccvöv uöcop wurde von Cramme mit dem Verweis auf andere Inschriften zur Wasserleitung in
Zweifel gezogen, in welchen dieser Name nicht erwähnt wird275.
5.2 Karriere und Familie des Ti. Claudius Aristion und seiner Gattin lulia Lydia Laterane
Als einer der prominentesten Bürger seiner Zeit ist Ti. Claudius Aristion in zahlreichen ephesischen Inschriften präsent276 und wird auch in
einem Brief von Plinius d. J. erwähnt277. Dementsprechend ist seine Person ein wichtiger Bezugspunkt für Untersuchungen zu ephesischen bzw.
kleinasiatischen Honoratioren und Stiftern mit unterschiedlichen Schwerpunkten278. Aufbauend vor allem auf den Forschungsergebnissen
von P. Scherrer und F. Kirbihler279 sollen die über Ti. Claudius Aristion und seine Gattin lulia Lydia Laterane bekannten Fakten kurz
zusammengefaßt werden.
Die ersten inschriftlichen Nennungen des Aristion als Archiereus280 der Provinz Asia stammen aus dem Jahr 88/89 n. Chr.281. Es handelt sich
um 13 Basen mit Städteweihungen, deren ursprünglicher Aufstellungsort beim flavischen Neokorietempel vermutet wird, und die insgesamt
in die Jahre 88 bis 91 datiert werden können. Spätestens 90 n. Chr. trägt Aristion in diesen Inschriften den Titel Neokoros282; wahrscheinlich
war er erster Inhaber dieses neu geschaffenen Amtes283.
Im Jahr seiner zweiten Asiarchie dürfte Aristion gleichzeitig auch das Amt des Prytanen ausgeübt haben284. Eine der Inschriften könnte aus
dem Bereich des sog. Marmorsaales im Hafengymnasium stammen und wurde häufig als Beleg dafür herangezogen, daß Aristion zumindest
diesen Prunkraum der Anlage gestiftet hätte285. Aus dem kurzen Teil der Inschrift geht dies jedoch nicht zwingend hervor; ob Aristion
überhaupt, alleine oder gemeinsam mit anderen Stiftern, auftrat, läßt sich ebensowenig einschätzen wie der Teil der Anlage, auf den Bezug
genommen wird286.
Verschiedentlich nennen Inschriften Aristion als Grammateus287, wahrscheinlich auch als Gymnasiarch288. Darüber hinaus vermutet Scherrer
eine Bautätigkeit Aristions in den sog. Verulanushallen289. Diese Annahme stützt sich auf zwei Inschriften, die allerdings im Bereich der
Tetragonos Agora gefunden wurden290. Zumindest von der Beteiligung Aristions an einer weiteren großen Bauunternehmung wird man
jedoch ausgehen müssen.
Die wahrscheinlich zeitlich nächste Nachricht zu Aristion stammt aus einem Brief von Plinius d. J.: Dixit causam Claudius Aristion, princeps
Ephesiorum, homo munificus et innoxie popularis: inde invidia et ab dissimillimis delator immissus; itaque absolutus vindicatusque est29'.
272 „Moderne“ Terminologien und Typologien können naturgemäß nur auf einem zeit-
genössischen System von Definitionen und Begriffen aufgebaut werden, welches für
den jeweiligen Zweck der Unterteilung zugrunde gelegt wird. Eine Übertragung auf
die Antike ist daher nicht möglich, s. dazu Adams - Adams, Typology, passim.
273 s. u. Kap. 8.1
274 Vgl. IvE II 424.
275 Cramme, Euergetismus, 148 mit Anm. 554. Sammlung und Kommentar zu ephesischen
Inschriften, die sich auf Wasserleitungen beziehen bei. Scherrer, Fernwasserversor-
gung, 45-60, zur Aristion-Leitung bes. 53-55.
276 Eine Zusammenstellung der betreffenden Inschriften bei Scherrer, Kaiserpriester,
130-139.
277 Plin. ep. 6,31,3; s. u.
278 s. etwa Quass, Honoratiorenschicht, 159. 216 f. Zu Funktionen des Aristion in Zu-
sammenhang mit dem flavischen Neokorietempel vgl. Friesen, Twice Neokoros, bes.
45-47. 111 f.; zur Bautätigkeit des Aristion s. auch Halfmann, Städtebau, passim bes.
65-67; Cramme, Euergetismus, passim, bes. 146-150; Stephan, Honoratioren, 106;
Barresi, Province dell’Asia Minore, passim, bes. 370f. 415 f.
279 Scherrer, Kaiserpriester, 113-129; Kirbihler, Notables, bes. 289-299. Auf Herkunft
und Familie des Aristion soll in diesem Zusammenhang nicht erneut eingegangen
werden: s. dazu Scherrer, Kaiserpriester, bes. 123-125 mit Stammbaum; ähnliche
Überlegungen bei Kirbihler, Notables, 289-292. Zuletzt s. Kirbihler, Strategies
familiales, 62 f.
280 Aristion wird in Inschriften teils als Archiereus, teils als Asiarch bezeichnet, s. die
Auflistung bei Friesen, Twice Neokoros, 174-176. 189 f. Die grundsätzliche Proble-
matik einer möglichen Identität der beiden Titel Archiereus und Asiarch soll hier nicht
näher behandelt werden. Zu einer Zusammenfassung s. Cramme, Euergetismus, 150
Anm. 559 sowie bes. S. 279 f.
281 IvE II 234, IvE II235 und IvE V 1498 lassen sich nach den Angaben zum Prokonsul in
die Jahre 88/89 datieren; eine weitere Nennung seines Namens ohne Datierung findet
sich in IvE II 239; bei IvE II 240 und II 242 könnte entweder Ti. Claudius Aristion
oder Ti. Claudius Pheseinos als Archiereus genannt sein.
282 IvE II 237; IvE II 241.
283 Friesen, Twice Neokoros, 45 mit Anm. 56.
284 Kirbihler, Notables, 292; Scherrer, Kaiserpriester 117 f. Zur Prytanie des Aristion
s. auch Schulte, Grammateis, passim, bes. 103 f.
285 So u.a. Scherrer, Kaiserpriester, 118.
286 s. dazu ausführlicher Quatember, Aristion 103 f. Zweifel äußerte bereits Cramme,
Euergetismus, 154 f. mit Anm. 577. Auch Schulte geht davon aus, daß Aristion in
diesem Zusammenhang in seiner politischen Funktion und nicht als Stifter genannt
wurde, vgl. Schulte, Grammateis, 104.
287 IvE II 427; IV 1128; IV 1129 sowie wahrscheinlich II 508. IV 1129A1 bis 1129A3.
Vgl. Schulte, Grammateis, passim, bes. 158 f; Scherrer, Kaiserpriester, 117f.;
Kirbihler, Notables, 295.
288 IvE II425, s. dazu IvE VII2 Addenda und Korrigenda, S. 10; IvE II 638 sowie ev. auch
Knibbe-IPLiKCiOGLU, Inschriften, 110 f. (Nr. 4157), dazu s. Scherrer, Kaiserpriester,
126 Anm. 120.
289 Scherrer, Kaiserpriester, 121 f.; s. auch Cramme, Euergetismus, 155 f.
290 IvE II 423; IvE II 425a.
291 Plin. ep. 6,31,3. Etwa: „Es besprach seine Streitsache Claudius Aristion, der Vor-
nehmste der Ephesier, ein freigebiger und aufrechtschaffene Weise beim Volk beliebter
Mann. Daraus erwuchs Neid und von ihm gänzlich Unähnlichen wurde ein Denunziant
gegen Aristion gehetzt. Und so wurde er freigesprochen und erhielt Genugtuung.“
(Übersetzung: U. Quatember).
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